Valhalla: Thriller (German Edition)
Obduktion aufbewahrt. Rücktransport, sobald entsprechende Möglichkeiten verfügbar sind. Hast du das?«
Sie nickte. »Was ist mit den Blutungen, sollten wir die nicht noch irgendwo erwähnen?«
»Ich weiß es nicht. Um ehrlich zu sein, ich weiß überhaupt nichts mehr.« Steve zog seine Gummihandschuhe aus und warf sie zu Boden. Hannah konnte sehen, dass ihm die Tränen in den Augen standen. Der arme Kerl war mit den Nerven völlig am Ende.
»Dieser Fall wirft mehr Rätsel auf, als ich in so kurzer Zeit erklären kann, und ich fühle mich hoffnungslos überfordert. Vielleicht bekommen sie ja drüben in Oslo raus, was hier passiert ist. Meine Kompetenz übersteigt es jedenfalls bei weitem.« Seine Freunde standen um ihn herum und klopften ihm auf die Schultern. Selbst Gjertsen war wieder auf den Beinen. Hannahs Taschentuch fest auf die Nase gepresst, kam er zu ihnen herüber und betrachtete Moreaus Leiche. Steve warf ihm einen besorgten Blick zu. »Soll ich mir Ihre Nase mal anschauen?«
Der Commander schüttelte den Kopf. »Machen Sie sich keine Gedanken. Ist nur gebrochen, und das nicht zum ersten Mal. Ich habe sie wieder gerade gebogen, der Rest erledigt sich von allein. Für ein Schmerzmittel wäre ich Ihnen allerdings dankbar.«
»Gebe ich Ihnen«, sagte Steve. »Kommen Sie mit. Im Anschluss daran werden wir uns um Moreau kümmern. Dass niemand von euch ihn berührt, habt ihr gehört?«
Diese Warnung hätte er nicht aussprechen müssen. Es war auffällig, wie sich ein unsichtbarer Kreis um das Sterbebett bildete – niemand wollte dem blutigen Leichnam zu nahe kommen. Für Hannah eine verständliche Reaktion, schließlich konnte keiner mit der Diagnose des jungen Mediziners zufrieden sein. Zu viele Fragen waren unbeantwortet geblieben, zu viele Probleme ungelöst. Etwas Mysteriöses und Erschreckendes umgab das Ableben des Franzosen. Solange die Todesursache nicht eindeutig geklärt war, lag der Verdacht nahe, dass etwas anderes den Mann auf brutale und grausame Weise aus dem Leben gerissen hatte. Etwas, das viel tiefer reichte und seine Wurzeln irgendwo im Herzen dieser kalten, prähistorischen Totenstadt hatte.
Hannah ging zurück zu ihrem Bett. Sie war sicher, kein Auge schließen zu können, nicht nach dem, was soeben passiert war. Doch sie wollte es wenigstes versuchen, schließlich war morgen wieder ein ganz normaler Arbeitstag. Die Beine ausgestreckt, lag sie da und starrte an die Decke. Ihr Hals war merkwürdig rauh. Sie beugte sich vor und nahm einen Schluck aus ihrer Feldflasche. Das Wasser kühlte zwar ihre Kehle, ganz vertreiben konnte es das rauhe Gefühl aber nicht. Sie musste sich räuspern. Verdammter Frosch im Hals. Wo kam der denn auf einmal her?
Noch einmal trank sie einen Schluck. Und dann hörte sie es: ein trockenes, kehliges Husten. Und dann noch eines.
Und noch eines.
14
Zwölf Stunden später …
J ohn trommelte nervös mit den Fingern auf den hellgrauen Resopaltisch im Büro des Majors und starrte hinaus in den Sturm. Die Umrisse der Bodencrew waren durch die peitschenden Schneeschauer nur als verschwommene Schemen zu erkennen. Der Wind zerrte heulend an den Beleuchtungsmasten und ließ das Licht der Scheinwerfer über den Boden zucken.
Der Militärflugplatz Ørland lag auf der gleichnamigen Halbinsel an der Mündung des Trondheimfjords im Nordlandmeer. Er beherbergte einen Teil der norwegischen Luftstreitkräfte, die andere Hälfte war bei Bodø in der Provinz Nordland stationiert. Das Kontingent umfasste Mehrzweckkampfflugzeuge, Trainer, U-Boot-Jäger, Aufklärer sowie Seenotrettungshubschrauber und unbemannte Drohnen. Die fünf Transportflugzeuge in Norwegens Luftwaffe waren vom Typ
Lockheed C130 Hercules
, einem lang gedienten Veteranen, dessen Grundversion noch aus den 1950ern stammte. Das Konzept der Maschine war dermaßen unverwüstlich, dass es als das vielseitigste und am weitesten verbreitete militärische Transportflugzeug der Welt galt. Der durch und durch robuste Schulterdecker konnte mit seinen vier Turboprop-Motoren eine Reichweite von über 3000 Kilometern und eine Höchstgeschwindigkeit von 650 Stundenkilometern erzielen. Die Hercules war sowohl in Wüstenregionen als auch im Dschungel oder im Polargebiet einsetzbar und konnte als Personentransporter 128 vollausgerüstete Kampfsoldaten oder alternativ 92 Fallschirmjäger von einem Ort zum anderen bewegen. Während der Evakuierung von Saigon war es einer Maschine dieses Typs sogar einmal gelungen, 452
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