Vampir-Expreß
in Monstren zu verwandeln. Vier davon konnten eine wahre Hölle entfachen.
Ich beeilte mich.
Auch an dem Abteil, das ich mit Dragan und der Familie Bogdanowich teilte, schritt ich entlang. Ich wollte erst einen Blick hineinwerfen, ließ es aber bleiben, weil Fragen mich stärker aufgehalten hätten, als mir lieb sein konnte.
Erst im Gepäckwagen nachschauen. Zum Glück besaß ich einen Schlüssel. Dragan hatte ihn mir besorgt. Er arbeitete schließlich bei der staatlichen Eisenbahn.
Ich schloss die Tür zum Gepäckwagen auf, nachdem ich mich vergewissert hatte, nicht beobachtet worden zu sein. Schnell schlüpfte ich dort hinein, wo ich meine Zeit in der Kiste verbracht hatte. Sie stand auch noch dort. Aufgebrochen und mit aus dem Rand schauenden blanken Nagelspitzen. Etwas hatte sich allerdings verändert.
Die Mitteltür war nicht mehr geschlossen! Es lag auf der Hand, dass sie nicht von einem Bahnbeamten geöffnet worden war, sondern sich dafür der Vampir verantwortlich zeigte.
Ich wollte es jetzt genau wissen und dachte daran, dass Dragan von fünf Särgen gesprochen hatte. Als ich die Mitteltür aufgezogen hatte, sah ich die Särge.
Es waren genau fünf. Alle besaßen sie etwas gemeinsam. Erstens waren sie pechschwarz lackiert und zweitens offen. Kein Vampir befand sich mehr in seiner Totenkiste und Schlafstätte. Die Blutsauger hatten die Särge verlassen und sich im Zug verteilt. Sie wollten dem Vampir-Express alle Ehre bereiten.
Ich ging zurück. Hätte ich in den Spiegel geschaut, wäre mir wohl mein bleiches Gesicht aufgefallen. Es war zum Heulen. Alle fünf frei!
Einen hatte ich erledigen können. Vier liefen noch herum. Im Gang des nächsten Wagens blieb ich stehen beugte mich vor und presste die Stirn gegen die Scheibe, wobei ich nach draußen schaute. Der Zug fuhr wesentlich langsamer. Die Strecke stieg stark an. Wahrscheinlich hatte der Heizer alle Hände voll zu tun, Kohle in den Kessel zu kippen. Weißer Qualm flatterte an den Scheiben vorbei und wurde zerrissen.
Dunkel erschienen mir die Wälder. Sekundenlang hatte ich freie Sicht und konnte in einen Taleinschnitt zwischen zwei hohe Berge schauen, auf denen eine dichte Schneekappe lag.
Wir befanden uns mitten in den Karpaten. In einer düsteren und unheimlichen Landschaft. Am nächsten Morgen würden wir unser Ziel Petrila erreichen.
Hoffentlich lebend und normal.
Vier freie Vampire, und die Reisenden ahnten davon nichts. Den Druck im Magen spürte ich wie einen dicken Kloß. Allmählich kamen die ersten Vorwürfe. Ich hätte Suko doch mitnehmen sollen, anstatt ihn in Petrila warten zu lassen.
Daran war nichts mehr zu ändern. Leider konnte ich meinen Partner auch nicht telefonisch erreichen und ihn warnen. So musste ich mit der Plage allein fertig werden.
Wo sich die Blutsauger aufhielten, war mir unbekannt. Aber diese Ada Bogdanowich schien mehr zu wissen, und sie würde mir ihr Wissen verraten, das schwor ich mir…
***
Dragan Domescu war bleich geworden. Er starrte die Messerklinge mit einem Blick an, in dem Unglauben stand. Er konnte es einfach nicht fassen, dass ihn diese Frau bedrohte.
Und doch stimmte es. Sie hielt die Klinge so, dass die Spitze haargenau auf den Körper des jungen Rumänen zielte. In Adas Gesicht stand ein entschlossener Ausdruck, für Dragan ein Beweis, dass die Existenz des Messers keine leere Drohung war und die Frau auch zustechen würde.
»Du hast die Grenze erreicht, Junge«, erklärte sie mit gefährlich leiser Stimme. »Jetzt ist Schluss.«
Dragan schluckte. »Wollen Sie mich umbringen?«
»Du hast es erfasst, mein Junge.«
»Aber das ist doch unmöglich. Sie können mich doch nicht einfach niederstechen. Das wäre Mord!«
Ada lachte kalt, bevor sie sagte: »Na und?«
Da wusste Dragan endgültig Bescheid. Wenn es um die Sache ging, schreckte Ada Bogdanowich auch vor einem brutalen Mord nicht zurück. Wer konnte wissen, was sie alles zu verbergen hatte? Seiner Ansicht nach musste sie das Rätsel um die Vampire kennen, sonst hätte sie nicht so abscheulich und brutal reagiert.
Dragan drehte den Kopf und schaute Vera an. Ihr Gesicht war zu einer Maske geworden. Sie hatte die Augen weit aufgerissen auch die Lippen geöffnet, und Dragan glaubte zu wissen, dass sie eine Mordabsicht missbilligte.
Ada ging einen kleinen Schritt nach vorn. Sie wollte nicht so weit ausholen müssen, wenn sie zustach, und zum erstenmal griff Vera ein.
»Nein, Tante, das kannst du doch nicht machen. Es ist Mord, hast
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