Valadas versinkende Gaerten
Frau, die mich aus Valadas Haus geholt hat, lege ich mich manchmal und wärme sie mit meinem Körper, denn sie friert so sehr.
Ich hätte sie wohl nicht erkannt, als man sie brachte. Ihr Gesicht war zerschlagen. Aber da war das kleine dunkle Mal über ihrer Lippe. Als ich das sah, wusste ich, dass sie es ist.
Schlaf, schlaf. Sonst weint die Hyäne. Sonst kann das Gnu seine Jungen nicht säugen. Schlaf, sonst geht die Sonne nicht auf morgen Früh.
Sonst verbrennt das Dunkle die ganze Welt.
34
VALADA.
Was ist geschehen, dass mein Haus voller Lieder und Licht sich wandeln musste in eine Höhle der Trauer und des Zorns?
Die ich geliebt habe, haben mich verlassen. Und ich frage mich: Was daran ist meine Schuld? Und antworte mir selbst: Alles.
Hätte ich es über mich gebracht, Muhdja ihren Betrug zu verzeihen, hätte ich sie, nach dem ersten Groll, zurückgeholt, statt meine Trennung von ihr bei diesem Fest auch noch großartig nach außen zu kehren – sie wäre nicht in das Gemetzel der Bärtigen gekommen. Denn ich muss als sicher annehmen, dass sie denen in die Knüppel und Äxte gelaufen ist.
Sie ist tot. Sie kann nur tot sein.
Und ich versuche, die Tür meiner Gedanken fest zu versperren, wenn es um die Vorstellung geht, wie sie umgekommen ist.
Und Kasmuna? Wäre ich nicht ausgezogen an diesem unseligen Abend, die eine Liebste wieder heimzuholen an das Schachbrett meiner anderen, wäre Muhdja bereits wieder hier im Haus gewesen – vielleicht hätte Kasmuna nicht zu dem verfluchten Messer gegriffen.
Aber keiner der Vorwürfe, die ich mir machen muss, bringt mir zurück, was an Trümmern auf einem Lebensweg, auf meinem Lebensweg, zurückbleibt.
Mein Haus, diese meine Burg – heute soll sie dunkel bleiben. Kein Licht wird heute aus den schmalen Fenstern nach draußen dringen. Die Räume, in denen Kasmuna sich ausgelöscht hat, habe ich versiegeln lassen. Ich weiß nicht, ob ich sie jemals wieder betreten werde – jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Nicht, bevor nicht das große Ziel erreicht ist, auf das ich all mein Sehnen und Hoffen gerichtet hatte, das nun so greifbar nah ist und für das ich plötzlich keine Kraft mehr spüre, wie ein Läufer, dem sich kurz vor der Ankunft so viele Hindernisse in den Weg legen, dass er atemlos auf der Strecke bleibt.
Ich verlasse Haus und Innenhof, diesen Ort der Freude und der schönen Begegnungen. Mit nichts als einer Laterne in der Hand, unbegleitet, gehe ich durch den kleinen Park. Hier hatte jemand in den Sand geschrieben: »Was glücklich macht, ist hier erlaubt.«
Was glücklich macht.
Hatte ich nicht befohlen, den Spruch zu notieren und an der Pforte meines Hauses anzubringen? Bis jetzt ist es noch nicht geschehen, und vielleicht soll es auch ganz unterbleiben.
Ziellos laufe ich umher.
Die Wirtschaftsräume. Die Wohnungen der Dienerschaft. Ob sich Muhdja hier heimlich mit dem schwarzen Mädchen getroffen hat? Mit Nazik. Sie heißt Nazik.
Der Park geht in den Nutzgarten über. Es riecht nach Dill und fauligen Äpfeln, nach Heu und vorjährigem Laub. Da ist die Mauer, die mein Anwesen begrenzt. Dahinter, gleichsam angelehnt daran, die Rückseite des Hauses einer der großen Familien der Stadt. Unüberwindbar. Dunkel im Dunkel des Abends.
Und während ich mich an diese Mauer anlehne, die Wange an den rauen Stein gelehnt, meine Lampe in der Hand, trifft mich eine Stimme irgendwo von oben, eine Stimme wie ein Hall: »Deine Sklaven haben mir gesagt, dass ich dich hierantreffe. Allah sei mit dir, Nachkommin des Propheten. Fürchte dich nicht. Ich will dir nichts antun.«
Ja, ich habe mich erschreckt. Aber ich bin nicht aufgelegt zur Furcht an diesem Abend. So frage ich nur: »Meine Sklaven verdienen, bestraft zu werden, wenn sie dich eingelassen haben – wer auch immer du bist.«
»Sie wussten, dass dir nichts geschieht von mir. Man kennt mich.«
Ich hebe meine Laterne und suche nach dem, der da spricht.
Er sitzt auf der Mauer, muss da hochgeklettert sein, bevor ich mich hierher auf den Weg machte. Es ist ein großer Mann mit kahlem Schädel und nacktem Oberkörper, den ich da ausmache im ungewissen Licht. Er stützt sich mit beiden Händen auf der Mauerkrone ab und lässt die Beine baumeln. Übrigens ist er bewaffnet.
»Nun«, sage ich, »was das angeht –
ich
kenne dich nicht. Vielleicht solltest du lieber gehen. Ich habe keine Lust auf Gesellschaft, so abenteuerlich sie auch sein mag.«
Der Mann rührt sich nicht. Sagt dann:
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