Vampirblut (German Edition)
natürlich.“
„Natürlich?“
William legte den Kopf schief und musterte mich abwartend. „Ja, natürlich“, wiederholte er.
Ich zog fragend die Stirn kraus. War das auf seinen Vater bezogen? Darauf, dass ich ihm mein Blut gegeben hatte, oder wollte er, dass ich gehe?
Ich wollte ihn gerade fragen, als William den Blick auf die Schreibtischplatte senkte. „Ich muss jagen gehen. Sofern du nicht mitkommen willst, solltest du jetzt gehen.“
Was war los mit ihm? Warum war er so komisch. So abweisend?
Ich stand langsam vom Sessel auf. Ein Kloß drückte schmerzhaft auf meine Kehle. „Ich wollte das nicht.“ Das Sprechen fiel mir schwer. Mich auf den Beinen zu halten fiel mir schwer. Meine Muskeln zitterten. Ich hatte Mühe meine Füße vom Boden zu lösen und mich auf die Tür zu zubewegen. William wollte wirklich, dass ich gehe. Gestern noch schien es, als würde alles wieder in Ordnung sein zwischen uns. Heute stieß er mich auf so schrecklich schmerzhafte Weise von sich.
An der Tür zögerte ich in der Hoffnung, er würde mich zurückhalten, wenigstens noch etwas sagen. Doch William schwieg. In meinem Rücken konnte ich hören, wie eine Schublade aufgezogen wurde, dann klickte etwas. Ich blickte über die Schulter zurück und musste sehen, wie William etwas tat, was er noch nie getan hatte, solange ich ihn kannte. Er zündete sich eine Zigarette an. Zog begierig den Rauch in seine Lungen und stieß ihn dann wieder aus. Ich senkte den Blick und verließ die Bibliothek.
„Er war ganz komisch“, schluchzte ich an Dakotas Schulter. „So anders.“
„Vielleicht kämpft er noch mit sich wegen des Blutes. Oder, es ist …“ Dakota hatte die Stirn gerunzelt, als ich aufblickte. Sie starrte leer an ihre Zimmerwand. Ich wusste, dieser Blick bedeutete, ihr war etwas eingefallen und sie wägte die Möglichkeiten ab. „Überleg mal, seit mehr als Hundert Jahren, hatte er nur ein Ziel; das Tor zu finden und es zu beschützen. Jetzt hat er es gefunden, der Dämon, der an seinem Elend schuld ist, ist vernichtet und für ihn bleibt jetzt nichts mehr. Seine Aufgabe ist erledigt. Er hat kein Ziel mehr. Nur ein ewiges Leben vor sich, das vollkommen bedeutungslos ist. Er hat nichts mehr, worauf er hinarbeiten kann.“
„Meinst du, er hat eine Krise?“, fragte Tucker verdutzt und ließ die Computerzeitschrift sinken, in der er gerade gelesen hatte.
„Ja.“
„Da könntest du recht haben.“
„Lass ihm ein paar Tage, um zu lernen mit der neuen Situation umzugehen.“ Dakota drückte aufmunternd meine Hand. Ich nickte. „Dann lass uns jetzt etwas unternehmen. Lass uns feiern.“ Dakota sprang auf und zog mich mit sich vom Bett.
„Wo willst du denn hin?“
„Ins Diner. Wo sonst?“
„Also, bist du sicher, es liegt nur daran, dass er sein Ziel vor Augen verloren hat?“, fragte ich zum wiederholten Male.
„Ganz sicher.“ Dakota schob sich gerade einen Löffel Eis in den Mund, weswegen das etwas verwaschen rüberkam. Sie schluckte. „Hundert Prozent. Er wird wieder. Männer sind so. Lass ihn ein paar Stunden im Wald herumrennen und du wirst sehen, er ist wieder ganz der Alte.“
„Wenn du das sagst.“ Ich kicherte erleichtert, denn was diesen Psychokram anging, hatte sie ein Händchen.
„Schon besser“, murmelte Tucker und löffelte einen Berg Sahne von unserem Rieseneisbecher.
„Du isst die ganze Sahne alleine“, stellte Dakota entrüstet fest.
„Ich weiß. Ich achte nur auf eure Figuren. Sahne ist doch viel zu fettig.“ Dakota stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite.
„Wir können die Kalorien dann bei einer Runde durch den Stadtpark abtrainieren“, sagte ich. „Dabei können wir gleich mal schauen, ob dort alles ruhig ist.“
„Glaubst du, sie kommen wieder?“, wollte Dakota wissen und ließ ihren Löffel sinken.
„Nein. Sicher haben sie sich in alle Winde zerstreut, schließlich wissen die, dass wir hier sind. Wer legt sich schon gerne mit uns an?“, sagte ich schnell. Ich hatte nicht vorgehabt, ihr den Appetit zu verderben.
„Stimmt“, sagte Tucker. „Aber es wird nicht schaden, mal nach dem Rechten zu sehen. Nur um zu zeigen; wir sind noch immer da.“
„Aber erst nach diesem Berg.“ Dakota zeigte mit dem Löffel auf unser Eis.
„Ja, Berge sind zu unserer zweiten Natur geworden“, murmelte ich.
Der Himmel war feuerrot, als wir den Park betraten. Tucker machte gerade einen Scherz über Echnatons Gesicht, als das Licht der Kette das Loch in seine Brust
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