Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
Vom Netzwerk:
Götter hatten sie vor dem Ambrosia gewarnt. Wenn sie versuchen würde, davon zu trinken, würde sie sterben. Doch um bei ihrem Geliebten zu sein, trank sie den ganzen Krug aus. Ambrosia ist der Stoff, der sie unsterblich machte. Hast du das gewusst?«
    Valeria nickte.
    »Sie ist dann natürlich gestorben. Und jetzt kommt das Schöne: Apollo ist untröstlich. Er weigert sich, seine gött lichen Pflichten zu tun. Ich weiß nicht mehr, welche genau, aber dass er sie vernachlässigte, war schlimm. Die Erde war in Gefahr. Also befahl ihm Zeus, seine göttlichen Pflichten zu tun, und Apollo sagte zu Zeus, er solle ihn am Arsch lecken. Ist das nicht unglaublich? So außer sich war er. Schließlich fragt Zeus ihn – wahrscheinlich, weil er die Arbeit nicht selbst erledigen kann   –, was er denn wolle, und Apollo sagt, dass er seine Kassiopeia zurück will. Er will sie unbedingt zurück. Er erträgt den Gedanken nicht, dass Hades sie betatscht, verstehst du? Zeus ist einverstanden und Kassiopeia landet am Himmel. Genau da, wo du jetzt hinstarrst. Er hängt sie dort oben hin, damit Apollo und alle auf Erden sie sehen können.«
    Der Schornsteinfeger schwieg und betrachtete den Himmel. Die Dorfbewohner sahen sich erstaunt an und schüt telten die Köpfe. Valeria schaute hinauf.
    »Du bist sogar noch viel schöner, meine Liebe«, sagte er.
    Valeria merkte, dass er immer zufriedener mit sich wurde,je mehr er redete. Warum das so war, konnte sie nicht sagen. Er benahm sich wie ein Esel. Sie bereute sofort, über haupt mit ihm geredet zu haben. Sie wusste nicht, ob er sich vor ihr oder vor den Nachbarn in Szene setzte. Sie schüttel te den Kopf und begleitete ihn zum Tor.
    »Ja, ja«, sagte sie. »Das ist alles sehr poetisch. Aber leider musst du jetzt gehen.«
    Sie hätte ihn fast hinausgeworfen. Der Schornsteinfeger ging zu seinem Rad und die Dorfbewohner ließen ihn durch. Er radelte davon, und keiner lief hinter ihm her. Sie sahen ihm nur nach. Als er in der Dunkelheit verschwunden war, schauten sie wieder zu Valeria. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich wieder verändert. Sie sah jetzt so streng aus wie immer.
    »Was glotzt ihr so?«, rief sie. »Glaubt ihr vielleicht, ich gehe dem erstbesten Dahergelaufenen wie ein Schulmäd chen in die Falle? Verschwindet. Ich bin eine erwachsene Frau.«

VI
     
    N ur Ibolya hatte die letzten zehn Tage genossen. Fürs Geschäft waren sie gut gewesen. Sie hatte sogar Zsofi endlich dazu bekommen, ihr vormittags zu helfen. Eine Pechsträhne trieb immer viele Leute in die Kneipe, und seit der Schornsteinfeger offiziell im Dorf war, schwirrte ihre Kneipe von Betrunkenen. Ibolya, immer ganz die Unternehmerin, veranstaltete einen Wettbewerb: Wer in den letzten eineinhalb Wochen am meisten gelitten hatte, brauchte an diesem Abend nichts zu bezahlen. Alle waren sich einig, dass der Bürgermeister haushoch gewann, auch wenn der rothaarige Ferenc gleich nach ihm kam. Nach welchen Kriterien der Gewinner ermittelt wurde, war schwer zu sagen, doch die meisten waren der Meinung, dass der Sturz des Bürgermeisters weitaus sensationeller war, und deshalb beklagte sich niemand, als sein Name verkündet wurde.
    Doch der erste Pechvogel war Ferenc gewesen. Als die Pechsträhne begann, kam er heulend in die Kneipe. Es stellte sich heraus, dass die neue Bewässerungsanlage – die er, wie man sich erinnert, mit Hilfe des Bürgermeisters gekauft hatte – defekt war. Am Zeitschalter war ein Draht locker, und statt über eine direkte Schaltung zum Kontakt an der Hauptplatine floss der Strom in einem kleinen Bogen vom Draht zum Kontakt. Das ging eine Weile gut, doch als in der überraschend einsetzenden Hitzewelle dersteigende Thermostat das Sprühwasser auslöste, wurde eine stabilere Schaltung nötig. Der elektrische Lichtbogen strapazierte die Anlage und die Hauptplatine brannte schließlich durch. Einfacher ausgedrückt: Das Wasser schaltete sich nicht mehr ab und musste per Hand abgedreht werden. Ferenc hatte so oft in der Kneipe gesessen und Ibolya angeschaut, dass er nichts davon gemerkt hatte. Das Wasser war fünf Tage gelaufen, bevor er es abdrehte. Ferencs gesamte Zuckerrübenernte stand unter Wasser, zwei ganze Hektar. Genauer gesagt waren die Sprinkler bereits an dem Tag kaputt gewesen, als Ferenc dem Schornsteinfeger in der Kneipe begegnet war – nur wusste er es zu dem Zeitpunkt noch nicht. Die Rüben verfaulten in dem durchweichten Boden, der unter Wasser stand.
    Als er endlich zu seinen Feldern

Weitere Kostenlose Bücher