Valadas versinkende Gaerten
ferner Brände, wie eine rote Sonne am Horizont.
Brennt es in Cordoba?
Ich sehe ein Feuer, sehe Zerstörung. Valada sieht nur die Sterne.
Ich bete: Möge der Himmel ihr ersparen, dass Vernichtung jemals vordringt bis zu ihr. Dass dies Haus aus Licht vergeht. Dass es dunkel wird hier, dass der sanfte Glanz verlischt vor dem Grauen von draußen.
Fort mit solchen Gedanken in einer solchen Nacht!
Ich schließe die Lider, lasse mich führen. Sinke auf die Polster.
Gleich wird sie beginnen. –
Es gibt eine Melodie, mit der Valada stets ihren Auftritt ankündigen lässt, eine rasche, aufreizende Musik mit Handtrommel, Flöte und Laute. Auch zwischen ihren Versen lässt sie immer wieder eine andere Melodie spielen, um ihre Texte zu gliedern und den Zuhörern Zeit zu lassen, sich auf ein anderes Thema einzustellen.
Sie begibt sich zum Podium, und sofort hören Reden undLachen und das Geklapper von Geschirr auf Tabletts auf. Mit langen, lässigen Schritten geht sie die wenigen Stufen hoch, bewegt sich zwischen den Musikanten, sieht ihnen beim Spiel zu, lächelt sie aufmunternd an.
Dann kommt sie nach vorn, den Kopf nachdenklich gesenkt; ein Wesen, ganz Helligkeit und Energie.
Erwartungsvolle Stille.
Valada hat ihre Gedichte zwar irgendwann aufgezeichnet, trägt sie aber stets frei vor, und oft improvisiert sie auch Neues, in dem streng festgelegten, komplizierten Regelkanon von Metrum, Aufbau und Reim. Die Form gehört zu ihr, ist wie ein Teil von ihr – so wie jener berühmte weiße Mantel, den sie zu diesen Anlässen trägt. Wie jetzt.
In Cordoba geistern Gerüchte darüber, was die Stickereien auf den Ärmeln dieses Kleidungsstücks bedeuten, und das ungebildete Volk, das nicht lesen kann, denkt an magische Formeln und Beschwörungen guter Geister. Aber wir Eingeweihten wissen, was auf den weiten, flatternden Ärmeln, mit Goldfäden gestickt, steht. Es ist das Credo der freien Frau und Dichterin.
»Stolz bin ich, frei, zu Edelstem geboren
Und danke Allah für die hohen Gaben.«
So steht es auf dem rechten Ärmel. Und links:
»Die Wange reich ich dem, den ich erkoren.
Wer meinen Kuss begehrt – er kann ihn haben.«
Und wenn sie die Hände zusammenführt, berühren sich die Reimworte, als wollten sie sich ebenfalls küssen, und schließen den Kreis des Gedichts.
Valada hebt den Kopf und beginnt. Ihre Stimme, warm und volltönend wie ein Gong, den man in einem hohen Raum anschlägt; ein Seufzen geht durch den umschlossenen Patio.
Sie hat – von ihr angekündigt – jene Verse vorbereitet, mit denen sie im Dichterwettstreit gewonnen hat.
Ich kenne sie bereits. Valada besingt einen Abschied, aber ich weiß nicht, von welchem Abschied sie in diesen Versen spricht. Denn jene Trennung von ihm, von Ibn Zaydun, die geschah ja im Zorn. Woher kommt hier diese Sanftheit? Diese Wehmut?
»So bleibt uns nur die Trauer, nur die Klage!
Zerschnitten sind den Liebenden die Tage.
In langen Winternächten wärmten uns die Gluten
Der Leidenschaft. Soll nun mein Herz verbluten?
Oh Allah, leihe mir die Kraft, mich zu befreien.
Die Sklaverei der Sehnsucht macht mich krank.
Dir aber wünsch ich Land, getränkt von Regenfluten,
Es soll dir Gott, so wie ich selbst, verzeihen.«
Der Beifall. Natürlich, der Beifall.
Während sie sich abwendet, um mit den Musikern über das nächste Stück zu sprechen, schweifen meine Blicke umher.
Da ist sie wieder! Das schwarze Mädchen. Nazik. In dieser Pause trägt sie einen metallenen Weinkrug zu einer Gruppe von Gästen – ungewöhnlich in unseren Breiten, dass sie ihn auf dem Kopf trägt, ohne ihn mit der Hand abzustützen. Sie schwebt, sie gleitet. Von einer Aura des Stolzes und der Fremdheit umgeben. Wie ist das möglich, dass mir ihre Haltung vorkommt wie die – ja, wie die Valadas?
Ich schließe kurz die Augen, schüttele den Kopf, als hätte ich ein lästiges Insekt zu verjagen.
Ich glaube, dieser Wesir hat mir einen Floh ins Ohr gesetzt mit seinem Gerede von Magie, Valadas weißer Magie. Denn dieses hier ist dunkle Magie.
Was ist mit mir? Ich merke, dass ich vergesse, auszuatmen . . .
Nun ist sie fort, verschwunden zwischen den anderen Dienern.
Die Musikanten beginnen mit dem nächsten Stück.
Valada tritt wieder in den Vordergrund. Valada ist da. Mein Leitstern und der Mittelpunkt meines Lebens.
Und dann höre ich – und traue meinen Ohren kaum –, dass sie seinen Namen ausspricht: An Ibn Zaydun. Also doch. Er.
Es ist ein
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