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Valentine

Valentine

Titel: Valentine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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opulente Bälle stattgefunden. Vampire der höchsten Kreise waren von weit her angereist , und die E delsten unter ihnen hatten um Valentine geworben. Zu ihrem Glück hatte sie die freie Wahl, was in ihren Kreisen damals wenigen jungen Damen vorbehalten war. Ihre Eltern dachten in dieser Hinsicht modern und tolerant und scherten sich nicht darum, welche Meinung der Rest der Gesellschaft dazu hatte. Valentine war von ihnen zu einer selbstbewussten jungen Dame erzogen worden. Außer umfangreicher Bildung und der Führung eines Haushaltes hatte sie auch Reiten und Selbstverteidigung gelernt, mit den Waffen der damaligen Zeit. Der Mann, der sie zur Frau nehmen wollte, musste daher akzeptieren, dass sie eine Kämpfernatur war und mit dem Schwert umzugehen verstand.
    »Wo ist denn der Lichtschalter?«, fragte Aliénor ungeduldig an der Wand neben der Tür suchend.
    »Es gibt keinen. Dies ist einer der wenigen Räume, die nicht elektrifiziert wurden , um ihre originale Atmosphäre zu erhalten .«
    Valentine ent zündete die alten Wachskerzen, die immer noch in den Halterungen der schweren Kristalllüster thronten , kraft ihres Geistes. Noch ehe sie seinerzeit eine für sie zukunftsweisende Entscheidung getroffen und den Antrag eines edlen Vampirs angenommen h a tte, hatte ihr glückliches Leben erst durch den plötzlichen Tod der Eltern, dann durch den brutalen Überfall der Unreinen ein jähes Ende gefunden. Danach gab es nie wieder ein Fest auf Schloss Bonville, und dies war der eigentliche Grund, warum der Saal unverändert geblieben war.
    Nur Roxanne, die gemeinsam mit Bertrand dem Personal vorstand, kam noch ab und an hierher, um zu lüften, abzustauben und das Gold der schweren Barockspiegel auf Hochglanz zu polieren . Obwohl Valentine ebenso oft anmerkte, dass dies reine Zeitverschwendung sei, wie auch das Reinigen der schweren langen Vorhänge und der vielen Quasten, an denen sie auf- und zugezogen wurden.
    Die Spiegel bedeckten die Längsseiten des Saales bis knapp unter die Decke , und verliehen dem Raum eine schier unendlich wirkende Tiefe. Die spärliche Möblierung, bestehend aus alten Recamièren und Stühlen mit geschwungenen Beinen, verstärkte diesen Effekt noch.
    »Wie geht’s denn deiner Liebe?«, fragte Aliénor mit Blick über die Schulter.
    Was sollte das denn jetzt?
    »Schon gut, du musst mir nichts erzählen«, fuhr die Elfe lächelnd fort und betrachtete prüfend die Spiegel. » Weißt du, Frédéric hat mir mal erklärt, dass man in Schlafzimmern keine Spiegel aufhängen soll, weil man n achts von den Geistern hinter den Spiegeln beobachtet und sogar beeinflusst werden kann.«
    Valentine nickte zustimmend. »Er hat dir sicherlich auch gesagt, dass deswegen bei uns ganz speziell behandelte Spiegel in den Zimmern hängen.«
    Aliénors Flügel schlugen schneller, ohne dass sie dabei vom Boden abhob. »Aber das trifft nicht auf diese Spiegel zu, oder?«
    Jetzt wurde Valentine hellhörig. »Nein. Diese sind wirklich schon sehr alt. Auf was willst du hinaus?«
    »Also, auch in einigen Elfenschriften ist die Rede von den Rettern und der Prophezeiung. Wie ich schon sagte, Nelrin hat sie mir gezeigt und einige davon mitgegeben.«
    Der Name war Valentine nicht unbekannt. Mit seiner Hilfe war Aliénor aus dem Elfenreich entkommen, als der despotische Elfenkönig die beiden miteinander zwangsverheiraten wollte. Seither war der junge Elfenmann eine der treibenden Kräfte zur Neuordnung des Staates.
    »… und da heißt es, einer der Retter müsse die Seele eines Verstorbenen sein, aus dem Reich hinter den Spiegeln.«
    »Möglich«, erwiderte Valentine zurückhaltend. Daran hatte sie auch schon gedacht, obwohl sie bislang keine eindeutigen Belege dafür gefunden hatte.
    »Jemand müsste durch einen Spiegel gehen und den Retter von der anderen Seite mitbringen. Von allein kommt der vermutlich nicht.« Aliénor musterte einen der Spiegel, der ein wenig dunkler als die anderen wirkte, mit schräg gelegtem Kopf. »Den Geistern kann es egal sein, ob unsere Welt untergeht.«
    »Das wäre Wahnsinn. Es ist nicht bekannt, dass jemand von dort drüben zurückkehrte!«, warnte Valentine. Tatsächlich gab es Aufzeichnungen, die von solchen Versuchen berichteten. Meistens waren es Lycanthropen oder Menschen gewesen, die dieses Abenteuer gewagt hatten. Von Vampiren war dergleichen nicht überliefert.
    »Auf diese Weise könnte auch ich einen Beitrag zur Rettung unserer Welt leisten.«
    Valentine erfasste ein kalter Schauer .

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