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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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auf. Er rappelte sich wieder hoch und sah hin. Das Mondlicht hatte sich einen Weg durch den weißen Dunst gebahnt und schien nun auf einen verlorenen Helm, blondes Haar, einen kurz geschorenen Bart und ein rotwangiges, offenes Gesicht. Es gehörte Einar aus Hakons Haus, mit dem sich Hal letztes Jahr angefreundet hatte. Einars Augen blickten starr zum Himmel, sein Mund war zu einem schiefen Grinsen verzerrt.
    Hal fuhr entsetzt zurück. Um ihn her tobte ein Gewühl aus schwer atmenden, miteinander ringenden, aufeinander einschlagenden Männern. Metall ließ Holz splittern, dunkles Blut spritzte aufs Pflaster.
    Die Hakonssons waren eigentlich gut zu erkennen. Sie trugen lange Kettenhemden, die bei jeder Bewegung dumpf klirrten. Ihre Köpfe steckten in runden Helmen mit langen Nasenschützern und geschwungenen Wangenklappen, die Augen wirkten darunter wie stumpfe schwarze Schlitze. So gewandt und erbarmungslos, wie sie mit den Schwertern um sich hieben, erinnerten sie kaum noch an Menschen, sondern eher an Wesen aus einer uralten Sage.
    Die Verteidiger von Svens Haus hatten keine Rüstungen, ihre Köpfe waren ungeschützt, aber auch sie hieben unter lautem Schlachtgebrüll so entschlossen um sich, dass man sie in dem Durcheinander und bei der kärglichen Beleuchtung kaum von den Feinden unterscheiden konnte.
    Vor Hals Füßen blinkte etwas. Es war das Schwert, das Einars starrer Hand entglitten war.
    Hal steckte sein eigenes Messer weg und hob das Schwert auf. Es war unhandlich und ungewohnt schwer.
    Ein Stück entfernt, an der Troldmauer, regte sich etwas. Eine kleine Gestalt sackte in sich zusammen, eine zerbrochene Mistgabel knallte scheppernd auf die Steine.
    »Kugi!« Hal flitzte los, aber das schwere Schwert behinderte ihn. Da kam mit fliegenden dunklen Haaren eine Wilde aus der Dunkelheit gestürmt, die ein langes Messer schwang. Es war die Gerberin Unn, die Kugi zu Hilfe eilte und einen behelmten, gepanzerten Hakonsson zum Rückzug über die Mauer zwang.
    Nun tauchte rechts von Hal ein weiterer, hochgewachsener Angreifer auf. Er hielt sein Schwert lässig und hatte es offenbar auf einen Jungen abgesehen, der mit dem Rücken zur Mauer auf dem Boden kauerte. Der Junge war Unns Sohn Brusi, der den kläglichen Rest eines mittendurch gehauenen Sensenstiels in der Hand hielt.
    Hal fuchtelte ungeschickt mit seinem Schwert in die Richtung der beiden, stürzte nach vorn …
    ... als von der anderen Seite eine Gestalt angehumpelt kam und mit einer Eisenstange auf den Schwertarm des Hakonssons einschlug. Der Angreifer jaulte vor Schmerz laut auf, ließ seine Waffe fallen und wich, sich den Arm haltend, hastig zurück. Als Hal ihn fast eingeholt hatte, duckte er sich seitlich weg, hechtete über die eingestürzte Mauer und plumpste geradewegs in den Misthaufen.
    Seine Flucht schien einen allgemeinen Rückzug auszulösen. Zwei andere behelmte Krieger ließen abrupt von ihren Gegnern ab, sprangen ebenfalls über die Mauer und verschwanden im Nebel. Der Aufruhr legte sich, die müden Männer und Frauen ließen die Waffen sinken.
    Hal nahm es nur aus dem Augenwinkel wahr, denn er starrte mit offenem Mund die Gestalt mit der Eisenstange an.
    »So sieht man sich wieder«, begrüßte ihn die schwer atmende Aud.
    Hal antwortete nicht. Die anderen sammelten sich in dem engen Hof um ihn, er musste sich um sie kümmern. Mit Ausnahme von Unn, die Brusi auf die Beine half, wirkten sie alle ziemlich lädiert. Die meisten hatten Wunden an Armen oder Oberkörper, viele hatten ihre Waffen eingebüßt oder hielten nur noch Bruchstücke in den Händen. Etliche Tote lagen auf dem Pflaster.
    Unns Messer glänzte feucht und dunkel. Sie strahlte triumphierend über das ganze grobe Gesicht. »Das war ja ein Kinderspiel, Hal! Sven wäre stolz auf uns! Heute Nacht werden wir lange feiern!«
    »Hoffentlich«, erwiderte Hal knapp. »Sturla, Brusi, wenn ihr beide unverletzt seid, habe ich einen Auftrag für euch. Geht schnell die Mauer ab und legt die Holzpuppen um, damit man sie von draußen nicht mehr sieht. Wenn die Hakonssons sich noch mal umdrehen und die Puppen unverändert dastehen, merken sie, dass die Wachen nicht echt sind. Beeilt euch.«
    Die beiden jungen Männer eilten davon. »Ihr habt euch tapfer geschlagen«, lobte Hal die Gerberin und die anderen Umstehenden. »Wie viele wollten hier eindringen? Wie viele haben wir verloren?«
    »Sieben sind über die Mauer gekommen«, antwortete Unn, »vier konnten fliehen. Was uns betrifft... sieh

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