Valadas versinkende Gaerten
schnell. Die Erwartung von etwas Außergewöhnlichem spannt sich wie eine Kuppel über diesen Patio.
Was hat Valada zu verkünden? Verdammt, was war in der Post aus Sevilla?
Die Prinzessin erscheint wieder – und wie! Im Gegensatz zu ihrem Auftritt eben glitzert sie jetzt, als sei sie in einen Schmuckkasten gefallen. Ein Stirnband, das von Diamanten funkelt; fast schon ein Diadem. Hals und Brust bedeckt von klirrenden Geschmeiden, die Arme bis hoch zu den Ellbogen verziert. Und in der Hand hält sie den Koran.
Die Musik setzt bedeutend ein, schweigt dann. Man darf gespannt sein auf das, was da kommt.
Valada hält das Buch in die Höhe.
»Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen«, tönt ihre Stimme. »Im Namen dessen, der niemals schläft. Oh, ihr Muslime, allen Rechtgläubigen sei die Botschaft verkündet:
Der edle Stamm der Omayaden, der rechtmäßigen Nachfahren des Propheten Mohammed, des Gottgesandten, ist keinesfalls ausgestorben. Der Kalif Hisham, den viele für tot hielten, ist aus der Verborgenheit hervorgetreten in den Glanz des Tages, bereit, sein angestammtes Erbe anzunehmen. Segen und Heil sollen ihm folgen bis zum Tag des Gerichts! Cordoba wird bald wieder einen Kalifen haben! Cordoba wird zu alter Macht erwachen, die verstreuten Kleinkönigreiche vereinen und Al Andalus wieder zum Mittelpunkt der arabischen Welt machen.
Im Augenblick befindet sich der einst vertriebene Kalif Hisham noch im Schutz des Emirs von Sevilla. Aber alle Fürsten der umliegenden Taifas haben ihm bereits den Treueid geleistet.
Der erlauchte Kalif, Blut von meinem Blute, wird demnächst vor den Toren Cordobas stehen. Er wird, so hoffe ich, ohne einen Schwertstreich einziehen, denn alle Bürger werden ihm huldigen, und der Herrscher der Banu Yahwar, der bisher hier sein Statthalter gewesen ist, wird ihm – da bin ich sicher – freiwillig seinen Thron abtreten.
Allah, der Herr der Welten, bewahre das Leben meines edlen Verwandten und wende alles zu unserem Heil!«
Und sie verlässt das Podium und rauscht durch die wie erstarrt sitzenden Anwesenden – geradewegs zu mir, der ich da hocke und mich fast an meinem Wein verschluckt habe.
Sie lässt sich neben mir nieder, küsst mich auf beide Wangen und sagt: »Ich weiß, erlauchter Hadjib, dass du an meiner Seite und an der Seite des Thronanwärters stehen wirst.«
Und ich? Mir fehlen die Worte, und das geschieht nicht sehr häufig. –
In meinem Kopf weben schnelle Gedanken wie Wasserspinnen ihre einander kreuzenden Wege.
Ich sehe: Ihre Augen leuchten so blau wie Lapislazuli. Sie blickt mich an, fast ohne zu blinzeln. Nicht die geringste Spur eines boshaften Lächelns oder einer lauernden Frage ist in ihren Zügen. Sie blickt wie die Unschuld selbst.
Begreift sie nicht, dass sie mich bloßstellt?
So macht man keine Politik! Da muss man die Sachen langsam einfädeln, muss in aller Ruhe und vor allem
insgeheim
seine Fäden spinnen, muss Verbündete unter den Edlen der Stadt suchen und finden, Beziehungen zu anderen Taifas herstellen, deren Haltung zu der Sache erforschen . . .
So geht das nicht!
Da ist etwas gründlich falsch gelaufen. Ich hatte nicht erwartet, dass sich ihr Abgesandter, dieser Dichter, den die Hölle verschlucken möge, so schnell so eine Geschichte ausdenken würde. Nie und nimmer hätte ich ihn entkommen lassen, wenn ich angenommen hätte, dass der bei seiner Mission derart unbedacht vorprellen würde.
Ibn Zaydun – konnte er wirklich so kurzsichtig sein, seine Erfindung . . . Entdeckung . . ., wie man es auch nennen mag, eilfertig dieser Person zu verkünden, ohne sie um Verschwiegenheit zu bitten! Bei allen Teufeln, er hätte doch wissen müssen, dass diese Frau die Sache gleichsam vom Minarett herab ausruft, er kennt sie doch!
Valada hebt bedeutungsvoll den Pokal, den sie sich irgendwo gegriffen hat. Und ich lächele ihr zu – was bleibt mir übrig.
Ungeachtet ihres Unschuldsblicks: Es kann aber auch sein, alles ist nur ein Trick. Zuzutrauen ist es ihr. Sie ist ja keine Schwärmerin, sondern eine nüchtern kalkulierende Person.
Sie hat mich mit dieser Mitteilung überrumpelt, in eine verdammt schiefe Lage gebracht. Denn vor den versammelten Herren Cordobas hat sie meine Loyalität der HerrscherfamilieBanu Yahwar gegenüber in Zweifel gestellt, indem sie mich öffentlich zum Komplizen macht.
Eine üble Zwickmühle – gleich, auf welche Weise diese hier versammelten arabischen Vornehmen reagieren, die im Moment
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