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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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du drauf, dass ich umkehren will? Auf geht’s!« Ärgerlich warf er sein Bündel wieder über die Schulter und nahm Aud an der Hand. Ihre Hand war kälter als seine und (so glaubte er zu spüren) zitterte ein wenig. »Wir beide. Zusammen.«
    »Zusammen.«
    Gemeinsam liefen sie den Hang hinauf, so schnell sie konnten.

21
    Unter Svens Herrschaft wurden die Banditen, Diebe und Wegelagerer, die diese Gegend einst unsicher gemacht hatten, talabwärts gejagt oder am Galgen im Hof aufgeknüpft. Die Trolde jedoch trieben weiterhin ihr Unwesen. Sven unterwies seine Leute zwar in entsprechenden Kampftechniken, aber die meisten Männer schraken davor zurück, es mit den Biestern aufzunehmen. Die Klauen der Trolde waren so scharf, dass sie die dickste Rüstung zerschnitten, ihre Zähne waren spitz wie Nadeln, ihre Haut war so zäh, dass ihr das beste Schwert kaum etwas anhaben konnte. Des Nachts, vorausgesetzt sie blieben in Berührung mit weichem Erdboden, besaßen ihre abstoßend mageren Arme übernatürliche Kräfte. Nur wenn man sie auf steinernen oder hölzernen Untergrund lockte, schwanden diese Kräfte, und die Opfer hatten eine Chance, sich zu befreien. Solange die Sonne schien, verkrochen sich die Trolde in Erdspalten oder in der Halle ihres Königs oben im Hochmoor, aber kaum wurde es dunkel, kamen sie hervor und gingen auf die Jagd nach Menschenfleisch.
    Schnee wehte ihnen ins Gesicht, das hohe Gras peitschte um ihre Waden. Schneller, immer schneller stürmten sie den Hang hinauf. Acht Schritte, neun... Sie sprangen über die alte Schafmauer. In Hals Bündel klirrte und schepperte es. Achtzehn Schritte, neunzehn... Das letzte steile Stück. Hal sah wieder die Überreste des entlaufenen Schafs vor sich, die zwischen den Felsen verstreuten Fleischfetzen... Aber um es sich anders zu überlegen, war es zu spät, er hätte beim besten Willen nicht mehr anhalten können. Dreiundzwanzig Schritte, vierundzwanzig... schon ragten die vordersten Gräber vor ihnen auf, geduckt, uralt, schief und weiter auseinanderstehend, als es von unten aussah. Die Steinhügel tanzten vor Hals Augen, als wären sie lebendig.
    Einunddreißig Schritte, zweiunddreißig …
    Aud fasste seine Hand fester, kratzte mit den Nägeln über seinen Handrücken.
    Einer lief links an dem Hügelgrab vorbei, der andere rechts, die Arme mit den verschränkten Händen hoben sie drüber weg. Noch drei stolpernde Schritte auf dem unebenen Boden...Hal hielt Auds Hand so fest umklammert, dass sich ihm ihre Fingernägel in die Haut gruben.
    Sie rannten und rannten, dann waren sie am nächsten Grab auf Hals Seite vorbei, hatten den Hügelkamm erreicht, waren sogar schon ein Stück bergab auf dem verbotenen Hochmoor und rannten immer noch weiter.
    »Hal...« Aud zog ihn am Arm. »Wir können... wir können jetzt stehen bleiben.«
    Er sah sie mit verwirrtem Blick an. Ja. Ja, es war geschafft. Hal zwang sich, langsamer zu gehen, ruhiger zu atmen, und blieb gleichzeitig mit Aud stehen. Ein letzter Schritt... Stille. Sie hielten sich noch einen Augenblick an den Händen, dann ließen sie einander los.
    Ringsum war es ganz still. Sie waren außer Atem. Aud hatte die Hände auf die Knie gestützt, Hal hielt immer noch die Sichel stoßbereit erhoben und ließ sie langsam sinken.
    Sie standen auf einer endlosen Fläche aus Gras und schmelzendem Schnee. Zu beiden Seiten war alles grün und weiß. Hier und da ragte schwarz und steil wie ein einzeln stehendes Haus ein Felsen auf, sonst lag das Hochmoor verlassen da, einsam, sanft gewellt. Ein Stück vor ihnen fiel der Boden ab, ehe er zu einem niedrigen, kegelförmigen Berg wieder anstieg. Dahinter kam erst eine Kluft, dann – allem Anschein nach genauso fern wie eh und je – das wohlbekannte grauweiße Gebirgsmassiv.
    Hal drehte sich um.Von hier aus wirkten die Hügelgräber niedriger, eine Doppelreihe dunkelgrauer Buckel, die über etwas bläulich Verschwommenes wachten – das Tal, das sie beide so plötzlich und mühelos hinter sich gelassen hatten.
    Aud richtete sich wieder auf und lachte vor Erleichterung. »Geschafft!«, verkündete sie. »Mensch, Hal! Wovor hatten wir bloß solche Angst?«
    Das Gras vor ihren Füßen wogte auf einmal, etwas Dunkles schoss heraus. Aud schrie auf.
    Eine kleine Bergente erhob sich mit schrillem Schrei in die Lüfte und flog in weitem Bogen über den Hügelkamm davon.
    Hal hatte mit erhobener Sichel einen Satz rückwärts gemacht. Jetzt brach er in Gelächter aus. »Eine Ente! Das war

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