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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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hervorgekramt und haarklein durchgekaut und alle nahmen Hal seine Rolle in der ganzen Angelegenheit ziemlich übel. Auch wenn er immer noch, wie es sich gegenüber einem gefährlichen Mörder gehörte, mit äußerster Behutsamkeit behandelt wurde, ließ man ihn jetzt allgemein links liegen und machte auf den Feldern und in der Halle einen großen Bogen um ihn.
    Hal tat so, als machte ihm das nichts aus, aber es bedrückte ihn schon, dass ihn die anderen schnitten. Mehr denn je bereute er seine Rückkehr nach Hause in diese von Feindseligkeit, Neid und albernen Ängsten geprägte Stimmung. Von allen Häusern, die er unterwegs gesehen hatte, war das seiner Eltern mit Abstand das kleinste und heruntergekommenste. Die ausgeschmückten Beschreibungen in den alten Geschichten kamen ihm jetzt lächerlich vor. Hal hielt es nicht mehr in der Gesellschaft seiner Familie aus und seine Familie nicht in seiner, aber jetzt wurde es Winter, und er konnte nirgendwohin. Die Gräber auf dem Hügelkamm waren unter dem Schleier aus Nebel und Wolken nur noch selten zu sehen.
    Nur zwei Dinge munterten ihn ein wenig auf. Zum einen, dass Katla auf einmal wieder bereit war, mit ihm zu reden. Angesichts seiner neuesten haarsträubenden Missetaten schien ihr Unmut verflogen zu sein, und sie gewöhnte sich an, ihm, wenn er wieder einmal ganz allein in seinem Zimmer saß, die Suppe zu bringen.
    »Vielen Dank, Katla. Ich bin froh, dass wenigstens du mich nicht für einen Verbrecher hältst.«
    »Ganz im Gegenteil. Ich glaube sogar, dass du verflucht bist, vom Schicksal für einen schrecklichen und frühen Tod auserwählt. Das ist nun mal das Los von Mittwinterkindern, das hab ich ja schon immer gesagt, und der Lauf der Dinge gibt mir recht. Hier – bitte schön! Du hast mein Mitgefühl und, solange du noch hier bei uns bist, meinetwegen auch meine Suppe. Erzähl mir von Olaf. Wie hast du ihn denn nun umgebracht?«
    Der andere, noch größere Trost war Auds bevorstehender Besuch. Nachdem der Stern der Hakonssons so jäh gesunken war und die Schiedsleute des Tales den Svenssons daraufhin umso wohler gesinnt waren, hatte Ulfar Arnesson unverzüglich seinen Mantel nach dem Wind gehängt und seine Pläne hinsichtlich seiner Tochter geändert. Noch ehe irgendjemand die Halle der Rurikssons verlassen hatte, war er zu Astrid gelaufen und hatte die Absprache bezüglich Auds Besuch erneuert. Sie wurde in den nächsten Tagen erwartet.

    Neuschnee lag auf den Feldern, bald würde die Straße hinter den Wasserfällen vor Schneewehen und Glatteis unpassierbar sein. Eine Woche nach dem Vorfall tauchten am Nordtor drei Reiter auf. Zwei davon, kräftige Gefolgsleute der Arnessons, gaben ihren Pferden gleich wieder die Sporen und traten den Rückweg ins Untertal an, die dritte Reiterin, Aud, betrat lächelnd die Halle.
    Zur Feier ihrer Ankunft gab man ein Fest, an dem so gut wie das ganze Haus teilnahm, nur Arnkel nicht, der krank im Bett lag.Was über seinen Zustand zu hören war, klang bedenklich, weshalb die Stimmung in der Halle bedrückt und angespannt war.
    Aud trug ihre vornehmste Kleidung und hatte die Haare zur Feier des Tages zu einem Drachenschweif geflochten. Leichtfüßig ging sie von einem zum anderen und begrüßte ihre Gastgeber. Hal, der etwas abseits stand und zusah, stellte fest, dass ihre anmutige Erscheinung fast überall Anklang fand. Nur Gudny blieb eher zurückhaltend im Hintergrund.
    Schließlich kam Aud auch zu ihm, dicht gefolgt von Leif. Hal verbeugte sich förmlich. »Freut mich, dich wiederzusehen.«
    »Mich auch, Hal Svensson. Ist ja auch schon ewig her.« Sie blickte verschmitzt drein. »Was hast du denn die ganze Zeit so getrieben?«
    »Ach, nichts Besonderes.«
    Leif trat zwischen die beiden. »Vergeudet doch nicht Eure Zeit mit diesem Halunken, Fräulein Aud. Kommt mit, ich zeige Euch die Waffen des großen Sven. Ich kann Euch viele Geschichten über ihn erzählen...«
    Aud ließ sich von ihm wegführen, grinste Hal aber noch einmal über die Schulter hinweg an.
    Am nächsten Morgen hingen die Wolken so tief, dass sie sogar das Dach der Halle verschluckt hatten. Nur der Schneesturm ließ noch auf sich warten. Trotzdem spürten alle das aufziehende Unwetter. Die letzten Tiere wurden auf den Hof getrieben, wo sie warm und dampfend in ihren Ställen standen.
    An diesem Tag nahmen Astrid und Leif den größten Teil von Auds Zeit in Anspruch, sodass Hal kaum dazu kam, ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Als er sie von Weitem

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