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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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mittendurch gehauen.«
    »Ich höre schon die Heldenlieder, die man darüber schreiben wird. Setz dich her, Junge, und hör mir gut zu!« Hord hob den Becher an die Lippen und sog verdrießlich Wein durch die Zähne. »Ratten!«, brummte er. »Was bist du doch für ein würdiger Nachfahre Hakons. Aber lassen wir das. Eins noch. Ich habe heute Nachmittag mit dem Oberschmied gesprochen. Sie sind fast fertig. Du weißt, was ich meine?«
    »Ja,Vater.«
    »Höchstwahrscheinlich entscheidet der Rat in der Brodir-Sache gegen uns. Frieden ist ihnen wichtiger als Gerechtigkeit, das war schon immer so. Es geht ihnen darum, dass in unserem Tal ›Ausgewogenheit‹ herrscht, dass keine Familie einflussreicher wird als die anderen. Das kennt man zur Genüge.«
    »Stimmt,Vater.«
    »Der große Hakon hätte sich so etwas nicht bieten lassen und wir werden das auch nicht! Wenn sich alles so entwickelt, wie ich hoffe, verfügen wir nächstes Jahr über die Mittel, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Wie, kann ich dir jetzt noch nicht sagen, aber wir werden den ganzen Winter über fleißig üben. Ich möchte, dass du auch daran teilnimmst.«
    »Gewiss,Vater.«
    »Brav. Und jetzt troll dich ins Bett, bevor du vor Müdigkeit zusammenklappst. Sonst wirst du auch noch krank und das können wir nun wirklich nicht gebrauchen.«
    »Glaubst du, Olaf muss sterben?«, fragte Ragnar versonnen.
    »Der doch nicht.«
    »Aber er ist troldsiech.«
    »Er hat Fieber, das ist alles. Sei nicht so abergläubisch.«
    »Aber der Schatten eines Hügelgrabs hat sich über ihn gelegt! Ich war selber dabei!«
    »Dann ist er eben zu dicht dran vorbeigeritten! Ist sein Pferd etwa krank? Nein! Und wieso nicht? Es wurde doch genauso von dem Schatten gestreift.« Hord stellte seinen Becher ab und stand auf. »Ein richtiger Mann gibt nichts auf die Ammenmärchen von Trolden und Flüchen! Olaf hat schon öfter Fieber gehabt und hat es überstanden und so wird es auch diesmal sein. Jetzt aber ab ins Bett, du Milchbart, ehe du mir noch aus den Stiefeln kippst.«
    Sie nahmen sich jeder eine Kerze vom Tisch, stiegen die Treppe zur Empore hoch und wünschten sich eine gute Nacht.Türen fielen zu. Stille senkte sich über die Halle.
    Beinahe eine volle Minute geschah gar nichts.
    Dann tauchte Hals schmerzverzerrtes Gesicht aus dem Fass auf. Er schwang sich hinaus und sprang auf den Boden, wo er ein Weilchen in stummer Qual auf und ab humpelte, bis das Gefühl in seine Beine zurückgekehrt war.
    Schließlich wurden seine Schritte fester. Er schlurfte zu den Tischen hinüber, entdeckte einen halb vollen Krug Bier und trank ihn in einem Zug aus. Dann wischte er sich den Mund, warf sein Bündel über die Schulter und zückte wieder das Messer.
    Die Zeit war reif.
    Er durchquerte die Halle. Sein in die Länge gezogener schwarzer Schatten glitt wie ein Geist über den im rötlichen Widerschein der heruntergebrannten Wandfackeln glänzenden Steinfußboden. Das Messer in seiner Hand blinkte matt.
    Eine Treppenstufe, die nächste. Langsam, lautlos. Er hielt den Blick unverwandt auf die Empore geheftet.
    Hal beeilte sich weder, noch trödelte er. Er erklomm einfach zielstrebig Stufe um Stufe.Wie damals der große Sven, als er Kol den Schlächter im Wald aufgespürt hatte oder als er den Spuren des riesigen Tieftal-Bären gefolgt war.
    Oben angekommen ging er zu der Tür, durch die er Ragnar am Nachmittag hatte verschwinden sehen.
    Er blieb stehen, lauschte... Nirgends im ganzen Haus rührte sich etwas.
    Von Mordgedanken getrieben, riegelte er die Tür auf, trat hindurch und zog die Tür rasch wieder hinter sich zu.

    Hal stand im Finstern, nur irgendwo vor ihm brannte ein helles einzelnes Licht.Wie weit es weg war, ließ sich schwer beurteilen, denn es tanzte und hüpfte, als wäre es lebendig, und verschwamm ihm vor den Augen. Hal kniff die Augen zu und zählte stumm bis zehn, damit sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Dabei rümpfte er die Nase, denn die abgestandene Luft roch nach Krankheit.
    Als er die Augen wieder öffnete, war es besser. Jetzt war das Licht deutlicher zu erkennen. In der Mitte leuchtete es grellweiß, in der Mitte sah er einen Docht, um den ein gelblicher, nach außen hin verblassender Kreis waberte und mit der Dunkelheit verschmolz. Der helle Kreis war nicht besonders groß und schwebte in unbestimmter Entfernung im Dunkeln, körperlos schimmernd wie das Spiegelbild des Mondes auf einem winterlichen See.
    In dem Kreis war ein

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