Valhalla: Thriller (German Edition)
wir bekommen bald Gesellschaft.«
»Und was sollen wir jetzt machen?«, fragte Roberto. »Wir können doch unmöglich den ganzen Weg zurücklaufen.«
»Der Treppenaufgang«, sagte Hannah. »Wir könnten nachsehen, ob er frei ist, und dann entscheiden, wie es weitergehen soll.«
John dachte eine Weile nach und nickte dann. »Einverstanden«, sagte er. »Eigentlich wollte ich vermeiden, zu schnell an die Oberfläche zu gelangen, aber ich sehe ein, dass wir im Moment keine andere Option haben. Kommt, versuchen wir unser Glück.«
44
V iktor wischte seine Hände an einem Lappen ab und starrte ungläubig auf den Gefangenen. War das denn die Möglichkeit? Wollte seine Pechsträhne denn überhaupt kein Ende nehmen? Mittlerweile begann er selbst ernsthafte Zweifel an seiner Kompetenz zu entwickeln.
Arkadij Lewtschenko war tot. Gestorben unter seinen Händen, einfach so. Dabei hatte die Befragung noch nicht mal richtig begonnen.
Es war ihm ein Rätsel, wie so etwas geschehen konnte.
Viktor hatte schon viele Menschen sterben sehen, etliche davon während seiner Arbeit. Aber noch nie hatte jemand das Zeitliche gesegnet,
ehe
er begonnen hatte. Das ging einfach nicht, es war –
respektlos
. Als würde jemand die Oper verlassen, ehe die erste Arie gesungen worden war.
Sein Blick wanderte zwischen dem Toten und der schief gestellten Holzbank hin und her.
Waterboarding
. Weiße Folter. Hinterließ keine bleibenden körperlichen Schäden und eignete sich damit recht gut für die Ouvertüre. Man brauchte nicht mehr als ein Brett, einen Eimer, etwas Wasser und einen Lappen. Viele der zu Verhörenden plapperten bereits nach der fünften oder sechsten Anwendung, bei manchen brauchte es sogar noch weniger. Aber bei Lewtschenko hatte allein der Anblick ausgereicht, um ihn ins Jenseits zu schicken. Das war unmöglich.
»Sie haben mir doch gesagt, er sei stabil«, stieß Viktor aus. »Was genau meinten Sie damit?« Er hatte nicht übel Lust, diesen Stümper von Arzt auf die Bank zu schnallen und ihm eine Kostprobe seines Könnens zu geben.
»So wie ich es sagte: stabile Herzfunktion, stabiler Kreislauf, einigermaßen guter Allgemeinzustand.« Olgin hob trotzig das Kinn. »Ich verbürge mich für meine Diagnose.«
»Und wieso liegt er jetzt tot vor mir?«
»Da bin ich genauso ratlos wie Sie. Vielleicht hatte er einen Herzanfall. Die Zuckungen würden darauf hin…«
»Ich glaube, ich habe etwas gefunden.« Der Assistenzarzt hatte seine Gummihandschuhe übergestreift und zog etwas aus Arkadijs Mund. Einen kleinen rötlichen Gegenstand, an dem noch Reste von Speichel klebten.
Viktor rümpfte die Nase. »Was ist das?«
»Ich könnte mich täuschen, aber es sieht nach einer Giftkapsel aus. Dem Geruch nach zu urteilen eine Substanz, die den sofortigen Tod herbeiführt. Ich müsste allerdings noch einen letzten Test machen, um sicher zu sein.«
»Worauf warten Sie dann noch?«
Der junge Mann entnahm mit einem Spatel etwas Speichel von der Innenseite des Mundes, strich ihn an einem Reagenzglas ab und füllte klare Flüssigkeit hinzu. Dann setzte er eine zweite Flüssigkeit an. »Eine Eisen-Sulfat-Lösung«, sagte er erläuternd. »Wenn es das ist, was ich glaube, müsste gleich eine Reaktion zu sehen sein.« Er nahm eine Pipette, füllte sie und ließ anschließend ein paar Tropfen davon ins Glas fallen.
Fast umgehend erschien ein blauer Farbton.
Dr. Olgin sog die Luft ein. »Cyanid! Er hatte eine Cyanidkapsel im Mund.«
»Wie bitte?«, stieß Viktor aus. »Haben Sie den Mann denn nicht gründlich untersucht?«
»Nicht seinen Rachenraum, nein. Und selbst wenn: Cyanid ist in kleinsten Dosen wirksam, er hätte es überall verstecken können. Es ist ein hochwirksames Gift, das zu innerer Erstickung führt. Eine Menge von 140 Milligramm ist ausreichend, um einen gesunden Erwachsenen binnen weniger Minuten zu töten. Und Lewtschenko war alles andere als gesund.«
»Trotzdem hätten Sie nachsehen müssen, das ist Ihr Job«, tobte Viktor. »Wissen Sie denn nicht, dass er meine einzige Quelle war? Ohne ihn werde ich nicht herausfinden, wo die Saboteure stecken. Sie elender Versager. Ich hasse Stümpereien, sie können mir den ganzen Tag versauen.«
»Es gab keinen Hinweis darauf, dass der Patient im Besitz eines so hochwirksamen Giftes war«, blaffte Olgin zurück. »Er muss die Kapsel unter seiner Zunge verborgen haben. Außerdem sieht es so aus, als ob es sich um eine besondere Art von Präparat handelt, sehen Sie …« Er
Weitere Kostenlose Bücher