Vampir-Expreß
stemmte sich gegen den Griff, sein Lächeln wurde noch widerlicher, und seine grausamen Augen blieben auf den jungen Rumänen fixiert.
Die Blicke wanderten über die Gestalt. Jeden Flecken schaute er sich an. Vom angsterfüllten Gesicht über den Hals, die Brust, und er blieb dort hängen, wo Blut aus der langen Handwunde tropfte. Die Augen des Vampirs wurden starr. »Blut!« flüsterte er. »Verdammt, es ist Blut!«
Hinter ihm kicherte Ada. »Ja, mein lieber Boris, das ist Blut, und ich will, dass es dir gehört. Dir allein. Pack ihn, trink es, saug ihn aus, den Hund…«
Boris nickte. Seine großen Hände öffneten und schlossen sich. In seiner grauschwarzen, ein wenig zerlumpt wirkenden Kleidung erinnerte er an das Monstrum Frankenstein, nur war er ein Vampir und gierig nach dem Blut eines Menschen.
Boris Bogdanowich behielt den Mund offen. Aus der Öffnung huschte eine kleine Zunge. Sie sah aus wie ein graues Stück Lappen, hing für einen kurzen Moment hervor und wurde wieder zurückgezogen, nachdem sie über den Innenrand der Lippen gefahren war. War es schon ein Zeichen der Vorfreude auf das Blut, das dem Vampir gehören sollte?
Dragan schluckte. Seine Gesichtszüge hatten sich verhärtet, er stand steif und starr auf dem Fleck, wusste den Ausgang hinter sich und traute sich trotzdem nicht, ihn zu benutzen und vor dem Vampir Reißaus zu nehmen.
Vielleicht hinderte ihn auch Vera daran. Sie befand sich ebenfalls noch im Abteil und dachte gar nicht daran, es zu verlassen. Starr war ihr Gesicht, Unglaube zeichnete sich auf ihren Zügen ab, als könnte sie es nicht fassen, was sie hier erlebte.
Ada schwieg auch. Sie hatte den Vampir aufgehetzt, denn sie wollte zuschauen, wie er das Blut eines Menschen trank, und er war mittlerweile schon rasend geworden, denn allein der Geruch des frischen Blutes würde dafür sorgen.
»Bleib mir vom Leib!« flüsterte Dragan. »Verschwinde, du verfluchter Vampir…«
Darum kümmerte Boris sich nicht. Er ging weiter. Wie eine Mauer wuchs er vor dem jungen Rumänen auf. Das graue Gesicht wirkte wie eine Totenmaske, die Augen darin wie starre Kugeln, und dann griff er zu. Dragan Domescu hatte seine letzte Chance verspielt. Er hätte sich noch herumwerfen sollen, doch der unheimliche Vampir, so sehr er ihn auch abstieß, faszinierte ihn gleichzeitig auf eine erschreckende Art. Und so blieb er stehen.
Der uralte Blutsauger kam ihm vor wie ein gewaltiges Gebirge, als er so dicht vor ihm auftauchte und zupackte.
Ausweichen konnte Dragan nicht mehr. Plötzlich zappelte er im Griff des Unholds. Er wurde in die Höhe gehoben und spürte, dass er unter seinen Füßen den Boden verlor. Mit der nicht verletzten Hand schlug er gegen das Gesicht des Vampirs, ohne jedoch einen Erfolg erzielen zu können, denn der Blutsauger verspürte keine Schmerzen, wuchtete Dragan herum und schleuderte ihn von sich.
Der junge Rumäne fiel in den Sitz. Schwer krachte er in die Polster, wurde wieder hochgeschleudert und fiel zurück, wobei der Sitz unter ihm noch zweimal nachfederte.
Plötzlich war Ada da. Sie hatte ihr Messer wieder an sich genommen, stach aber nicht zu, sondern schlug die freie Hand in das Gesicht des jungen Mannes.
Dragan spürte den Schmerz. Sein Kopf wurde herumgeschleudert. Tränen schossen in seine Augen, er trat um sich, traf auf Widerstand und bekam den nächsten Schlag. Seine Lippe platzte auf, er schmeckte Blut und rutschte tiefer in den Sitz hinein.
Zu einem dritten Schlag lieg Vera ihre Tante nicht kommen. Ada Bogdanowich hatte den Arm schon halb erhoben, als ihr Vera in den Schlag hineinfiel.
»Nein, lass es!«
Ada war überrascht. »Du stellst dich gegen uns?«
»Ja.«
Da lachte die Alte und drehte sich um, wobei sie auf den Vampir deutete.
»Stellst du dich auch gegen Boris Bogdanowich, den großen Ahnherrn unserer Familie?«
Vera nickte. Sie erschrak selbst über diese Reaktion, aber sie konnte einfach nicht anders. Es entsprach ihrem Naturell. Sie verabscheute Gewalt und alles, was damit zusammenhing.
Ada aber wusste Bescheid. Ihre Nichte hatte sich entschieden, sie stand nicht mehr auf ihrer Seite, und dafür würde sie Tribut zollen. Boris sollte sich mit ihr beschäftigen.
Aber erst, wenn er mit dem Jungen fertig war. »Pack ihn!« schrie die Alte. »Los, greif zu! Ich will endlich, dass er stirbt!«
Dragan konnte sich nicht mehr erheben. Der Vampir war schneller. Er wuchtete seinen gewaltigen Körper nach vorn und schlug eine Hand in Dragans
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