Valhalla: Thriller (German Edition)
jetzt nach und nach wach wurden.
»Ich glaube, ich werde mal nachsehen, was da los ist«, sagte sie. »Kommst du mit?« Hannah versuchte, sich an den Namen der jungen Frau zu erinnern, aber er wollte ihr nicht einfallen. Marie, oder so.
»Klar, gerne.«
Gemeinsam gingen sie auf die andere Seite. Das Husten hatte an Intensität zugenommen. Es klang jetzt mehr wie ein kurzes, heftiges Schreien, das hin und wieder von panischen Atemzügen unterbrochen wurde. Im bläulichen Licht der Nachtlampen wirkten die Gesichter der Teammitglieder kreidebleich.
»Was ist denn los?«, fragte Marie. »Warum helft ihr dem armen Kerl denn nicht?«
»Tun wir doch«, sagte ein schlanker junger Mann von augenscheinlich indischer oder pakistanischer Herkunft.
»Der klingt ja, als würde er gleich ersticken.«
»Wenn du weißt, was zu tun ist, darfst du gerne ran, ansonsten halt dich einfach zurück, okay? Wir haben keine Ahnung, was mit ihm los ist. Steve hat ihm eine Beruhigungsspritze gegeben und einen Katheter in die Atemröhre gelegt, mehr ist im Moment nicht drin. Könnte sich um einen anaphylaktischen Schock handeln, wobei die Symptome eher ungewöhnlich sind.«
»Wer ist es denn?«
»Oh Gott, habt ihr das denn nicht mitbekommen?« Der Mann blickte sie entgeistert an. Er trat zur Seite, damit Hannah und Marie einen Blick auf ihn werfen konnten. Hannas Herz verkrampfte sich. Es war Moreau!
Er war kaum wiederzuerkennen. Sein Gesicht war aufgedunsen und übersät mit Flecken. Die blutunterlaufenen Augen waren weit aufgerissen und irrlichterten orientierungslos hierhin und dorthin. Seine Haut war schweißüberströmt, das Haar klebte ihm wie Seetang am Kopf. Seine Venen traten unnatürlich plastisch hervor. An der Stirn, dicht neben dem Haaransatz, schien ein Gefäß geplatzt zu sein. Ein Blutstropfen rann die Schläfe hinunter. Steve tupfte ihn weg, doch es trat immer wieder frisches Blut hervor. Der Körper des Franzosen wurde von konvulsiven Zuckungen erschüttert, die ihn wie Stromschläge schüttelten. Ein grauenhaftes Heulen drang aus dem Atemschlauch.
Steve lagerte die Beine hoch und ertastete den Puls. Was er spürte, schien ihm nicht zu gefallen.
»Und?«
»Kreislaufkollaps. Flacher Puls, erweiterte Blutgefäße, Schleimhäute geschwollen. Wir müssen Adrenalin verabreichen. Wer hilft mir?«
Sofort waren ein paar Freiwillige da. Sie hielten die Infusionsflaschen, halfen dabei, die Venenkanüle zu legen, und versuchten, den Patienten zu stabilisieren. Das war leichter gesagt als getan, denn Moreau wehrte sich mit Händen und Füßen. Obwohl er scheinbar orientierungslos war, leistete er doch genug Widerstand, um das Setzen der Adrenalinspritze zu einem Drahtseilakt werden zu lassen. Steve versuchte, ihn mit sanften Berührungen und Worten zu beruhigen, doch als das nichts nützte, griff er zu härteren Maßnahmen.
»Es hilft nichts, Leute, hier sind Klettbänder. Helft mir, ihn zu fixieren. Am besten seitlich, am Rahmen des Feldbettes. Hier die Bänder für Arme und Beine, ich übernehme den Kopf. Schnell jetzt, es kommt jetzt auf jede Sekunde an.«
Mit Entsetzen sah Hannah, wie die fünf Leute gegen den zappelnden Wissenschaftler ankämpften. Einer davon war Gjertsen, der nun beileibe kein Schwächling war. Doch selbst er hatte Probleme, den Mann zu bändigen. Wenn dies eine allergische Reaktion war, so war es die heftigste, von der sie je gehört hatte.
Doch irgendwann hatten sie es geschafft. Moreau lag still, nur das Pfeifen aus seinem Atemschlauch war zu hören.
»Was könnte den Schock ausgelöst haben?«, fragte sie, nachdem die Infusion gelegt worden war.
Steve zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht ein Nahrungsmittel, vielleicht aber auch ein bestimmtes Medikament, ein Insektengift oder Aeroallergen.«
»Ein
Aeroallergen?
«
»Pollen. Wobei man das hier unten wohl ausschließen kann. Ebenso das Gift von Insekten. Hier gibt’s keine Insekten, oder hat einer von euch schon eines gesehen?«
Allgemeines Kopfschütteln.
»Na, wie auch immer, er scheint sich jetzt endlich zu beruhigen. Ich denke, wir können ihn langsam wieder losbinden und mit der Versorgung seiner Wunden beginnen.«
Ehe er jedoch dazu kam, bäumte der Franzose sich plötzlich auf und entwickelte eine solche Kraft, dass die Klettbänder, mit denen seine Arme fixiert waren, zerrissen. Seine rechte Hand schoss empor und legte sich wie eine Schraubzwinge um Steves Hals. Dem Arzt traten die Augen aus dem Kopf. Mit beiden Händen
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