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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Wange lief. Ragnar zuckte zurück und ließ Hal los.
    Daraufhin kletterte Ulfar Arnesson von der Tribüne und eilte den Hakonssons zu Hilfe. Er drosch mit den Fäusten auf Leifs Rücken und Bauch ein, was aber wirkungslos blieb. Leif und Hal wollten ihre Mutter aus dem Getümmel hinausbringen und halfen ihr über die umgekippten Stühle.
    Zahlreiche Zuschauer aus Ruriks Haus, die noch keinen Gegner gefunden hatten, standen unschlüssig am Rand des Geschehens, bis sie schließlich auf die Idee kamen, übereinander herzufallen. Sie standen den dreien im Weg. Hal und Leif sahen sich ein wenig ratlos um und wollten wieder kehrtmachen.
    Da trat Ulfar Arnesson Leif kräftig in den Hintern. Das bemerkte Leif, drehte sich um und schlug einmal zu, worauf Ulfar wie ein Kreisel herumtrudelte, der alten Gestsson direkt in den Stock, der ihn geradewegs in die weiten Röcke der allerdicksten, am allerlautesten zeternden Schiedsherrin stieß. Deren Stuhl brach unter dem Gewicht der beiden zusammen.
    Leif und Astrid bahnten sich mühsam einen Weg mitten durch die Halle zwischen den Grüppchen aufeinander einprügelnder Männer hindurch. Hal, der dicht hinter ihnen herging, schaute sich um. Er sah, wie sich Hord Hakonsson schwerfällig aufrappelte, sich benommen umschaute und wie jähes Begreifen in seinem Blick dämmerte. Er sah, wie Hord ihn entdeckte, in seine Jacke griff und ein Jagdmesser hervorzog …
    Hal zeigte auf Hord und brüllte etwas, aber das allgemeine Getöse übertönte ihn.
    Hord stapfte mit gezücktem Messer los.
    Hal wich zurück, wurde aber von den wogenden Menschenmassen geschubst, bedrängt und behindert.
    Hord kam immer näher.
    Helga Thordsson, die begriffen hatte, dass sie sich mit ihrer Stimme allein nicht mehr durchsetzen konnte, erhob sich würdevoll, packte ihren Stuhl mit einer Hand und marschierte hinter Hord her. Mit einer Kraft wie jemand, der es gewohnt ist, lahmende Schafe von hochgelegenen Weiden ins Tal hinabzutragen, holte sie mit dem Möbel aus und ließ es auf Hords Hinterkopf niedersausen.
    Hord krachte wie ein betäubter Ochse zu Boden. Das Messer entglitt seiner Hand und trudelte über den Fußboden. Die kreiselnde Klinge blitzte und funkelte.
    Als hätte es dröhnend laut gescheppert, zog die Waffe mit einem Schlag alle Blicke auf sich. Die Kämpfenden ließen die Bärte, Nasen, Ohren und Pferdeschwänze ihrer Gegner los und standen stumm und ein wenig betreten da. Hal,Astrid, Leif, Ragnar und die alte Gestsson, Ulfar Arnesson, der immer noch in den Röcken der Schiedsherrin der Ormssons strampelte – alle hielten ein und schauten auf das sich drehende Messer.
    Die Drehung verlangsamte sich... das Messer lag still.
    Helga Thordsson, den Stuhl noch in der Hand, strich sich mit der anderen Hand das Haar aus dem Gesicht. Sie war ein wenig ins Schwitzen gekommen. »Ich glaube, wir sollten jetzt einfach damit aufhören«, sagte sie, und diesmal brauchte sie nicht erst laut zu werden. »Wir sollten uns alle schämen. Uns ausgerechnet bei einer Ratsversammlung derart gehen zu lassen! Dass ich hier einen Gewaltausbruch erleben muss, wo doch Vernunft und kluge Überlegung regieren sollten, macht mich so wütend, dass es mich in den Fingern juckt, euch einem wie dem anderen Verstand einzuprügeln. Aber ich bin genauso schuld.« Sie schleuderte den Stuhl weg, der polternd und quietschend über die Steinfliesen schlitterte. »Keiner von uns darf sich von seiner Mitschuld freisprechen«, fuhr sie fort. »Wir sind das Gift immer noch nicht los. Anscheinend können noch so viele Jahre vergehen, können wir unsere Familien noch so oft durch Heiraten miteinander verbinden – den alten Wahnsinn, der die Helden gequält hat, haben wir immer noch im Blut.Wie bereitwillig wir übereinander herfallen, wir alle – Alte und Junge, Männer und Frauen. Ja, wir tragen das Gift alle noch in uns. Aber nur eine Partei«, ihr Ton wurde scharf, »hat es gewagt, zur Waffe zu greifen, hat es, müsste ich eigentlich sagen, wieder gewagt, denn über genau so ein Verbrechen wollen wir heute eigentlich zu Gericht sitzen. Hord Hakonsson, wir sind alle Zeugen deines Verhaltens geworden, und es besteht kein Anlass, die Umstände anzuzweifeln, die zu Brodir Svenssons Tod geführt haben. Dafür sollst du Strafe zahlen und das nicht zu knapp. Eine zusätzliche Strafe kostet es dich, dass du heute vor aller Augen wieder zur Waffe gegriffen hast. Dass du dafür viel Land einbüßt, ist uns anderen hoffentlich Warnung genug, unsere

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