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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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langer Zeit.«
    Und sie überreichten das Kästchen dem Kalifen.
    Da leuchteten die Augen unseres Gebieters

das Paradies möge ihm schmecken wie ein kühler Trank nach einem heißen Tag!

, und er sprach: »So habt ihr mir doch noch etwas gebracht, was mein Herz erfreut. Gesegnet sei der Mann, der auf den Gedanken kam, Euch dies mitzugeben. Einem Herrscher, aus dessen Land mich ein Schatz wie dieser erreicht, will ich mich gern in Freundschaft verbinden, denn dieses Manuskript ist nicht mit Gold aufzuwiegen. Ich werde unverzüglich meine Buchkünstler herbeirufen, damit sie zunächst diese Seiten vor dem Verfall bewahren, und dann meine gelehrten Übersetzer, auf dass sie diesen Schatz ins Arabische übertragen. Gepriesen sei Er, der niemals schläft, dass er mir, seinem Diener, vergönnt, solch einen Schatz zu heben!«
    Und er umarmte und küsste die Bringer, die Männer aus fernem Land, die sich darob nicht wenig verwunderten.
    Bedenke solche Taten, oh du Nachfahr, und stelle Gleiches her, wenn deine Zeit gekommen ist!
    Du. Du. Ich selbst bin gemeint.
    Jede Faser in mir ist bereit dazu.

11
    KASMUNA.
    Noch immer zittere ich in Gedanken an das, was ich erlebt habe.
    Ich sitze in dem Zimmer, das man mir hier im Haus meines Onkels, nahe der Residenz des Hadjib, zugewiesen hat, zittere so sehr, dass ich nicht imstande bin, meinen Schmuck abzulegen und mich aus dem Putz zu schälen, den ich zur Feier des Gottesdienstes zum Jom Kippur angelegt hatte.
    Keiner kümmert sich um mich. Ich weiß nicht, wo Hamda ist, ich weiß nicht, was die Sklavinnen des Hauses machen. Wahrscheinlich bemühen sie sich alle um meinen Onkel, der eine Kopfwunde von einem Steinwurf davongetragen hat. Ich selbst und die Frauen des Hauses sind heil geblieben.
    Warum bin ich nur so außer mir?
    Wahrscheinlich, weil ich hier in Granada nicht im Traum mit Szenen gerechnet habe, wie sie vielleicht ebenso schlimm sind wie das, was es wohl in Cordoba gibt.
    Ich habe es nie gesehen, denn unsere Widersacher in Cordoba kommen des Nachts, und wir haben Zeit genug, uns in unser schützendes Haus zurückzuziehen.
    So war ich nie Zeuge von dem, was sie wirklich anrichteten. Die Gewalt wohnte draußen, drinnen war nur das Entsetzen über mögliche Geschehnisse.
    Oh, wie bin ich behütet und beschützt gewesen all die Zeit. Drei Schritte über die Straße bis zur Synagoge. Sänften mitgeschlossenen Vorhängen, wohin ich auch wollte. Cordoba   – ein paar Punkte in unbekanntem Gelände: der Markt (vielleicht, ganz selten, zu den Juwelieren und den Stoffhändlern), der Park der az-Zahra. Schließlich das Haus meiner Prinzessin und ihre Gärten.
    Dies nun, was ich erlebte, geschah am hellen Tage und vor der Tür der Synagoge.
    Während ich da sitze, immer noch in meinen Festtagskleidern, rufe ich mir zurück, was geschehen ist.
    Wir sind gemeinsam aufgebrochen, sind auf sanften Maultieren, die von Reitknechten am Zügel geführt wurden, den Berg hinunter zur Stadt, auf jener Straße, die ich noch nicht kannte, denn wir waren ja über einen anderen Weg hinaufgeführt worden. Der Pfad ist gepflastert und von halbhohen Mauern eingefasst, überschattet von Lorbeer und Palmen; man reitet wie durch einen Tunnel dahin. Wir, das sind die Frauen und Kinder und einige Diener zu unserem Schutz, passieren dann eine in Stein gefasste Pforte und wenden uns nach links, in die engen Gassen eines Viertels, das man an den Davidssternen über den Torbögen unschwer als jüdisch erkennen kann.
    (Nabila, meine Tante, die neben mir reitet, erklärt mir, dass dieser Teil Granadas Realejo genannt wird.)
    Schräg vor uns fällt das Gelände steil ab zum Flusslauf des Darro, den ich bei meiner Anreise an anderer Stelle auf schmaler Holzbrücke überquert habe. Hier nun wölbt sich eine steinerne Brücke wie der stolze Buckel einer Katze. Auf der anderen Seite dieser Brücke, so Nabila, befindet sich das arabische Granada, befindet sich der Alcazar, der Palast des Herrschers, von wo aus der Wesir, Joseph Ibn Nagrella, zu uns stoßen wird, um den Versöhnungstag mit uns zu begehen. Mein Onkel wird sich dann auch uns zugesellen, er kommt im Gefolge seines Herrn.
    An diesem Punkt, vor dieser Brücke, machen wir Halt, umauf die Herren aus dem Regierungspalast zu warten, und wieder dringt von da drüben der dumpfe Trommelschlag des »dummen Lieds« herüber.
    Dann wird das Lied übertönt von wuchtigen Paukenschlägen und dem Klang der großen gebogenen Blechblasinstrumente, die sich

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