Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
Road hoch, weiter, als sie sich an all den anderen Abenden vorgewagt hat. Wie hatte sie nur zulassen können, dass ihre Entfremdung so lange anhielt? Das hatte sie nie vor. Als sie aus Berlin zurückkam, am Boden zerstört von dem, was sie herausgefunden hatte, hätte sie Phil anrufen und ihm sagen sollen, dass sie wieder in Mailand waren. Aber sie war so verwirrt gewesen. Monatelang gab sie sich die Schuld an Karels Tod. Sie hatte Phil nicht verdient. Außerdem war ein Teil von ihr noch immer wütend darüber, dass er sie verlassen hatte, auch wenn sie im Grunde ihres Herzens wusste, dass er nur gegangen war, um seine Familie vor denselben Männern zu schützen, die auf ihn geschossen hatten. Er hatte immer vorgehabt, zurückzukommen, zumindest, bis sie ihm sagte, sie würde nach Berlin gehen, um mit Karel zusammenzuleben.
Und dann verschwand Phil vom Radar. Sie fragte Mattia nach ihm, aber ihr Sohn erklärte ihr, Phil habe seine Nummer geändert, und nicht einmal er könne ihn erreichen. Und dann war es auf einmal überall in den Nachrichten. Caruthers war verhaftet worden. Garelli der Cop, der für die Festnahme verantwortlich war, und die riesen Enthüllungs-Story von Phil waren in allen großen Zeitungen. Er hatte seinen Job erledigt, wie er es sich geschworen hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte sie sich längst in ihre Arbeit gestürzt. Jedes Mal wenn sie an Phil dachte, tat es nur weh, sodass es am besten war, einfach weiterzuarbeiten, bis er sich bei Mattia melden würde. Sie wusste, dass sie dabei war, besessen zu werden, als sie sogar begann, Valentina zu den meisten Shootings mitzunehmen, aber sie konnte nicht anders. Alles war besser, als allein zu Hause zu sitzen und sich ungewollt zu fühlen.
Aber jetzt, wo sie hier in Phils Heimatstadt ist, kann sie dem Drang nicht widerstehen, ihn zu sehen. Wenn auch nur, um ihn zu fragen, wie es ihm geht. Wenn auch nur, um ihm die Hand zu geben und ihm alles Gute zu wünschen. Sie waren so unschön auseinandergegangen.
Sie schlägt die Adresse in ihrem Notizbuch nach und überprüft den Straßennamen. Hier ist es. Sie biegt um die Ecke und zählt die Häuser ab. Es dämmert bereits, und während sie die Straße hinuntergeht, kann sie in die erhellten Häuser sehen. Es ist Abendessenszeit, sie sieht Paare und Familien, die um einen Tisch sitzen und essen oder fernsehen. Wir waren einmal eine Familie, denkt sie traurig. Sie, Phil, Mattia und Valentina. Jetzt ist das alles zerbrochen. Und wer trägt die Schuld daran? Sie oder Phil?
Da steht sie nun, eine Hand auf dem Gartentor, das zu Phils Haustür führt. Es brennt kein Licht, und sie will sich eben schon abwenden, als im Wohnzimmer das Licht angeht. Am Fenster sind keine Vorhänge, sodass sie einen offenen Blick in das Zimmer hat. Sie kann sehen, dass es ein typisches Phil-Zimmer ist. Wände voller Bücherregale, alte Möbel und Topfpflanzen. Und dann, auf einmal, sieht sie ihn. Ihr stockt fast das Herz, als Phil das Zimmer betritt, eine Flasche Rotwein und einen Korkenzieher in der Hand. Er sieht noch hinreißender aus. Größer, das Haar grau meliert, aber das Gesicht noch immer jung. Sie tritt einen Schritt vor, drückt das Tor auf – und bleibt dann wie angewurzelt stehen. Denn Phil ist nicht allein. Ins Zimmer gefolgt ist ihm eine Frau, die zwei Weingläser trägt. Phil sagt irgendetwas zu ihr, und die Frau lacht. Sie ist schön, denkt Tina, während ihr Herz zu frösteln beginnt. Die Frau ist kurvenreich, fast mollig, mit lockigen roten Haaren, blauen Augen und einem breiten Lächeln. Sie ist völlig anders als Tina. Sie bringt Phil die Gläser, der den Wein geöffnet und auf dem Tisch vor der Couch abgestellt hat. Er dreht sich zu ihr um, und die Frau lehnt sich an ihn. Sie küssen sich. Der Anblick versengt ihr Herz. Tina wendet sich auf dem Absatz um und läuft die Straße zurück. Bei jedem Schritt, den sie tut, hat sie das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu gehen. Ihr Herz gefriert, und ihr Körper brennt vor Reue, vor Selbstverachtung.
Du hast zu lange gewartet, sagt sie sich bitter. Du hast ihn für immer verloren.
Am nächsten Tag durchquert sie den Bahnhof King’s Cross, um die U-Bahn zum Flughafen zu nehmen, als sie eine falsche Abzweigung nimmt. Anstatt den U-Bahn-Steig zu betreten, steht sie auf einmal auf einem Fernbahnhof. Sie hat noch jede Menge Zeit vor ihrem Flug nach Mailand, daher beschließt sie, gemütlich eine letzte Tasse English-Breakfast-Tea im Bahnhofs-Café zu trinken, bevor sie
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