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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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ging, um nach dem Rechten zu sehen, wurde er vom Gestank der verfaulenden Pflanzen fast überwältigt. Zwei Tage lang versuchte er, seine Ernte zu retten. Er rannte von Reihe zu Reihe und zog die Rüben aus der Erde. In der Hoffnung, dass das Wasser abfließen würde, baute er mehrere Kanäle. Die Rüben, an denen er zog, glitten mit einem langen schlürfenden Geräusch aus der Erde. Es war hoffnungslos. Sie waren weich, so weich, dass er sie mit den Händen zu Brei zerdrücken konnte. Er harkte den Boden mit den Fingern und warf Schlammklumpen in die Luft. Dann ging er nach Hause, um es seiner Frau zu sagen. Sie nannte ihn Dummkopf und Hurensohn, nahm die Kinder und zog zu ihrer Schwester in ein anderes Dorf.
    »Und denk ja nicht, ich hätte nicht mitbekommen, wie du dich in der Kneipe der Schlampe aufführst«, sagte sie, als sie ihn verließ. »Offen gestanden bin ich froh, dass ich mit dir fertig bin!«
    All das Geld. All die Arbeit. Ibolya hatte unwillkürlich Mitleid mit ihm. Ferenc war schließlich wie ein Haustierfür sie. Als sie davon erfuhr, als sie ihn so allein in der Ecke dasitzen sah, den Kopf in die Hände gestützt, ging sie zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter und sagte zu ihm, er könne die nächsten zwei Stunden auf ihre Kosten trinken.
    »Weil du nicht irgendwer bist«, sagte sie.
    »Ich danke dir, Ibolya«, sagte er. Er bekam feuchte Augen, weil sie ihn wahrgenommen hatte. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre er darüber selig gewesen. »Doch, wirklich, ich bin dir sehr dankbar. Warum brennen wir nicht zusammen durch? Lass uns von hier fortgehen. Dieses Dorf ist ein Schlamassel.«
    Ibolya schüttelte den Kopf und ging weg.
    »Drängel nicht«, sagte sie. »Kümmer dich um den Bür germeister .«
    Ferenc nickte. Wenn er daran dachte, in was für einer misslichen Lage der Bürgermeister war, fühlte er sich unwillkürlich besser.
***
     
    Der Sturz des Bürgermeisters war ein Schauspiel, an das alle noch jahrelang denken würden. Dass er regelmäßig in die Kneipe kam, war ein gutes Zeichen. Seit fast einer Woche saß er am Tresen. Um die koreanischen Gäste kümmer ten sich der Oberinspektor und sein Stellvertreter. Der Bür germeister ließ sich gehen. Sein Haar wurde von Tag zu Tag grauer, seine Augen waren trüb. Er sah aus, als hätte er fünf Kilo zugenommen. Seitdem der Bürgermeister niemandem mehr im Nacken saß, ging der Bau des Bahnhofs kaum noch voran. Die Arbeiter bekamen keinen Lohn mehr. Der Einzige, der jetzt noch dort arbeitete, war der Töpfer, was alle verwirrte, denn was zum Teufel hatte der mit dem Bahnhof zu tun? Er war schließlich doch noch aus seiner Werkstatt gekommen, sprach jedoch mit niemandem. Stattdessen arbeitete er mit einer Kolonne von Männern, dienicht aus dem Dorf stammten, draußen am Bahnhof. Er sehe aus wie ein Wilder, sagten die Männer. Jemand erklär te , die Arbeiter, die er geholt habe, seien Metallarbeiter einer Gießerei in Budapest. Sie hätten eine Gussform angefertigt und gössen Metall. Es ging das Gerücht, dass der Töpfer all das aus eigener Tasche bezahlte. Niemand wusste etwas Genaues, weil er nichts enthüllte – und zwar buchstäblich, denn gearbeitet wurde in einer Jurte, in der die Männer neben dem Töpfer oder auch außerhalb seiner Reichweite an irgendetwas werkelten. Er verbot ihnen, in die Kneipe zu gehen.
    Auch der Bürgermeister klärte sie nicht auf. Immer wenn jemand mit ihm über seine Schwierigkeiten sprechen wollte oder den Töpfer erwähnte, winkte der Bürgermeister achselzuckend ab und sagte: »Dieser dreckige kleine Schornsteinfeger! Ich jag ihn aus dem Dorf, das ist das Allermindeste.«
    Doch der Schornsteinfeger war, seit er von Valeria fortgegangen war, nirgends mehr aufgetaucht. Ibolya hielt ihn in ihrem Schlafzimmer versteckt. Sie hatte ihm gesagt, er müsse untertauchen.
    »Lass sie schmoren. Ich verdiene viel Geld. Du kriegst zwölf Prozent davon.«
    Was die Probleme des Bürgermeisters anging, so wussten die Männer nur, dass er wegen seiner Affäre aus dem Haus geworfen worden war. Seitdem war Ibolyas Kneipe der einzige Ort, wo er wirkungsvoll schmollen konnte. Als Vollblutpolitiker wollte der Bürgermeister öffentlich schmollen. Er wollte sich die Haare raufen und heulen, sodass alle es sehen konnten. Nicht eigentlich, weil es ihm leidtat, sondern weil er wusste, dass es politisch von Vorteil war, wenn man zu Kreuze kroch. Ibolya verstand das instinktiv. Sie wusste von dem Plan, eine neue Kneipe drüben beim Hotel

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