Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)
hinunterstürzen. Auch wenn sie nicht tief war, konnten sie sich, wenn sie dumm fielen, leicht verletzen. Sich vielleichtden Arm brechen, besonders, wenn sie einander auffangen wollten und es ihnen misslang. Er fluchte und trat hinaus. Dann ging er den Hügel hinunter.
Gedankenverloren näherte er sich den Männern. Er dachte an die Zukunft. Er dachte an Valerias Brunnen. Er war zufrieden. Doch als er den letzten Schlag hörte, revoltierte alles in ihm. Ein Fingerknöchel hatte geknackt und ein Mann hatte aufgeschrien.
»Heda!« Sein schroffer Ton überraschte ihn. Er hatte sich ganz von selbst eingestellt. Kämpfen oder Fliehen. Es war ein Augenblick der Selbsterkenntnis. Er sah, wohin er rennen wollte, konnte sich aber nicht mehr umentscheiden. Die Männer hielten inne und sahen zu, wie er näher kam. Mit dem Fuß stieß er Kies den Abhang hinunter. Er hatte immer noch seinen Anzug an.
»Was ist hier los? Was macht ihr da? Ferenc, bist du’s? Hört besser auf mit dem Unsinn, sonst hol ich die Polizei. Was für eine Nacht – der Mond macht uns alle kirre.«
Der Töpfer sah zum Schornsteinfeger hinunter. Seit seiner Ankunft im Dorf war es ihre zweite Begegnung. Der Töpfer, der mittlerweile wusste, was zwischen Valeria und dem Schornsteinfeger gewesen war, hatte erst kein großes Mitleid, aber der Schornsteinfeger war ein Bild des Jammers. Die Männer, die ihn verprügelten, hatten Triefaugen. Sie waren in der Überzahl, und was sie taten, war falsch. Sie wirkten wie eine Horde Affen, die sich über eine Banane hermachte. Sie atmeten schwer und rieben sich die Hände.
»Sie halten besser den Mund, Töpfer«, sagte Ferenc. »Wenn, dann sollten Sie uns danken und einen ausgeben. Wissen Sie, wir tun das hier für Sie. Damit Sie in Ruhe Ihre Teller machen können.«
»Diebe«, fauchte der Schornsteinfeger. »Diebe! Hilfe! Polizei!«
Jemand boxte ihn.
Der Töpfer ging auf die Betrunkenen zu.
»Wovon redet ihr eigentlich? Ich bin hier. Mir ist nichts passiert. Ibolya ist zu mir gekommen und hat mit meinen Tellern um sich geworfen, weiter nichts. Ich hab sie weggeschickt.« Er fing an, die Männer vom Schornsteinfeger wegzuziehen. »Ganz ruhig. Genug jetzt. Was macht ihr hier draußen? Hört auf und geht nach Hause. Geht alle nach Hause, oder geht zurück in die Kneipe. Lasst den Mann in Ruhe. Er ist verletzt.«
»Diebe! Hilfe! Polizei!«
»Was sagen Sie da?«, fragte der Töpfer den Schornsteinfeger. »Haben die Ihnen was weggenommen? Habt ihr ihm alle was weggenommen? Dann gebt es jetzt besser zurück.«
Die Männer versuchten den Töpfer wegzuschieben, aber er war stärker, als sie gedacht hatten, und stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Er ließ sich nicht einfach zur Seite schieben. Die Männer waren zu sehr außer Atem, um ein weiteres Gefecht auch nur in Erwägung zu ziehen. Der Töpfer stieß sie wieder und wieder vom Schornsteinfeger weg – der zu dem Zeitpunkt wie eine zerfetzte Vogelscheuche zu ihren Füßen hockte.
»Du Vollidiot!«, sagte einer, dem es endgültig reichte. Er gab dem Töpfer eine Ohrfeige. »Was wolltest du überhaupt mit Valeria? War dir eine alte Frau nicht genug?«
Die Männer lachten. Die Schlägerei mit dem Schornsteinfeger hatte sie viel Kraft gekostet. In ihrem Rausch empfanden sie es als Beleidigung, dass der Töpfer den Schornsteinfeger verteidigt hatte. Es war ein Schlag ins Gesicht. Sie zeigten auf ihn und den Schornsteinfeger.
»Ihr beide solltet das selber ausfechten.«
Der Töpfer spürte einen Fußtritt in der Kniekehle, dann stieß ihn jemand mit den Händen, sodass er den Halt verlor und kopfüber die Böschung hinunterfiel. Die Männerjubelten. Selbst der Schornsteinfeger blickte auf und grinste, als der Töpfer an ihm vorbeiflog.
»Gut gemacht! Bravo!«, keuchte er zu Füßen der Männer.
»Halt den Mund, du Scheißkerl. Dich hat keiner gefragt«, sagte einer der Männer.
»Na klar, aber weil’s dir so gefällt, willst du vielleicht zu ihm runter«, sagte ein anderer.
»Ja, verdammte Scheiße. Die sollen sich prügeln, ich lechze danach.«
Die Männer hoben den Schornsteinfeger mühelos über ihre Köpfe, so als wäre er nur ein Kopfkissen. Dann warfen sie ihn die Böschung hinunter. Er schlug in der Rinne auf und stöhnte. Er war ein paar Meter vom Töpfer gelandet, neben seiner zerbrochenen Flasche. Die Männer oben beschimpften ihn lautstark und kickten Kies auf ihn hinunter. Der Töpfer saß da und rieb sich Ohren und Rücken. Er kroch zum
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