Vampir-Legende
tat. Er ließ es zu, daß ihn die Klinge traf und dann dicht über seinem Bauchnabel im Körper verschwand.
Der Rasta-Typ stöhnte auf. Es hatte ihm persönlich gutgetan, es diesem Hund zu zeigen, und er wollte die Klinge wieder aus dem Körper hervorziehen, um zu sehen, wie der Mann zusammenbrach. Das war nicht möglich. Etwas hielt seine Hand fest. Es war eine andere Hand, die sich um sein Gelenk gelegt hatte.
Wieso? Wie war das möglich?
Er schaute nach unten.
Eine bleiche Hand mit langen, kräftigen Fingern hielt sein Gelenk umschlossen. Es war die Klaue des Opfers, die nicht wollte, daß die Klinge wieder aus dem Körper gezogen wurde.
War der Kerl denn wahnsinnig? Der mußte doch zusammenbrechen und verbluten!
Der Rasta-Mann begriff die Welt nicht mehr. Einiges war für ihn in den letzten Sekunden in Scherben gebrochen, und auch die Umgebung in der Bar war erstarrt.
Er stand noch immer da, die Klinge in den Körper des anderen versenkt, der seine Hand festhielt, als würde es ihm Vergnügen bereiten, das Messer zu spüren.
Dann drückten die Finger des Mannes zu. Der Rasta-Typ ächzte. Tränen schimmerten in seinen Augen, und der Schmerz brachte ihn beinahe um den Verstand.
Es gab nur eine Möglichkeit, ihm zu entgehen. Er mußte sein Stilett loslassen, erst dann würde sich alles ändern. Er tat es auch, dann taumelte er zurück, sah nur den Verletzten vor sich, der lächelte und keinen Anflug eines Schmerzes zeigte.
Die Waffe steckte in seinem Leib. Kein Blut drang aus der Wunde oder nur wenig, ein rötlicher Saft, der aber mit dem normalen Blut eines Menschen nicht vergleichbar war.
Fremde Finger umfaßten den Griff des Stiletts. Der Vampir zog die Waffe mit einer glatten Bewegung aus seinem Körper hervor, beobachtet von einigen Augenpaaren, und niemand hatte so recht auf Jacques geachtet, der lautlos in Richtung Tür geschlichen war, um dort den Rückweg abzuschneiden. Er stand davor wie ein mörderischer Engel, seine Vampirzähne lagen frei, das lange Haar hatte er hochgewühlt, und er schaute zu, was sein Bruder tat. Der hielt das Stilett fest, starrte den Rasta-Mann an, und dann stach er zu.
Er war blitzschnell, er war wie ein Blitz. Er hörte noch den Schrei des anderen, der die Arme hochriß, nicht schnell genug war und plötzlich das Gefühl hatte, als wäre seine Haut vom Gesicht gerissen worden, denn dort hatte ihn die Klinge erwischt, von rechts nach links, und einen tiefen Schnitt hinterlassen.
Igor brüllte auf wie ein Tier. Er warf sich mit einem gewaltigen Sprung dem Rasta-Kerl entgegen, drosch ihn zu Boden und stieß wieder zu.
Diesmal tödlich.
Das Grauen hatte endgültig in die Bar Einzug gehalten, der Tod war der größte Gast, das Blut floß, und Igor beugte sich über die Leiche.
Sein Bruder schlich auf den dritten zu. Der junge Mann hatte sich nicht gerührt. Orry lag an der Theke und jammerte, wollte aber aufstehen und fliehen.
Der dritte Typ ahnte, daß etwas nicht stimmte. Er drehte sich und sah den Blonden in seiner Nähe. Für einen Moment starrte er in das verzerrte Gesicht, um dort etwas zu entdecken, das es eigentlich nicht geben durfte.
Zwei weißgelbe Blutzähne stachen aus dem Oberkiefer nach unten. Ihn durchschoß der Gedanke, einen Vampir vor sich zu haben, und er wuchtete seinen Körper zurück.
Der Knabe hatte Glück. Jacques war sich zu sicher gewesen. Er hätte noch schneller sein müssen, zudem hatte er seinen Arm nicht weit genug ausgestreckt, und nur so konnte die Beute entwischen. Der Schwarze rutschte noch aus, prallte dabei gegen die Tür und taumelte in die Rezeption hinein, wo ein Mann im hellen Anzug stand und sich mit einer jungen Kreolin unterhielt.
Beide hatten den Krach aus der Bar gehört, trauten sich nicht rüber und sahen den Schwarzen aus dem Raum rennen, von Panik gezeichnet und getrieben.
Der Ausgang war nicht weit. Nur wenige Schritte mußte er laufen und sich dann gegen die Tür werfen.
Er tat es, er rammte sie auf, die Luft der Straße umfing ihn, und sein Gesicht war eine einzige Maske des Grauens.
Schreiend rannte er auf die Straße, brüllte etwas von einem Vampir und achtete nicht darauf, wo er hinlief. Er sah noch die hellen Glotzaugen der Scheinwerfer, die so verdammt nahe waren, und bekam den Schlag gegen die linke Hüfte.
Der Körper wurde in die Höhe geschleudert und landete dicht neben der Kühlerhaube des Taxis wieder auf dem Boden…
***
Ich hatte mit meiner Vermutung nicht verkehrt gelegen. In New Orleans
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