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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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gleiten.
    »Meinst du, das Wetter hält?«, fragte er.
    »Klar. Du hast doch wohl keine Angst, oder? Raus mit der Sprache!« Aud stand ein Stück weiter oben und schaute auf ihn herunter. Sie hatte die Haare unter die Kapuze gesteckt, was sie, zusammen mit der Jacke und den Hosen, die sie von Hal geborgt hatte, seltsam männlich aussehen ließ. Ihr fiel das Klettern leichter als ihrem Freund. Sie hatte sich schon ein paarmal auf einen Felsen gesetzt und mit überlegener Miene gewartet, bis er sie schnaufend eingeholt hatte.
    »Überhaupt nicht.« Mit drei langen Schritten war er bei ihr. »Es ist bloß ein bisschen steil.«
    »Du hast den Weg doch selbst ausgesucht.Warum haben wir nicht den Pfad dort drüben genommen?« Sie zeigte nach Osten. »Der ist bestimmt nicht so anstrengend.«
    »Aber vom Haus aus besser zu sehen. Hier sind wir bald außer Sichtweite. Nur für den Fall, dass jemand ausnahmsweise heraufschaut.«
    »Soll ich dir ein Weilchen dein Bündel abnehmen?«
    »Nein danke«, antworete Hal gekränkt.
    »Weil ich ein Mädchen bin? Bitte schön. Du hast dir die Schlepperei schließlich selbst zuzuschreiben.«
    Er rückte das Bündel noch einmal zurecht. »Vielleicht brauchen wir die Sachen ja noch.«
    »Ach, Unsinn. Es ist helllichter Tag. Aber jetzt komm weiter. Wo ist überhaupt die eingestürzte Mauer, von der du mir erzählt hast?«
    »Die kommt gleich. Hinter dem Vorsprung da vorn.«
    Im vergangenen Sommer, bei seinem ersten Aufenthalt auf der Hochweide, hatten blaue und gelbe Blumen die Wiese gesprenkelt, Bienen hatten zwischen den wogenden Halmen gesummt und das alles hatte einen die Nähe der Grenze vergessen lassen – zumindest tagsüber. Jetzt, wo die teilweise noch von harschem, schmutzigem Schnee bedeckte Weide hinter der Kuppe in Sicht kam, wirkte der Anblick völlig anders auf Hal. Die Hütte kauerte wie ein Bettler auf dem Hang, der Wind pfiff um ihre Feldsteinmauern. Dahinter konnte man eine unregelmäßige, durchbrochene Linie erkennen – die halb eingestürzte Schafmauer, die zwischen kleinen, aus dem Schnee ragenden Felsbrocken verlief. Wieder dahinter erhob sich vor dem ansonsten leeren, diesig grauen Horizont die Reihe der Hügelgräber.
    Mit einem Mal waren die Gräber ganz nah.
    Sowohl Hal als auch Aud wurden langsamer, obwohl der Boden hier beinahe eben war. Keiner sah den anderen an.
    Die Gräber waren grau und moosbewachsen, in den Ritzen zwischen den Steinen klebten noch Schneereste. Die meisten dieser Steinhügel standen ein gutes Stück voneinander entfernt, manche neigten sich jedoch wie in verstohlener Vertraulichkeit zueinander.
    Hal und Aud blieben stehen. Der Wind peitschte ihnen ins Gesicht. Sonst war nichts zu hören.
    Die Gräber standen oben auf dem Hügelkamm, das Moor dahinter war von hier aus noch nicht zu sehen. Dazu musste man bis zu den Gräbern hinaufsteigen.
    Weit war es nicht. Ungefähr zwanzig Schritte, höchstens dreißig. Sie brauchten nur weiterzugehen.
    Sie rührten sich nicht von der Stelle.
    »Tja, jetzt kann uns nichts mehr aufhalten, was?«, sagte Hal.
    »Nein.«
    »Dann sollten wir’s endlich tun.«
    »Da hast du recht.«
    »Wir haben lange genug drüber geredet. Wozu noch warten?«
    »Stimmt.«
    »Stimmt...« Hal blies die Wangen auf und stieß entschlossen die Luft aus. »Willst du vielleicht erst etwas essen? Wir können uns in die Hütte setzen, ein bisschen verschnaufen und uns überlegen, wie wir...«
    »Ich glaube«, unterbrach ihn Aud, »wir sollten die Beine in die Hand nehmen und die Sache so schnell wie möglich hinter uns bringen. Hal? Hörst du mir überhaupt zu?«
    Hal, dem nicht nur wieder eingefallen war, welchen schrecklichen Tod das Schaf im letzten Sommer gestorben war, sondern auch Katlas Erzählung von dem halb aufgefressenen Jungen, gab sich einen Ruck. »Wie bitte? Ach so. Hinter uns bringen. Gute Idee. Und das hier nehmen wir mit.« Er ließ sein Bündel vom Rücken gleiten und holte eine Sichel mit einem Holzgriff und einer breiten, gebogenen Klinge heraus. Das Metall war mit Rostflecken übersät, und die Spitze war abgebrochen, aber die Schneide war noch scharf. »Man weiß ja nie.Willst du auch eine Waffe?«
    »Nein! Ich hab’s dir schon tausendmal gesagt: Es wird rein gar nichts passieren! Es gibt keine Trolde, Hal! Das sind alles Lügen und Märchen. Schluss, aus, Ende.«
    »Hoffentlich hast du recht.«
    »Ich kann auch allein weitergehen«, gab sie schnippisch zurück. »Kehr du um, wenn du willst.«
    »Wie kommst

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