Valeron der Barbar
stand, ohne sein Schwert gezogen zu haben. Vielleicht bildet der Junge sich ein, er könnte sie beschützen, dachte Valeron. Aber mit dem Schwert in der Hülle, allein neben ihr, während wir kämpften? Sein Gesicht wirkt kühl, ja anmaßend. Man könnte meinen, er wäre der Kaiser, der zusieht, wie seine getreuen Untertanen sich der ungetreuen entledigen!
Jheru und ich kämpften – und Lexton und Vidul und Eshara, ja und auch der fette Narran ol-Shalkh – während Aleysha und Jallad zuschauten. Ja, und auch Darcus Cannu hatte nicht am Kampf teilgenommen, war kein Risiko eingegangen!
»Valeron von Branarius ist mein Bevollmächtigter«, erklärte Aleysha ca Velquen mit ruhiger Stimme. »Ich ernannte ihn dazu persönlich und durch ein Schreiben. Mit meinem Dolch befreite er sich aus dem Verlies, in das Ihr ihn habt werfen lassen. In meinem Auftrag kehrte er zurück!«
18
Wisensa und – Wissenschaft
Darcus Cannu holte erschrocken hörbar Luft, als ihm die Gerissenheit und der Verrat – gegen ihn – dieses verdammten Mädchens bewusst wurden. Diese unschuldigen Augen! Diese scheinbare passive Gefügigkeit! Alles Lügen! Diese mit so ruhiger Stimme abgegebene Erklärung und ihr anklagender Blick bewiesen ihm, dass er sich in ihr getäuscht hatte. Er hatte sie unterschätzt und damit einen nie wieder gutzumachenden Fehler begangen.
Denn sie ist Kaiserin!
»Ihr? O Aleysha! Es musste sein. Euer Vater wollte Euch mit diesem barbarischen Wilden vermählen, den Ihr Euren Bevollmächtigten nennt.«
»Das weiß ich, Darcus.«
»So! So also sieht es aus! O bei den Göttern! Kaiserin oder nicht, Eure Gedanken sind immer noch die eines leicht beeinflussbaren Kindes!«
Der Premierminister wandte sich an die anderen und hob um Gehör bittend die Hände. Sie starrten ihn an, die Krieger und Kriegerkönige und eine Kriegerin, die vor kurzem noch Sklavin gewesen war. Ihre Augen waren kalt und ohne Mitleid für ihn. Ihre Klingen hielten sie blutbesudelt in den Händen.
»Meine Lords und meine Lady Könige! Hört! Der Kaiser wurde alt! Er sah, dass ein starker Krieger eine verloren geglaubte Welt eroberte und vereinte, und entsann sich einer Zeit – die lange schon zurücklag –, da er ein starker Krieger gewesen war. Vom Alter müde und geschwächt, dachte er daran, seine Tochter mit diesem Barbaren zu vermählen.« Darcus beobachtete sie und stellte fest, dass sich an ihrer Miene nichts geändert hatte. »O meine Lords«, sagte er, um Verständnis flehend. »Es stimmt, dass unser geliebter Velquen einst ein starker Krieger war – doch nie eine Dschungelbestie wie dieser Wilde mit den brennenden Augen, den ich hier vor mir sehe. Lords und Lady Könige, ich kannte den Kaiser. Viele Jahre arbeitete ich an seiner Seite. Eine solche Entscheidung passte nicht zu ihm, war seinem Wesen fremd. Er war nicht mehr der Mann, der einst als unser größter Kaiser gegolten hatte. Das Alter hatte sein Gehirn geschwächt und seinen Verstand durch Gefühle ersetzt.«
»Weiterer Verrat«, sagte Vidul mit tödlicher Ruhe und doch peitschten die Worte wie eine Klinge auf den Premierminister ein.
»Kein Verrat, mein Lord König. Und …«
»Wartet Darcus Cannu«, erhob Lexton von Maruthia die Stimme. Er trat durch die Gruppe bewaffneter Männer und Frauen. »Wartet.« Sein Blick fiel auf das Schwert in seiner Hand. Er schob es in seine Hülle zurück. »Wir sind gekommen, Euch festzunehmen. Ihr werdet eine Verhandlung haben, der wir, der Rat der Könige, vorsitzen werden, wie es Eurem Stande entspricht. Ihr braucht Euch nicht jetzt und hier vor Gericht zu stellen.«
»Mein Lord König, ich fürchte mich nicht vor der Verhandlung, aber ich fürchte, dass dieser Mann«, er deutete auf Valeron, »dafür sorgen wird, dass ich die Verhandlung nicht erlebe.«
»Unsinn!« warf Eshara ein. »Der Mann ist des Hochverrats und des schlimmsten Mordes schuldig. Jetzt versucht er seine Handlung zu beschö …«
»Verzeiht, meine Lady König, aber – nicht Hochverrat«, sagte Darcus Cannu.
»Ihr – Ihr wagt einen der Könige zu unterbrechen, kleiner Mann?« brüllte Vidul.
»Ich wage es, ich, der ich wagte zum Wohle des Reiches einen Kaiser zu töten – ja, ich wage es –, genau wir Ihr, mein Lord König, es wagtet, einen König zum Wohl des Königreichs zu töten!« Darcus Cannu hielt inne. Als er bemerkte, dass niemand im Augenblick etwas zu sagen beabsichtigte, fuhr er hastig fort: »Ich entschuldige mich bei der Kaiserin für meine
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