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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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empfand er etwas ganz Ähnliches. Er hatte ein Gießmodell aus Bienenwachs und Paraffin angefertigt. Mit diesem Material hatte er noch nie gearbeitet, aber das fertige Modell mit all seinen Details stand den Tonfiguren in nichts nach. Die Statue stand da und blickte an ihm vorbei. Ein unsichtbarer Windstoß blähte ihren Rock und zerrte an ihrer Bluse. Das Kopftuch sah aus, als würde es gleich wegfliegen. Auf der Schulter hatte sie einen Kanister und zu ihren Füßen lag ein Fahrrad. Die Statue war einen Kopf größer als er. Der Töpfer nickte ihr zu und musste sich eingestehen, dass es tatsächlich Valeria war. Er nahm sie in Augenschein. Seine Arbeit war getan und die Männer von der Gießerei machten jetzt ohne ihn weiter. Zunächst bedeckten sie sie mit Ton.
    »Haben Sie das Original noch?«, fragten sie.
    »Ja, wieso?«, erwiderte der Töpfer.
    »Weil wir das Modell zerstören müssen.«
    »Wieso das denn?«, fragte der Töpfer. »Warum?«
    »Also, der Ton, den wir jetzt drauftun, ist die Gießform. Wir müssen das Wachs schmelzen, damit wir die Bronze hineingießen können. Deshalb lassen wir unten Öffnungen, durch die können wir das Wachs erhitzen. Aber wenn es geschmolzen ist und der Form was passiert, dann müssen Sie wieder von vorne anfangen.«
    Dem Töpfer wurde ganz flau, doch er nickte. Ja, vielleicht war das die Antwort. Zwar konnte sein Herz keine bewussten Entscheidungen treffen, aber es hatte ihn hierhergeführt. Er konnte die Männer gewähren lassen, weil das Original zu Hause saß und wahrscheinlich wütend auf ihn war. Jemand zwickte ihn und erinnerte ihn daran.
    »Macht ruhig, fangt mit dem Schmelzen an«, sagte er. Dann ging er zurück in seine Werkstatt.
***
     
    Er wollte Valeria die Vasen sofort bringen. Aber dann wurde er abgelenkt, weil er plötzlich wieder einen Einfall hatte. Ohne dazu angespornt worden zu sein, hatte er beschlossen, Valeria einen Hochzeitsteller zu töpfern. Er würde ihr etwas Phantastisches machen und sie damit überraschen.
    Voller Elan fertigte er schnell einen ganz einfachen Hochzeitsteller. Er machte diese Teller schließlich seit Jahren. Dann nahm er sich die Post vor. Dem Briefpapier nach zu urteilen, war das meiste von Ibolya und Valeria. Liebesbriefe, wie sie nur diese beiden eindrucksvollen Frauen zu schreiben imstande waren. Er machte zwei Stapel. Ibolya hatte ihm mehr Briefe geschickt, und er bereute unwillkür lich , wie er sie seit seiner Begegnung mit Valeria behandelt hatte. Es stimmte, dass sie die Lust wieder in ihm geweckt hatte. Es stimmte, dass sie ihm seine Männlichkeit ins Gedächtnis gerufen hatte. Wäre Valeria nicht dahergekommen, dann wäre ihre Beziehung jetzt vielleicht in vollem Gange. Sicher war dies jedoch nicht – es war nicht mehr als ein Vielleicht. Wie dem auch sei, seine Beziehung zu Valeria war ähnlich, und als Bonus kam seine Arbeit hinzu. Dem Töpfer wurde klar, worin der Hauptunterschied zwischen den beiden Frauen bestand: Die eine inspirierte ihn und mit der anderen fühlte er sich bloß wohl.
    Der Töpfer verstand sich jetzt besser. Er verstand plötz lich vieles besser. Er rief seinen Lehrling an und bat ihn, zurück in die Werkstatt zu kommen. Eine Stunde später war der junge Mann da. Auch er sah ausgemergelt aus und schien nach Luft zu ringen.
    »Was ist los mit dir?«, fragte der Töpfer. »Du siehst schrecklich aus.«
    »Sie sehn auch nicht besonders aus«, sagte der junge Mann. »Ich hab Zsofi die Teekanne gegeben und die Kuchenplatte. Aber Ihnen dank ich nicht. Ich dreh seitdem fast durch.«
    »Tut mir leid. Hatt ich ganz vergessen. Wie sind die Sachen geworden?«
    »Wunderbar. Zsofi haben sie sehr gefallen.«
    »Toll«, sagte der Töpfer. »Ich hab gewusst, dass es höchs te Zeit war, dass du alleine arbeitest. Aber sag mir, was mit dir ist – du siehst wirklich furchtbar aus.«
    Der Lehrling lachte spöttisch. »Sie brachte mich zur Tür, und als ich gerade gehen wollte, fiel sie mir um den Hals, küsste mich und sagte, wir sollten zusammen sein.«
    »Ach!«, sagte der Töpfer. »Aha. Na, und dann?«
    »Dann bin ich schnell weg. Sie hat eine gute Figur, und einfach zu gehen war nicht leicht, aber das Ganze kommt nicht in Frage. Sie spinnt. Denkt nur ans Heiraten.«
    »Und wie ging es dann weiter?«
    »Danach hat sie mich ein paarmal angerufen. Ich hab aber nie mit ihr geredet. Sie hat mit meinen Brüdern geredet und diese Schwachköpfe haben ihr erzählt, ich wär schwul.«
    »Was?«
    »Sie wollen einfach

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