Valhalla: Thriller (German Edition)
war geschlossen, und die Männer im Inneren hatten ihre Atemgeräte abgelegt. Offenbar besaß es eine eigene Filteranlage, die die Luft keimfrei machte. Durch das Fenster war zu erkennen, dass die beiden am Tisch saßen, sich unterhielten und dabei Zigaretten rauchten.
»Seltsam, oder?«, flüsterte Ilka. »Sie scheinen überhaupt nicht aufzupassen.«
John nickte.
Seltsam, allerdings.
Wieso leistete sich jemand den Luxus von Wachpersonal, wenn dieses dann nicht seinen Dienst verrichtete? Oder waren die Sicherheitsbestimmungen hier einfach lascher als an anderen Orten? Ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Er hatte die Russen immer für übervorsichtig gehalten, aber offenbar hatte er sich geirrt.
Er blickte auf die Uhr. Noch fünfundzwanzig Minuten. Theoretisch konnten sie die Zeit verkürzen und jetzt schon die Anlage betreten. Niemand würde sie bemerken, schon gar nicht diese zwei Pappnasen im Häuschen. Wenn die Sicherheitsprozedur am Rollfeld ähnlich lasch war, würden sie hier durchspazieren, ohne dass auch nur eine einzige Menschenseele Verdacht schöpfte.
Eigentlich hätte ihn der Gedanke mit Freude erfüllen müssen, aber komischerweise war das genaue Gegenteil der Fall. Es ging alles zu leicht. Zu glatt. Sein Instinkt sagte ihm, dass etwas nicht stimmte.
»Was ist los?«, fragte Ilka. »Wollen wir denn nicht weitergehen?«
»Ich weiß nicht«, flüsterte er. »Ein Mann von Primakovs Format würde sich doch eine solche Nachlässigkeit nicht erlauben. Nicht nach dem, was im Vorfeld passiert ist.«
»Vielleicht gerade deshalb«, sagte Ilka. »Vielleicht ist er mit den Nerven am Ende. Oder er wurde seines Postens enthoben. Gründe dafür gab es ja genug.«
»Schon, aber dann wäre er doch durch jemand anderen ersetzt worden. Jemand, der alles daransetzen würde, sich zu profilieren. Neue Besen, und so weiter …« Er schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Irgendetwas stimmt nicht, das spüre ich in jeder Faser meines Körpers. Das passt alles nicht zusammen.«
»Was willst du tun?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht …«
»Wir können nicht hier sitzen bleiben. Was, wenn dich dein Gefühl täuscht und alles in Ordnung ist? Hannah und Roberto verlassen sich auf uns.«
»Das weiß ich auch …«
»Aber?«
»Nichts
aber
. Du hast recht. Es bringt nichts, sich den Kopf zu zerbrechen. Solange wir keine neuen Informationen haben, werden wir am alten Plan festhalten. Wir werden also weitergehen.« John entsicherte seine Waffe und stand auf. Sein Magen fühlte sich an wie ein schlaffer Ball, der mit Säure gefüllt war.
*
Hannah hielt den Atem an. Die Tür schwang auf. Einfach so.
Keine Sirene, kein blinkendes Licht, keine aufgebracht herumrennenden Soldaten.
Alles war ruhig.
Vor ihnen lag der Dekontaminationsbereich. Chemische Dusche, Absaugbereich, Umkleide. Standardausstattung für Labors, in denen an gefährlichen Substanzen geforscht wurde.
Der Moment der Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Sie mussten sich jetzt beeilen. Der Code war akzeptiert worden, und sie hatten freie Bahn. Doch dass bisher alles so glattgegangen war, war keine Garantie, dass der Rest auch so reibungslos ablaufen würde.
Wortlos betraten sie den Reinigungsbereich. Sie schlossen die Tür und aktivierten die Sterilisierungsprozedur. Sie wurden besprüht, benebelt und trocken geföhnt, danach wurde die Luft abgesaugt und durch frische ersetzt. Hannah spürte ein Knacken in den Ohren, als der Druckabfall eintrat. Ein grünes Licht blinkte, und auf dem Display erschien die Anzeige:
Dekontaminierung abgeschlossen. Sterilitätsgrad 100 %. Ausziehen der Schutzkleidung erforderlich.
Hannah blickte zu Roberto. »Dann wollen wir mal. Tauschen wir unsere Sachen gegen etwas Frisches. Um ehrlich zu sein, ich kann es kaum erwarten, endlich diesen Anzug ausziehen zu dürfen.«
»Geht mir auch so. Auch wenn ich dich vorwarnen muss: Ich rieche wie ein ungewaschener Iltis.«
Hannah grinste, ging hinüber zu den Umkleiden und wechselte schnell die Kleidung. Für das Personal hingen orangefarbene Overalls in den Spinten, auf denen das Logo von EMERCOM aufgenäht war. Hannah streifte ihre alten Sachen ab, schlüpfte in die neuen und zog den Reißverschluss hoch. Schnell noch die weißen Schuhe übergestreift, dann war sie fertig. Was für ein Unterschied zu der schweren Sicherheitskleidung, die sie bis jetzt angehabt hatten. Es tat so gut, endlich den Helm absetzen zu dürfen und frische Luft zu atmen. Nun, genau
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