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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Inferno tobt.
    Der Vorbeter beschwört uns alle mit lauter Stimme, Vernunft zu bewahren   – hier seien wir sicher.
    Er bekommt Unterstützung von überraschender Seite: Die draußen beginnen, die Tür mit prasselnden Steinen zu bepflastern und darüber hinaus mit harten und spitzen Dingen auf sie einzuschlagen.
    Ein Aufschrei. Wie von einer Windbö getrieben, weichen die Menschen, die vorher auf dies unselige Tor zustrebten, nun wieder zurück, außer sich vor Angst. Kinder heulen, Frauen kreischen, Männer beten laut.
    Und ich stehe da und weiß nicht   – bin ich wieder daheim in Cordoba, und die Schläge gegen diese Synagogentür sind in Wirklichkeit die Schläge gegen den Eingang unseres Hauses.
    Kein Entrinnen aus diesem Hass. Kein Ausweg. Kein Entkommen.
    Mir entgeht nicht, dass diese Tür auf die Dauer den Angreifern viel weniger Widerstand entgegensetzen kann als die unsere in Cordoba. Hier ist man nicht darauf vorbereitet, angegriffen zu werden. Hier lebte man ja in Eintracht . . .
    Draußen haben sie zu singen begonnen.
    Ich höre den Text heraus durch all das Getobe und Gepolter gegen die Tür:
    »Die Juden gehen in Samt und Seiden, an ihrem Tisch ist keine Not.
    Die armen Muslims müssen leiden und kauen an einer Rinde Brot.«
    Wie lange geht das? Ich weiß es nicht. Mir kommt es vor wie die Unendlichkeit. Ich hätte wohl ein Gebet sprechen sollen, daran kann man gut die Dauer der Zeit abmessen.
    Plötzlich ändert sich etwas. Das Bombardement gegen die Synagogentür hört auf. Das Singen hört auf. Hufgetrappel. Jetzt schreien sie draußen, während wir hier drinnen mitangehaltenem Atem lauschen. Die Dinge sind dabei, sich umzukehren.
    Ich begreife: Endlich hat die muslimische Truppe, die an der Brücke über den Darro wachen sollte, sich entschlossen, in das Geschehen auf dem Platz vor dem Bethaus einzugreifen. Sie treiben die Menge auseinander.
    Die Tür wird geöffnet.
    Und als habe man den Vorhang vorm Eingang in die Hölle vor mir fortgezogen, fallen meine Blicke auf einen Berittenen   – einen unserer Retter!   –, der einem Jungen im Burnus hinterherjagt und ihm dann mit einem einzigen Schwertstreich den Schädel spaltet, als sei es eine Melone. Die eine Hälfte des Kopfes fliegt in hohem Bogen davon, gefolgt von einer Blutkaskade, die platschend auf das Pflaster niedergeht. Und das Kind, der Junge, läuft noch weiter, mit halbem Kopf und geteiltem Gesicht, läuft, läuft, wie die Hühner laufen, wenn man sie geköpft hat. Das, was weiter geschieht, wahrzunehmen, vermag ich nicht. Meine Sinne verweigern den Dienst.
    Ich komme erst wieder zu mir, als mich irgendeine Sänfte gemeinsam mit den beiden kleinen Mädchen in raschem Tempo den Berg hinaufträgt.   –
     
    Nabilas Töchter berichten mir wirres Zeug, unter Schluchzen und Anrufen des Ewigen Namens; es sind Splitter, aus denen ein Mosaik wird, wenn auch hier und da Teile fehlen   – aber vielleicht kann man für diese Lücken dankbar sein.
    Der Platz, so sagen sie, war bunt gesprenkelt von Menschen, die herumlagen wie schlecht aufgeräumtes Spielzeug. Die meisten schrien und versuchten, fortzukommen. Andere lagen auch ganz ruhig und mit seltsam verdrehten Gliedmaßen. Aber die Soldaten machten immer noch Jagd auf Menschen, die nicht schnell genug vom Platz gelaufen waren, und sie ritten rücksichtslos über die Liegenden hinweg, schnitten den Fliehenden den Weg ab und schlugen mit scharfer Waffewahllos auf alle ein, auf Moslems und Christen, Frauen und Kinder, auf alle, die vor der Synagoge gewesen waren   – als wenn es nicht genügt hätte, sie vom Platz zu vertreiben!
    Und endlich, so erzählen die Mädchen weinend, kamen die anderen Soldaten, gesandt vom Nagid, und die Sänften für die Verletzten und für die Frauen, zudem für alle seine Vertrauten, die zu seiner Residenz mussten. Sie unterbanden die Hatz, doch das Wutgeheul der vertriebenen Menge brandete weiter aus den Gassen ringsum wie Windstöße.
    Und dann erst fanden sie den Vater. Der Stein aus der Hand eines der Belagerer hatte ihm eine große Wunde am Kopf zugefügt. Es blutete schrecklich, und die Mutter war ganz außer sich.
    Mehr weiß ich nicht, außer dass man mich, ohnmächtig, wie ich wohl war, mit den Kindern zusammen eingeladen hatte. Die Mutter hatte ihren Mann begleitet, war bei Eli Ibn Mosche geblieben.
    Und nun sitze ich hier, zitternd, und vermag mich nicht zu rühren, und immer wieder läuft der Junge mit dem halbierten Kopf an mir vorbei.
    Es ist

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