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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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empor.
    »Wie bitte … was?«
    Die Frau wedelte mit der Thermoskanne.
    Sie war Mitte 40, ein wenig mollig und von einnehmendem Wesen. Siebert kannte sie schon von vorangegangenen Besuchen. Ihre Augen leuchteten, und um ihren Mund spielte ein bezauberndes Lächeln. So ganz anders, als man sich eine Archivarin gemeinhin vorstellte.
    »Ob Sie noch einen Kaffee möchten? Ach nein, ich sehe, Sie haben Ihre Tasse ja noch gar nicht leer getrunken. Hat Ihnen der Kaffee nicht geschmeckt?« Ein sorgenvolles Augenklimpern.
    »Oh, doch … ich war nur so beschäftigt …«
    »Was Interessantes gefunden?« Sie verdrehte den Kopf, um einen Blick auf das Tagebuch zu erhaschen.
    »Ziemlich interessant, ja. Ich wünschte, ich könnte mir das Buch ein paar Tage ausleihen.«
    »Wenn es nach mir ginge, dürften Sie das gerne, aber die Statuten verbieten es leider. Kein Ausleihen, keine Kopien, nur handschriftliche Notizen. Sie wissen ja, wie das ist.« Sie zuckte die Schultern. »Ich habe mir das nicht ausgedacht …«
    Wieder dieses ansteckende Lächeln.
    Siebert war sich ziemlich sicher, dass sie nicht »nein« sagen würde, wenn er das Gespräch auf ein kleines Rendezvous heute Abend lenkte. Er hatte ein recht gutes Gespür, was Frauen betraf, und konnte sehr charmant sein. Wenn er seine Karten richtig ausspielte, würde er noch heute Nacht mit ihr im Bett landen. Eine verlockende Vorstellung. Andererseits, er war verheiratet, und die Sache hier war zu wichtig, um jetzt den Don Juan zu spielen. Er hatte vor, einen Verstoß gegen die Hausordnung zu begehen, und wollte lieber kein Risiko eingehen.
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich bin so folgsam wie ein Schoßhund. Und was den Kaffee betrifft …«, er griff nach seiner Tasse und leerte sie in einem Zug, »… ich hätte tatsächlich gerne noch einen. Er schmeckt phantastisch.« Er hielt ihr die Tasse hin, und sie füllte nach.
    Als sie fertig war, wartete sie noch einen Moment. Doch als Siebert sich demonstrativ wieder seiner Lektüre zuwandte, zog sie einen kleinen Schmollmund und verschwand.
    Von draußen klatschte Regen gegen die Scheiben. Siebert kannte das Gebäude wie seine Westentasche. Er war schon mindestens zwanzig Mal hier gewesen und hatte sich bei seinen Begehungen die Sicherheitseinrichtungen genau eingeprägt. Außer der üblichen Magnetschranke im Erdgeschoss sowie Gesichtskontrolle und Tascheninspektion gab es nur noch die Videoüberwachung, die in jedem Stockwerk gleich war. 24 Kameras, so ausgerichtet, dass sie praktisch die gesamte Etage lückenlos überblickten. Allerdings waren darunter vier Positionen, bei denen die Kameras nur ein eingeschränktes Bild lieferten. Eine davon hatte Siebert gewählt. Der Tisch, an dem er saß, wurde lediglich von einer einzigen Kamera erfasst. Keine Überschneidungen. Außerdem war sie auf seinen Rücken gerichtet; man konnte also nicht erkennen, was er mit seinen Händen tat. Dritter und entscheidender Vorteil: Es war ein Fensterplatz. Zu dumm, dass heute so ein trüber Tag war. Er hoffte trotzdem, dass die Aufnahmen gelingen würden. Er nahm noch einen Schluck aus seiner Tasse, raffte seinen ganzen Mut zusammen und griff in die Innentasche seines Jacketts. Dort war sein Autoschlüssel, der zusätzlich eine getarnte Fernsteuerung enthielt. Die Dokumentenkamera selbst war gut versteckt im Inneren seiner Krawatte. Er rückte sie zurecht, spielte ein wenig mit seinem Schlüssel herum und betätigte dabei den Auslöser. Jetzt hieß es alles oder nichts. Die Automatik war auf zehn Sekunden eingestellt. Während er so tat, als würde er lesen und sich dabei Notizen machen, blätterte er um und schoss weitere Fotos in Serie. Weder ein Geräusch noch ein Lichtsignal verriet die Arbeit der Kamera. Angespannt lauschte er, ob seine Spionageaktivität irgendein Aufsehen erregte, doch es blieb still. Keine Alarmsirene, kein blinkendes Licht, kein aufgeregt herbeilaufendes Sicherheitspersonal. Es schien alles zu klappen.
    Als er das Tagebuch durchfotografiert hatte, warf er aus dem Augenwinkel einen Blick auf das Digitaldisplay seines Schlüssels und stellte erleichtert fest, dass 30 Aufnahmen gemacht worden waren. Er beendete die Aufnahme, schob den Schlüssel zurück in seine Innentasche und setzte die Tasse an seine Lippen. Obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug, war es unmöglich, ein Grinsen zu unterdrücken.
Mein Gott, tat das gut, hin und wieder mal etwas Verbotenes zu tun.
Erst der Flirt mit der Bibliothekarin und

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