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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Sie sind schon ganz versessen auf die Entschädigung.« Es klang verbittert.
    Aud wandte den Kopf und deutete auf ihre Frisur. »Wie sieht das aus?«
    »Ein bisschen schief.«
    »Macht nichts. Hast du deinen Onkel gerngehabt?«
    »Ja.«
    »Tut mir leid. Du hast ja gehört, dass meine Mutter letzten Winter gestorben ist. Daher weiß ich, wie es ist, den einzigen Menschen zu verlieren, der... du weißt schon.« Sie strich sich das Kleid glatt und schaute weg. »Ich muss mich weiter fertig machen. Mein Vater wartet bestimmt schon.«
    »Na ja... mir tut es auch leid«, sagte Hal. »Dass du deine Mutter verloren hast, meine ich.«
    Da lächelte sie mit strahlenden Augen. »Ach, ich gehe jeden Tag auf den Hügel und rede ganz lange mit ihr. Ich bringe ihr Blumen und setze mich an ihr Grab. Das ist allemal besser, als tagein, tagaus bei meinem Vater und meiner Tante herumzuhocken, die immerzu übers Heiraten reden. Trotzdem...«
    »Du gehst zu den Hügelgräbern?«, vergewisserte sich Hal skeptisch. »Hast du denn gar keine Angst vor den Trolden?«
    Aud blies verächtlich die Wangen auf. »Ich bleibe ja hinter der Grenze und ich gehe auch nicht im Dunkeln hoch. Aber selbst wenn... Kennst du irgendjemanden, der schon mal einen Trold gesehen hat?«
    »Ja. Ich hab selber schon mal einen gesehen, mehr oder weniger...«
    »Mit ›gesehen‹ meine ich aber richtig mit eigenen Augen gesehen, nicht bloß, dass man sich einpinkelt, weil der Wind um die Hügelgräber heult oder ein Hase aus dem Gebüsch flitzt.«
    Hal richtete sich stolz auf. »Vor nicht mal zwei Wochen war ich oben auf dem Hügelkamm und habe Schafe geweidet. Dort ist die Mauer an einer Stelle eingestürzt. Eins von unseren Jungtieren hatte sich dahinter verlaufen. Mitten in der Nacht...«, er senkte die Stimme und spähte ängstlich in dem schummrigen Flur umher, »... mitten in der Nacht habe ich das Schaf dann schreien hören. Und am nächsten Morgen war es tot. In Stücke gerissen.«
    Aud gähnte unhöflich. »Da bleibt einem ja vor lauter Angst die Luft weg, Hal. Du bist wirklich der geborene Geschichtenerzähler.Was ist dann passiert?«
    »Äh... das war alles.«
    »Wie bitte? Das war dein großes Troldabenteuer? Da sag ich nur eins:Wölfe!«
    Hal rümpfte die Nase. »Es ist aber im Troldmoor geschehen!«
    Aud verdrehte die Augen. »Hast du beim Schafehüten zufällig irgendwann einen Wolf gesehen?«
    »Ja, aber ganz weit weg.«
    »Und einen Adler?«
    »Auch.«
    »Wie kommst du dann auf die Idee, dass ausgerechnet Trolde euer Schaf zerfleischt haben, wenn es doch viel wahrscheinlicher ist, dass es irgendwelche Raubtiere waren? Warum suchst du nach der unwahrscheinlichsten Erklärung?« Aud wurde richtig lebhaft. »Wenn mir einer in den Hintern zwickt, stelle ich mir doch auch nicht als Erstes vor, dass es ein Trold war, oder? Ich wähle die nächstliegende Erklärung.Verflixt! Bei Arne, das ist meinVater!« Man hörte Ulfar Arnesson aus der großen Halle nach seiner Tochter rufen. »Ich muss zu ihm, dabei bin ich noch gar nicht mit Packen fertig. Aber wir sehen uns ja wahrscheinlich bald wieder, schließlich hat mich deine Mutter eingeladen, den Winter bei euch zu verbringen. Solltest du bis dahin an unserem Haus vorbeikommen, schau doch mal rein.Wir setzen unseren Gästen nämlich bekömmlicheres Bier vor als ihr euren.« Sie grinste ihn noch einmal an, winkte ihm zu und verschwand wieder im Zimmer. Hal blieb in dem stillen Flur zurück und blinzelte ihr benommen nach.

    Volle zwei Tage blieb Brodirs Leiche mitten in der großen Halle aufgebahrt. Hal ging nicht mehr hin, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Er hatte seinen Onkel schon tot gesehen und den Anblick würde er nicht vergessen.
    Am dritten Morgen, Nebelschwaden hingen noch zwischen den Häusern, versammelten sich die Trauernden im Hof. Wie bei jedem Begräbnis war es Arnkels Aufgabe, den Zug auf die Hügelkuppe anzuführen. Jetzt stand er auf der Veranda und schloss die Spangen an seinem Mantel. Hal, Leif und Gudny standen hinter ihm und sahen zu, wie die übrigen Männer des Hofes aus den Bauernhütten gegenüber der Halle traten. Jeder Mann trug entweder eine Spitzhacke, eine Breithacke oder einen Spaten. Der Schmied Grim ging vom einen zum anderen, prüfte die Schneiden und nahm etliche Werkzeuge mit in seine Schmiede, wo er sie rasch noch einmal nachschliff. Das gedämpfte Quietschen des Schleifsteins klingelte den Wartenden in den Ohren.
    Auf den Steinplatten vor der Haustür lag Brodir, in ein

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