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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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geworden, ohne andere Werkzeuge zu benutzen. Wie bei Prometheus trug das, was er modellierte, einen Funken Leben in sich, und das war für ihn etwas ganz und gar Neues. Er drückte seinen Werken seinen Stempel auf. Allem, was er berührte, prägte er seine Gefüh le und Erfahrungen ein. Seine Finger bewegten sich um den Ton. Er modellierte die Klumpen und gab ihnen eine Bedeutung. Er war kein Dorftöpfer mehr, sondern ein Künst ler . Wie die Bürgermeisterfrau würde bald das ganze Dorf sein Publikum sein.
***
     
    Die Figur stellte eine Frau dar. Eine Frau vom Land. Er hatte sie bemalt. Die Figur stand im Wind, ihr Kleid wurde an ihre Beine gedrückt und flatterte wie Gaze hinter ihr her. Die Bluse zog an ihrem Busen. Sie hatte ein Kopftuch auf, das ebenfalls aussah, als würde es gleich davonflattern. Sie trug einen Kanister Milch und zu ihren Füßen lehnte ein Fahrrad. Wenn ein unbelebter Gegenstand je von Sehnsuchterfüllt sein konnte, dann das Figürchen dieser einsamen Frau, das Sehnsucht und Verlangen ausstrahlte. Für einen Bahnhof würde es genau die richtige Statue sein: eine Liebende, die auf die Rückkehr ihres Geliebten wartet.
    »Wie romantisch«, gurrte die Bürgermeisterfrau und küsste ihn auf die Wange. »Sie sind so romantisch.«
    »Wie bitte, mein Fräulein?«, sagte der Töpfer.
    Die Bürgermeisterfrau sah zu ihrem Mann.
    »Warum kannst du nicht auch ein bisschen so sein?«, sagte sie. Sie erklärte den Koreanern das Figürchen. »Es wird die Statue einer Dame, mit der er befreundet ist. Eine nette Frau aus dem Dorf. Die, die auf dem Markt arbeitet.«
    Die Männer nickten und deuteten auf das Figürchen. »Ihre Freundin?«, fragte einer der Geschäftsleute.
    Der Töpfer schüttelte den Kopf und wollte widersprechen, doch dann sah er die Figur und wurde kreidebleich. Dieselbe Kartoffelform. Dieselben knotigen Knie. Er bemerkte es erst, als man ihn darauf aufmerksam machte.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass sie seine Muse ist«, erklär te die Bürgermeisterfrau ihrem Mann.
    Der Bürgermeister kaute an seiner Zigarre, dann hielt er inne und betrachtete die Figur. Er nahm sie in die Hand und sah sie genauer an. Schließlich grunzte er anerkennend und klopfte dem Töpfer auf die Schulter.
    »Wirklich gut, Töpfer. Das wird großartig aussehen. Vielleicht machen wir einen Brunnen draus. Aus dem Kanister hier könnte Wasser strömen. Gefällt mir viel besser als ein Soldat oder ein Dichter. Die gibt es überall. Aber eine einfache Frau vom Land? Gefällt mir. Ist mal was anderes, was Ungewöhnliches. Und zeigt, dass wir hier unsere Werte haben. Vielleicht können wir die Statue in die Broschüre nehmen und damit Besucher anlocken. Oder wir könnten ein Fest veranstalten und sie zur Hauptsensation machen. Ein Blumenfest oder so. Ein anderer Bürgermeister, mitdem ich befreundet bin, hat so was in seiner Stadt gemacht und mir gesagt, dass allein im August zwanzig Prozent mehr Touristen gekommen sind – und er hat nicht mal einen Brunnen!«
    Der Töpfer wurde nervös.
    »Ein Brunnen wäre ganz wunderbar«, sagte die Bürger meisterfrau , ohne auf ihren Mann einzugehen. Sie zwinkerte dem Töpfer zu. »Mit oder ohne Fest   – Valeria wird stolz auf Sie sein. Zuerst war es nur ein Figürchen, dann wurde es eine Statue und am Ende wird es ein Brunnen!«
    »So ist es, Töpfer. Meinen Glückwunsch«, sagte der Bür germeister .
    Es klang etwas hohl, sodass seine Frau die Stirn runzelte und dem Töpfer freundschaftlich die Hand auf die Schulter legte.
    »Kümmern Sie sich nicht um ihn«, sagte sie. »Es ist immer noch Ihr Bahnhof und Ihr Blumenfest.«
    »Ein Blumenfest im Sommer ist genau das, was wir brauchen. Wir können sagen, dass es das älteste im Land ist. Wer kann das schon nachprüfen? Vielleicht bringen wir ein paar Folkloretänzer dazu, im Kreis herumzuwirbeln. Und vielleicht können wir sogar das Hotel verkaufen.«
    Der Bürgermeister erklärte den Koreanern alles ganz genau. Sie nickten und lächelten.
    »In unserem Land haben wir viele Feste«, sagte einer und lächelte den Töpfer an. »Das sind immer freudige Anlässe.«
    Der Töpfer lächelte ebenfalls und nickte. Er versuchte, dem Bürgermeister das Figürchen abzunehmen.
    »Vielleicht ist es noch nicht, wie es sein soll«, sagte er. »Ich glaube, ich muss noch etwas daran arbeiten.«
    Der Bürgermeister reichte ihm eine Zigarre.
    »Seien Sie nicht albern, Töpfer. Es ist doch nur eine Statue. Vor meinem Bahnhof wird sie sich großartig

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