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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Ewigkeit gelobt!   –, und nirgends im Al Koran steht geschrieben, dass man seinen Leib kasteien und auf die Freuden des Lebens verzichten soll.«
    Sie entzieht sich meinem Arm, steht mit einem Ruck auf.
    »Wenn du nichts essen oder trinken willst, dann lass uns zurückkehren«, sagt sie. »Mir lag viel daran, liebste Freundin, dich in meine Pläne einzuweihen vor allen anderen und an dieser Stelle. Bewahr es in deinem Herzen, was ich dir anvertraut habe. Ich bin zufrieden jetzt.«
    Unser Weg zurück verläuft schweigend. Ich gebe vor, müde zu sein, schließe die Augen und gebe mich Valadas Zärtlichkeiten hin, die sanft sind und respektvoll (niemals würde sie mich bedrängen, wie sie es, ich habe es gesehen, mit der Tochter des Feigenhändlers tut).
    Hinter meiner Stirn knistern die Gedanken. Ich habe Furcht vor der Zukunft. Vor ihrer, vor unserer. Wenn ich in Granada bin, habe ich durch meinen Onkel Zugang zu den wichtigen Männern, die dort an der Macht sind. Ich werde sie vorsichtig fragen, ob es denkbar ist: ein Machtwechsel in Cordoba . . . Aber was zerbreche ich mir den Kopf? In diesem Land Al Andalus bekriegt ständig der eine Fürst den anderen und lösen sich die Sippen an der Herrschaft ab, so schnell, wie man sich im Bett von einer Seite auf die andere dreht.
    Eigentlich müsste ich Valada von meiner bevorstehenden Reise erzählen. Aber ich weiß ganz genau, dass sie alles daransetzen würde, zu verhindern, dass ich Cordoba verlasse, und so schweige ich, bereit, heimlich davonzulaufen.
    Wenn diese meine Reise dazu dienen kann, mein Volk und meine Familie vor der nächsten Nachstellung zu bewahren, so muss ich es einfach tun.
    Aber ein bisschen schmeckt es wie Verrat an Valada.

7
    KASMUNA.
    Das ganze Haus ist in Aufregung. Was für ein Aufwand für ein paar Tage Abwesenheit! Es gilt ja nicht, die Meere zu überqueren! Ein halbes Hundert Parasangen oder etwas mehr, was ist das schon.
    Ich habe gehört, dass mein Vater auch noch eine Abteilung der Shorta, der Stadtwache, als Begleitung angemietet hat. Diese Leute stehen zwar nicht in dem Ruf, sehr effektiv zu sein, aber vielleicht dienen sie der Abschreckung   – falls denn etwas abgeschreckt werden muss . . .
    Ich kann nur hoffen, dass meine Abreise wirklich den gewünschten Erfolg hervorbringt   – dass mein Volk am nächsten Feiertag nicht wieder zur Zielscheibe des Hasses wird meinetwegen.
    Vom Hof her dringen die Geräusche der Reisevorbereitungen zu mir in mein Zimmer. Die Maultiere, die meine Sänfte tragen sollen, und diejenigen, die für das Gepäck, die Mengen der mitzuführenden Geschenke und für die Dienerschaft bestimmt sind, liefern sich ein Lärmduell. Sie versuchen, sich zu übertrumpfen. Einige schreien wie die Esel, andere wiehern   – je nachdem, ob sie bei Pferden oder bei Eseln aufgewachsen sind, nehmen diese Zwitterwesen die Lautäußerung der anderen als die ihre an.
    Dazwischen beschimpfen sich ihre Treiber. Wessen Tier geht vorn an der Sänfte, wessen hinten? Sind die anderenVorhut oder Tross? Meine ältliche Zofe Hamda mischt sich ein. Sie hat eine schrille Stimme . . .
    Ich trete vom Fenster zurück und gehe ins Innere meiner Räume.
    Es bedrückt mich, dass ich Valada meine Abreise verschwiegen habe, aber was sollte ich tun? Sie hätte mich niemals fortgelassen.
    Ich gehe an mein Schreibpult, öffne das Tintenfass und tauche das Rohr ein. Schreibe.
    »Ich bin betrübt, dich, Liebste, zu betrüben.   / Verzeih mir, dass ich ohne Abschied geh.   /
    Jedoch bedenke, Trennung leiht dem Lieben   / Erhöhte Süße nach vergessnem Weh.«
    Ich falte das Blatt zusammen, stecke es in die Tasche meines Ärmels. Dann lege ich meine Perlen an und schlinge ein Tuch darüber. Man muss nicht sehen, dass ich Valadas Gabe mit mir führe.
    Meine Mutter ruft nach mir. Sie gibt mir genaue Anweisungen, für wen aus der Verwandtschaft in Granada die einzelnen Geschenke bestimmt sind. Die Schwestern und ihre Kinder umwieseln mich mit Fragen, Ratschlägen, dummen Bemerkungen.
    Alles stört mich. Ich will nur noch fort.
    Und nun öffnet   – dem Himmel sei Dank!   – mein Vater die Tür zu seiner Studierstube und ruft mich zu sich, um mir den Reisesegen zu erteilen.
    Er lächelt, als er sieht, wie angespannt ich bin, und nimmt mich in den Arm.
    »Kaum mehr als zwei Tage, und du bist in Granada, der Stadt des Friedens unter den Religionen. Ich wollte, ich könnte mit dir reisen. Der Palast des Wesirs Joseph Ibn Nagrella, den bereits dessen

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