Valadas versinkende Gaerten
verstehen. Was ist es, was mich fesselt an dieses Mädchen?
Bei jenem Fest Valadas, als sie mir ins Herz fiel wie ein Meteor, da gab es ein Wort, das hieß »schwarze Magie«. Weiß und schwebend im Gang ist meine Prinzessin, und über ihre Augen glaube ich manchmal in den Grund ihres Gemüts sehen zu können. Schwarz und schwebend im Gang ist Nazik – sie ist das Gegenstück zu Valada. Sie ist undurchdringlich, verschlossen wie eine Muschel. Und alle meine Sinne sehnen sich danach, ihr Dunkel zu lichten, in ihr zu ertasten, wer sie wirklich ist.
Valada ist mein Glück. Nazik ist meine Arbeit.
Aber wie sollte ich
das
Valada beichten?
Jedes Bekenntnis würde natürlich bedeuten, dass ich Naziknicht wieder sehen dürfte. Dass ich auf unser Beisammensein verzichten müsste.
Das kann ich nicht.
Das schwarze Wesen, das kaum spricht (inzwischen weiß ich, dass sie unser Arabisch zwar versteht, aber sich weigert, es zu benutzen: Wir sind ihre Räuber, ihre Fänger, ihre Jäger. Sie verachtet diese Sprache), beschäftigt meine Gedanken bei Tag und Nacht.
Wenn ich mich zu ihr schleiche, auf leisen Sohlen, bemüht, keinem vom Hausgesinde zu begegnen, brennt mir das Herz in der Brust vor Bangigkeit und Freude zugleich.
Sie wartet in den dunklen Ecken, in denen wir uns treffen und die für mich zumindest dem Beisammensein zusätzlichen Reiz verleihen – ob sie auch so empfindet, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt etwas für mich empfindet. Sie duldet mich. Sie duldet auch, wenn ich sie streichle, wie eine Mutter ihr Kind streicheln würde – ein Kind, das die Zärtlichkeit nicht erwidert.
Manchmal rede ich auf sie ein, versuche, ihr zu sagen, dass das, was wir hier tun, für sie nicht zu den Sklavendiensten gehören sollte, die sie verrichtet, dass es ein Stück Freiheit oder Glück sein soll, das ich ihr zu geben versuche.
Ich weiß nicht, ob sie mich nicht versteht oder nicht verstehen will.
Wenn ich sie bitte, zu lächeln, sieht sie mich ernst und voller Verwunderung an, und ich hoffe zu Allah, dass hinterm Horizont dieser Verwunderung nicht auch noch Verachtung wohnt.
Wenn ich mich bei ihr bedanke, dreht sie den Kopf beiseite.
Es kann geschehen, dass ich weine – vor Glück und Verzweiflung zugleich. Sie betrachtet mich, wie mir scheint, ungerührt.
Ich wollte, ich würde nicht nur in ihren Körper eindringen,mit meiner Hand die Dünen und Wellen erfühlen, sondern sie würde mir Herz und Geist öffnen.
»Nazik!«, sage ich, drängend und flehend. »Sprich zu mir! Bist du sehr traurig, hier zu sein, fern von deinem Volk? Was fühlst du? Was sagt dein Herz? Sind die Stunden heller, wenn ich bei dir bin? Freust du dich, mich zu sehen?«
Sie scheint verwundert, schweigt, hebt die Schultern. Geht.
Der Gedanke, dass ich ihr eigentlich gleichgültig bin, quält mich unendlich.
Quält mich zusätzlich zu meinen Gewissensbissen. –
Und noch anderes bewegt mich.
Obwohl mich meine Prinzessin gebeten hat, ganz und gar in ihrem Haus und bei ihr zu bleiben, bin ich doch immer wieder im Viertel der Händler und sehe nach Kasim, meinem Vater – nicht nur, um meinen brennenden Schuldgefühlen zu entgehen. Sein plötzlicher Reichtum ist mir nach wie vor unheimlich.
Er stolziert in Kaftanen mit bunten Borten umher, trägt die Geldkatze an der Gürtelschärpe und hat sich zwei Sklaven angeschafft, die das Haus besorgen. Die Schlampe Dawja spielt sich nun als Haushälterin auf und kommandiert die beiden herum – ebenso wie das Weib, das sich Kasim zu meiner großen Erleichterung zugelegt hat, eine Person mit ausladendem Hinterteil und dicken Säulenbeinen, mit der er das Bett teilt, sodass er nicht mehr auf meine »Hilfe« zurückgreift.
Wenn ich ihn frage, wie er zu seinem Geld kommt, winkt er ab. Das hätte er mir doch schon erzählt. Um unseren Stand auf dem Basar kümmert er sich nicht mehr. Er hat einen Pächter gesucht.
Es geht auf Mittag zu an jenem Tag, von dem ich spreche, als ein Läufer meiner Prinzessin mich am Haus meines Vaters abholt. Es sei dringend. Die Herrin wünscht mich unverzüglich zu sehen. Atemlos folge ich dem langbeinigen Kerl, dermir ständig ein paar Ellen voraus ist und an jeder Straßenecke ungeduldig trippelnd auf mich wartet.
Mein Bauch ist angefüllt mit bösen Ahnungen. Die schlimmste Vorstellung: Jemand hat uns, Nazik und mich, beobachtet und der Herrin berichtet. Dass sie nur dem Mädchen nichts antut!
Aber es geht um etwas ganz
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