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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Schein. Eine stand im Stroh neben einer Box, die andere schaukelte in Olaf Hakonssons Faust. Auch er und sein Bruder Hord waren reisefertig. Ihre Pferde, hübsche Tiere alle beide und schlanker als die Rassen im Obertal, waren gezäumt und gesattelt und fraßen brav aus ihren Futterbeuteln. Hord hielt sie locker am Zügel. Sowohl er als auch Olaf trugen Reisemäntel, die sie zum Schutz vor der Morgenkühle am Hals eng zugebunden hatten. Ihre Stiefel waren sauber und blank poliert. Wie schon am Vortag bei dem Festessen sah man auf den ersten Blick, dass es sich um vornehme, bedeutende Persönlichkeiten handelte.
    Im Gegensatz dazu trug Hals Onkel Brodir dieselben Kleider wie am Vorabend. Sein Jacke war fleckig und zerschlissen, die Ärmel waren ausgefranst, die Hosen zerknittert, sein Haar war ungekämmt. Er machte den Eindruck, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Er hatte eine albern herausfordernde Haltung eingenommen, den Kopf ein wenig schief gelegt und einen Daumen in den Gürtel gehakt. Mit der anderen Hand gestikulierte er übertrieben in Richtung der beiden Hakonssons.
    Was er eigentlich vorbrachte, war nicht zu verstehen, denn Hord und Olaf fielen ihm immer wieder entrüstet ins Wort, aber Hal nahm nicht an, dass es sonderlich besonnen oder klug war. Anscheinend führten die drei die beim Essen begonnene Auseinandersetzung fort. Olaf Hakonsson schien besonders wütend zu sein – er redete fast so viel wie Brodir und fuchtelte dazu wüst mit den Armen herum. Die Laterne in seiner Hand warf unheimliche Schleifen und Kringel an die Stallwände, was die Pferde der Svenssons erschreckte und ausschlagen ließ.
    So gern Hal seinen Onkel auch mochte, so sehr wünschte er jetzt, sein Vater oder seine Mutter – seinetwegen auch Eyjolf – würden kommen und ihn dort wegholen. Aber alles war noch morgendlich still. Allem Anschein nach hatten die Hakonssons so früh wie möglich abreisen wollen, noch ehe ihre Gastgeber aufstanden.
    Hal überlegte, ob er seine Eltern vielleicht wecken sollte, aber er konnte sich einfach nicht von der Szene auf der anderen Seite des Astlochs losreißen.
    Jetzt zeigte Brodir höhnisch mit dem Finger auf die Hakonssons, und Hal konnte ihn zum ersten Mal richtig verstehen: »Dann reitet mal schleunigst euren Frauen hinterher! Die haben bestimmt wie die Aaskrähen auf den Bäumen genächtigt.« Er schwankte ein wenig und grinste dümmlich über seinen eigenen Witz.
    Olaf erwiderte zornbebend und mit überschnappender Stimme: »Svens Familie ist weit und breit als Haufen inzüchtiger Trunkenbolde bekannt, die nicht mal quer über den Hof gehen können, ohne dass sie über ihre sechszehigen Füße stolpern. Außerdem ist eure Familie in unserer Gegend dafür bekannt, dass sie erbärmlich wenig Land besitzt, was auch dir nicht entgangen sein dürfte, Brodir.« Brodir antwortete mit einer derben Beschimpfung, doch Olaf fuhr ungerührt fort: »Nach diesem Besuch können wir dem noch einiges hinzufügen. DieVögel sollen von den Dächern pfeifen, was ihr für schlechte Gastgeber seid, und sie werden Lieder über deinen zwergenhaften Neffen zwitschern, der so hässlich ist, dass ihm die Berge den Rücken zukehren und die Flüsse sich von ihren Ufern zurückziehen, wenn er niederkniet, um aus ihnen zu trinken.«
    Hord Hakonsson tätschelte seinem Bruder beschwichtigend den schmalen Rücken und deutete auf die Pferde. »Das hat doch alles keinen Zweck. Lass den Trunkenbold dummes Zeug reden, so viel er will.«
    Olaf nickte widerstrebend, ergriff aber doch noch einmal das Wort: »Du bist bekannt dafür, dass du viel herumkommst, Brodir.Vielleicht begegnen wir uns ja eines schönen Abends auf einer einsamen Straße und können unsere Unterhaltung fortsetzen. Der Rat hat den alten Streit zwar beigelegt, aber in unserer Gegend erinnert man sich sehr wohl noch daran, was du getan hast.Vergiss das nie!« Olaf wandte sich ab und nahm Hord die Zügel seines Pferdes ab. Dann stellte er die Laterne auf den Boden und schwang sich geschmeidig in den Sattel. Hord tat es ihm nach. Die beiden Brüder dirigierten ihre Reittiere neben Ragnars Pferd. Brodir trat torkelnd einen halben Schritt zurück und ließ sie vorbei.
    Als sie in der offenen Stalltür standen, rief er ihnen nach: »Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, sorgt dafür, dass ihr ein paar Verbündete aus anderen Häusern mitbringt. Mein Neffe mag zwar hässlich wie ein Trold sein, aber er ist wenigstens kein Feigling, wogegen sich euer Junge

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