Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Valentine

Valentine

Titel: Valentine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
Vom Netzwerk:
beschwerte die Ecken mit kleinen Bleifiguren, damit das Dokument flach liegen blieb. Es wäre ihr lieber, wenn Frédéric möglichst bald wieder ginge, damit sie Zeit hatte, in Ruhe über Maurice und ihre Gefühle für ihn nachzudenken.
    »Ich bin ihm diesmal die ganze Nacht über gefolgt. Er betreibt City-Hopping. Eine Stunde Rennes, eine Stunde Orléans, Reims, Aachen und zuletzt sogar Köln.«
    »Lass mich raten: überall gibt’s Bordelle für notgeile Vampirmänner wie ihn?«
    Frédérics Blick sagte mehr als Worte. »Unsinn. Del Castello kombiniert das eine mit dem anderen, sucht nach Archiven, in denen wir noch nicht gewesen sind, jagt nebenbei Unreine und versucht , Opfer aufzuspüren, die noch leben, die noch zu retten wären.«
    Was für ein Tausendsassa und edler Samariter. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe ihn kämpfen sehen. Seit heute Nacht gibt es zwei Unreine weniger.«
    Valentine war deswegen noch lange nicht überzeugt. Außerdem sollte Frédéric sich um wichtigere Dinge kümmern. »Und er hat dich nicht bemerkt?«
    Frédéric schaute sie vorwurfsvoll an, er verstand offenbar nicht, warum sie seine Fähigkeiten in Frage stellte. » Begleite mich in der nächste n Nacht, dann siehst du es selbst.«
    »Vielleicht.«
    Um das Gespräch zu beenden, ehe Frédéric auf die Idee kam, seinerseits Fragen zu ihrer Nacht zu stellen, beugte sie sich geschäftig über das alte Schriftstück. Der Trick funktionierte. A ls würde er laut denken , murmelte i hr Bruder irgendetwas vor sich hin, dann verließ er den Raum.
    Ruhe war Valentine jedoch trotzdem nicht vergönnt. Wenige Minuten später öffnete sich die Tür erneut , und Aliénor kam übermütig wie ein kleines Kind hereingestürmt . Sie fiel Valentine von hinten um den Hals und herzte sie. Dann plumpste sie ein wenig außer Atem auf den Stuhl neben der Vampirin. Ihre Flügel, die wie mit Glitter bestäubt schimmerten, bewegte sie sachte hin und her.
    »Hast du Frédéric gesehen?«
    »Ihr habt euch knapp verpasst. Eben war er noch da.« Valentine schaute ihre Schwägerin prüfend an. »Was machst du überhaupt hier?« Wenn sie Frédéric suchte, hatte er sie folglich nicht mit dem Wagen abgeholt.
    »Ich bin geflogen«, erklärte Aliénor stolz, als hätte sie ihrer Schwägerin die Frage von den Augen abgelesen.
    »Wow. Ich dachte, du wolltest zusammen mit deiner Mutter deinen Verwandten beim Neuaufbau des Elfenstaates helfen?«
    Aliénor trug einen neuen moosgrünen Hosenanzug, die Jacke im Rücken geknöpft, der einen schönen Kontrast zu dem orangefarbenen Schal bildete, den sie um den Hals geschlungen hatte. Die spitz zulaufenden, ebenfalls orangefarbenen Schuhe stammten bestimmt aus der Elfenproduktion und weckten in Valentine Erinnerungen an Modeerscheinungen aus früheren Zeiten.
    »Und ich dachte, du triffst deinen neuen Freund?«, zwinkerte Aliénor, plapperte jedoch weiter, als erwartete sie keine Antwort. »Maman ist dort geblieben. Aldin und sie verstehen sich sehr gut.« Aliénor verdrehte ein wenig die Augen, was wohl bedeuten sollte, dass ihre Mutter und der Elfenmann mehr als Sympathie für einander entdeckt hatten. Dann sprudelten die Worte wie von selbst aus ihrem Mund. »Es gibt Neuigkeiten. Stell dir vor, die Elfen hatten auch Aufzeichnungen über die Prophezeiung, sie haben mir alles mitgegeben. Daraus ergeben sich einige völlig neue Erkenntnisse. Ich muss es unbedingt Frédéric zeigen. Komm mit!«
    Hoffentlich begnügte Aliénor sich mit der kurzen Anspielung auf Valentines Liebesverhältnis und konzentrierte sich auf das, was sie ihr und Frédéric zeigen wollte. Ihre Wangen glühten vor Aufregung.
    Seite an Seite durchquerten sie die langen Flure. Alte Gemälde und Gobelins hingen an den gekalkten, zum Teil mit antiken Stoffbahnen bespannten Wänden. In einer Nische stand eine klapprige Ritterrüstung, und Valentine überlegte, wem sie gehört hatte. Irgendwie hatte sie vor langer Zeit an diesen Dingen das Interesse verloren.
    Frédéric blieb unauffindbar. Selbst der Butler Bertrand, der ihnen auf der Treppe begegnete, wusste nicht, ob der Duc das Schloss verlassen hatte.
    »Komm , Sucherin«, schlug Aliénor daraufhin vor, »dann zeige ich nur dir, was ich Neues erfahren habe.«
    Neugierig folgte Valentine der Elfe und war überrascht, dass sie den Weg zum Ballsaal nahmen. Aliénor stieß die breiten Flügeltüren weit auf.
    Zu einer früheren Zeit, als Valentines eigene kleine Welt noch in Ordnung gewesen war, hatten hier

Weitere Kostenlose Bücher