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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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der kleinen Messer, mit denen man gemeinhin Käse schnitt, Hufe auskratzte, Obst entsteinte und hunderterlei Alltagstätigkeiten verrichtete.
    Hal lag da, die Finger immer noch in Ragnars Stiefel gekrallt, und sah hilflos zu.
    Er sah, wie Olaf Hakonsson auf Brodir zuging, kurz ausholte und ihm einen einzigen, tödlichen Stich ins Herz versetzte.
    Olaf warf das Messer ins Stroh, machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder zu seinem Pferd.
    Hord Hakonsson ließ Brodir zu Boden fallen und ging ebenfalls zu seinem Pferd. Dabei sah er Ragnar an und sagte etwas zu ihm. Der Stiefel auf Hals Kehle drückte noch einmal fester zu, dann wurde er weggenommen. Ein Mantel wehte, Stiefel raschelten im Stroh – Ragnar war weg.
    Hal lag reglos und mit weit aufgerissenen Augen da.
    Er hörte die Pferde der Hakonssons im Schritt durch den Hof gehen. Die anderen Pferde im Stall stampften unruhig und wieherten, manche traten gegen ihre Boxen, weil sie der Blutgeruch unruhig machte.
    Hal rührte sich immer noch nicht. Kurz darauf hörte er anfeuernde Rufe und dann Hufgeklapper, als die Hakonssons aus Svens Hof und ins Tal hinunterpreschten.

IN JENEN TAGEN, als noch die Trolde ihr Unwesen trieben, wagte sich kaum jemand ins Hochmoor hinauf. Sven jedoch war neugierig und wollte wissen, was es dort oben wohl zu sehen gab. »Bei Tag kommt doch kein Trold heraus«, erwiderte er, als ihn seine Mutter anflehte, daheimzubleiben, »und ehe es dunkel wird, bin ich wieder da. Koch mir mein Leibgericht, denn heute Abend habe ich bestimmt einen Bärenhunger.« Mit diesen Worten legte er seinen Silbergürtel um, nahm sein Schwert und machte sich auf den Weg.
    Er erklomm den Hügelkamm und kam auf das Hochmoor, das einsam und mit Heidekraut bestanden war. Er sah sich um. In der Ferne entdeckte er einen niedrigen, runden Hügel und in dem Hügel eine Tür. Sven ging sofort hin. Die Tür war groß und breit und schwarz gestrichen.
    »Wenn das mal keine Troldtür ist«, sagte Sven halblaut. »Entweder kehre ich um, oder ich mache die Tür auf und schaue nach, was dahinter ist. Ersteres ist ungefährlicher, aber das Zweite gereicht mir zum Ruhm.« Also öffnete er die Tür. Als er hindurchschaute, fiel sein Blick in eine geräumige, mit Menschenknochen ausgeschmückte Höhle. An der hinteren Wand brannte ein Feuer. Sven stahl sich auf Zehenspitzen hinein und näherte sich lautlos der Feuerstelle. Davor hockte auf einem Felsbrocken ein großer dicker Trold, der eifrig damit beschäftigt war, aus einem Menschenschädel einen Trinkbecher zu schnitzen. Als Sven das sah, geriet er in hellen Zorn. »Entweder kehre ich um«, sagte er sich, »oder ich erteile diesem Ungeheuer die gerechte Strafe für seine Schandtaten. Ersteres ist ungefährlicher, das Zweite gereicht meinem Haus zum Ruhm.« Also schlich er sich an den Trold heran und schlug ihm mit einem einzigen Schwerthieb den Kopf ab.
    Sven war versucht, weiter in die Höhle vorzudringen, aber als er einen Blick über die Schulter warf, stellte er fest, dass es draußen schon dämmerte. Der Abend war nicht mehr fern. Und so machte sich Sven auf den Rückweg und war zum Abendessen wieder daheim.
    Das war Svens erster Besuch in der Halle des Troldkönigs.

TEIL II

7
    Svens Bruder Horkel wurde bei einem Grenzstreit von einem Nachbarn getötet. Als Sven das hörte, machte er keine großen Worte, sondern nahm sein Schwert und seinen Gürtel und marschierte los. Der Nachbar hatte sich in eine Hütte auf eine entlegene Bergkuppe geflüchtet, die nur mithilfe von zweihundert Sprossen langen Leitern zu erklimmen war. Diese Leitern hatte er zu sich hochgezogen. Als Sven am Fuße des Berges ankam, nahm er die steile Felswand in aller Ruhe in Augenschein, während der Mörder ihn von oben herunter aufs Übelste beschimpfte. Sven machte sich wortlos an den Aufstieg. Das Gestein war mürbe und brach ihm unter den Händen weg, ein kräftiger Wind wollte ihm die Füße wegreißen, sobald er irgendwo Tritt gefasst hatte, Adler hackten nach seinen Ohren. Es wurde Nacht und Sven kletterte weiter. Als es wieder Tag wurde, fing der Mörder an, ihn mit Steinen zu bewerfen, aber Sven wich den Wurfgeschossen aus, indem er sich an einer Hand hin- und herschwingen ließ. Oben angekommen erschlug er den Mörder seines Bruders mit einem einzigen Schwertstreich, dann kletterte er wieder hinunter und ging zu seinem Haus zurück, wo er das Feld zu Ende pflügte, als sei nichts geschehen. »Ich habe einen kleinen Spaziergang unternommen«,

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