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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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Inspektor bei ihnen war. Seine Kultiviertheit fehlte ihnen beiden. Sie waren einfache Bauern. Der eine hatte Pflaumenbäume, der andere Birnbäume. Sie waren die besten Freunde und nicht voneinander zu unterscheiden. Beide waren mittelgroß und von mittlerer Statur. Sie hatten zwei Schwestern aus einem anderen Dorf geheiratet und wohnten nebeneinander. Herr Pflaume besaß einen Lastwagen. Herr Birne besaß einen Traktor. Sie bestellten ihre Gärten gemeinsam und belieferten Ibolyas Kneipe mit starkem, selbstgebranntem Obstwasser. Die beiden waren ein liebenswürdiges Gespann, auch wenn sie nicht die Hellsten waren.
    »Hat der Bürgermeister amerikanische Investoren zu Gast?«, fragte Herr Pflaume vom Rücksitz des Streifenwagens.
    Der Oberinspektor lachte spöttisch: »Sei nicht albern. Es sind immer noch diese Asiaten – aus Korea oder so.« Dann fing er an zu fluchen. »Das ganze verdammte Land kriegt Amerikaner. Überall gibt’s Militärstützpunkte. Nur wir kriegen Koreaner – warum haben wir bloß solches Pech?«
    »Der Schornsteinfeger?«, schlug der Stellvertreter vor.»Vielleicht hat Valeria alles Glück aus ihm rausgesaugt. Vielleicht bringt er überhaupt kein Glück.«
    Die beiden Männer auf der Rückbank lachten und zuckten die Achseln. Es war ihnen völlig einerlei.
***
     
    Sie kamen zu Valerias Häuschen. Sie saß auf den Stufen, von Nachbarn umringt, die sie trösteten. Ihrer gelangweilten Miene nach zu schließen, hatte sie es offensichtlich satt, getröstet zu werden. Sie tat sich bestimmt nicht selbst leid. Sie war vor allem wütend.
    »Verschwindet endlich«, jammerte sie.
    Die Nachbarn schüttelten die Köpfe.
    »Du Arme.«
    »Was ist der Schornsteinfeger doch für ein elender Schuft.«
    Als der Polizeiwagen anhielt und der Inspektor das Fenster herunterkurbelte, stürmte Valeria durch die Menschenmenge auf den Wagen zu und zeigte die Straße hinunter.
    »Ihr habt euch aber Zeit gelassen«, sagte sie. »Der Schornsteinfeger hat mich geschlagen und ist da runtergerannt. Ich glaub, er stellt was Furchtbares an«, sagte sie.
    Herr Pflaume und Herr Birne auf der Rückbank nickten.
    »Das haben wir ihnen gesagt«, erwiderten sie. »Wir fahren jetzt in die Kneipe.«
    Die Nachbarn liefen hinter Valeria her und versuchten, sie wieder auf die Treppe zu zerren. Sie sah, dass sie sie, wenn es sein musste, die ganze Nacht trösten würden. Allein der Gedanke daran ließ sie schaudern. Sie öffnete die hintere Tür des Polizeiwagens.
    »Rutscht mal«, sagte sie. »Lasst mich zu euch. Ich komm lieber mit.« Sie wartete nicht, bis die beiden Männer ihr Platz gemacht hatten. Weil sie ihren widerlichen Nachbarn entrinnen wollte, setzte sie sich beinah auf Herrn Pflaume.
    »Einen Augenblick mal«, sagte der Inspektor. Um zu protestieren, drehte er sich zu ihr um.
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
    »Vorsicht«, murmelte er nur. »Nicht die Hände oder den Kopf aus dem Fenster strecken.«
    Der Wagen fuhr los. Die Menge winkte ihr zu.
    »Sei stark«, sagte eine Frau.
    Als sie zum Hotel kamen, parkte der Oberinspektor den Wagen und verschwand. Er blieb lange fort. Valeria und die beiden Männer verloren langsam die Geduld. Sie bedrängten den Stellvertreter.
    »Hörn Sie mal, wir müssen wirklich gehen. Wir haben keine Zeit für so was«, sagte Herr Birne.
    »Immer mit der Ruhe. Der Oberinspektor kommt gleich wieder.«
    »Ich geh ihn holen«, sagte Valeria.
    »Warten Sie, das können Sie nicht machen«, sagte der Stellvertreter und stieg schnell aus. Er stellte sich vor ihre Wagentür, die eine Hand am Pistolengriff. »Das wird mal ein Dreisternehotel, und so leid es mir tut – Sie sind dafür nicht angemessen gekleidet. Dort drin findet eine private Besprechung statt, da können Sie nicht einfach hineinplatzen, sonst muss ich auf Sie schießen.«
    Die Männer wollten gerade die Wagentür öffnen, als die Schiebetür des Hotels aufging und der Inspektor und der Bürgermeister herauskamen. Der Stellvertreter setzte sich schnell zurück in den Wagen. Keiner konnte hören, worü ber der Bürgermeister und der Inspektor sprachen, doch sie sahen, dass dem Inspektor Spucke aus dem Mund des Bürgermeisters ins Auge flog. Sie fragten sich, ob er sie abwischen würde, aber er stand nur da und hörte zu, nickte und lächelte. Er war der perfekte Untertan. Der Bürger meister hörte auf zu reden und wandte sich zu ihrem Fenster. Er blickte auf Valeria und die beiden Männer im Wagen,begrüßte sie aber nicht – er reagierte

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