Vampirblut (German Edition)
täuschen zu können.“
Als wir aus dem Wald auf die Holperstaße traten, war William immer noch nicht hinter uns hergekommen. Langsam machte sich ein ungutes Gefühl in mir breit. Ich wusste, William musste etwas passiert sein. Mit Grauen sah ich vor mir, wie er zu Staub zerfiel. Ich konnte einfach nicht länger warten. Ich musste zurückgehen. „Pass auf, Tucker. Ich bringe deinen Vater jetzt zu euch. Ich lege ihn auf der Veranda ab. Ich muss einfach zurück. Irgendwas stimmt da nicht.“
Tucker nickte. Er begriff sofort, was ich meinte. Dass er zu langsam war und ich seinen Vater jetzt mit hundertfacher Geschwindigkeit nach Hause bringen würde. „Pass auf dich auf.“
„Mach ich“, versprach ich.
Vorsichtig legte ich Tuckers Vater auf der Veranda ab. Gut versteckt hinter der Bretterwand, die die Veranda vom Garten der Crawleys trennte. Bevor ich mich erheben konnte, griff Tuckers Vater nach meiner Hand. „Danke“, stöhnte er.
„Schon gut“, beruhigte ich ihn.
Auf der untersten Stufe der Veranda zögerte ich kurz. Ich atmete tief ein, bis meine Lungen so voll waren, dass sie zu platzen drohten. Dann hielt ich die Luft einen Augenblick an, um die Nacht und die damit verbundene Ruhe zu genießen. Eine kühle, frische Luft. Leicht harzig, was wohl an der Nähe zum Wald lag. Kurz genoss ich das Gefühl von Frieden, das Vallington wie jeden Abend ausstrahlte.
Auf meinem Weg zurück zum Wald, lief ich an Tucker vorbei, der nur noch wenige Meter entfernt vom Haus seiner Eltern war. Er war gerannt.
Ich lief so schnell an ihm vorbei, dass er mich gar nicht bemerkte. Allenfalls einen Windhauch hatte er wohl von mir registrieren können. Ohne Zwischenstopp lief ich in den Wald. In einiger Entfernung zur Höhle verlangsamte ich mein Tempo. Ich konzentrierte meine Sinne auf die Umgebung. Aus der Höhle drangen keine Kampfgeräusche mehr. Zum einen empfand ich das als Erleichterung, doch zum Anderen, wenn der Kampf beendet war, wo war dann William?
Tief sog ich die Luft in meine Nase. Ich schloss die Augen und spitzte die Ohren. War da ein Hauch von Williams Duft? Vielleicht täuschte ich mich auch nur. Vielleicht war es nur ein Rest seines Geruchs, der noch immer da war, seit wir hier vorbei gelaufen waren. Ich konzentrierte mich weiter. Langsam folgte ich dem Geruch. Gleichzeitig achtete ich darauf, gut versteckt zu bleiben, um nicht unnötig Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
Noch immer war aus der Höhle kein Geräusch zu vernehmen, aber der Duft von William wurde stärker. Mit jedem Schritt, den ich tat, wurde er konzentrierter. Ich verfiel wieder in Vampirgeschwindigkeit.
Ein paar Meter vom Eingang der Höhle entfernt, hörte ich ein leises Ächzen, dann ein Fluchen.
William saß an einen Baumstamm gelehnt auf dem Waldboden. Sein honigsüßer Duft vermischte sich mit dem rostigen Geruch von Blut. Seine Hand hatte er auf eine stark blutende Wunde über seinem Herzen gedrückt. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor und hatte sein Shirt und seine Hose schon vollends durchtränkt.
Ich ließ mich neben ihn auf den Boden sinken. Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, drückte ich meine zitternden Hände auf seine Wunde. „William“, flüsterte ich.
„Geh nach Hause!“, stöhnte er. „Es ist vorbei. Ich schaff es nicht mehr.“
„Nein“, flehte ich.
„Du musst.“
„Nein. Ich las dich hier nicht zurück.“
„Josie! Ich sterbe.“
„Nein. Das wirst du schön bleiben lassen. Ich brauche dich doch. Ich schaff das nicht ohne dich.“
„Doch, das schaffst du.“
"Wie kann ich dir helfen? Was muss ich tun? William sag es mir“, flehte ich.
„Gar ... nicht ... Zu viel Blut …“, nuschelte er kaum noch verständlich.
Ich nahm an, er meinte, dass er zu viel Blut verloren hatte. Da würde ich helfen können. Ich musste es nur schaffen, ihn in sein Haus zu bringen, bevor er starb.
Ich hob ihn auf meine Arme, und rannte so schnell ich konnte mit ihm nach Hause, ohne auf seine gestöhnten Proteste zu hören. Vorbei an der Höhle, aus der jetzt wieder hektische Stimmen drangen, vorbei an Bäumen, Farnen und einer kleinen Gruppe Wild.
Erleichtert es endlich zu Williams Haus geschafft zu haben, trat ich die Tür zum Haus auf, sodass diese gegen die Wand dahinter krachte.
13.Kapitel
William rang um Atem. Nur stockend hob und senkte sich seine Brust. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich musste ihn retten.
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