Vampire Academy 01 ● Blutsschwestern
Ärztin verschrieb ihr irgendetwas ‐
ein Antidepressivum oder eine Antiangstdröge, ich erinnerte mich nicht mehr daran, welches von beidem ‐ , das ihren Zustand besserte. Ich hatte nie wirklich etwas über diese Art von Pillen gewusst. Ich dachte, sie machten die Leute dumm und glücklich. Aber es war eine Pille wie jede andere, dazu geschaffen, etwas in Ordnung zu bringen, und im Wesentlichen sorgte sie einfach dafür , dass Lissa normal und stabil blieb.
Was gut war ‐ denn sie hatte andere Probleme, mit denen sie sich befassen musste.
Wie Andre zum Beispiel. Sie glaubte endlich an Christians Geschichte und gestattete sich einzuräumen, dass Andre vielleicht doch nicht der Held gewesen war, für den sie ihn immer gehalten hatte. Das war sehr hart für sie, aber sie gelangte endlich zu einer friedvollen Entscheidung und akzeptierte, dass er sowohl gute als auch böse Seiten gehabt haben konnte, wie wir alle. Was er Mia angetan hatte, machte sie traurig. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er ein guter Bruder gewesen war, der sie geliebt hatte. Und es befreite sie endlich von dem Gefühl, sie müsse er sein, damit ihre Familie stolz auf sie sein konnte. Sie konnte sie selbst sein ‐ was sie in ihrer Beziehung tagein, tagaus bewies.
Darüber kam die Schule noch immer nicht hinweg. Doch Lissa scherte es nicht. Sie tat es mit einem Lachen ab und ignorierte die schockierten Blicke und die Geringschätzung der Hoheiten, die nicht fassen konnten, dass sie mit jemandem aus einer geächteten Familie zusammen war. Aber nicht alle empfanden so. Einige Mitschüler, die sie während ihres kurzen gesellschaftlichen Hochs kennengelernt hatten, mochten sie tatsächlich um ihrer selbst willen, ohne Zwang. Sie mochten ihre Ehrlichkeit und Offenheit und zogen dies den Spielchen vor, die die meisten Königlichen spielten.
Viele unserer Hoheiten ignorierten sie natürlich und redeten hinter ihrem Rücken höchst gehässig über sie. Das überraschendste von allem war jedoch eine andere Entwicklung: Mia gelang es ‐ obwohl sie maßlos gedemütigt worden war ‐ , sich bei einigen dieser Hoheiten wieder einzuschmeicheln. Was bewies, dass ich recht gehabt hatte. Sie würde nicht lange unten bleiben. Und tatsächlich sah ich die ersten Anzeichen ihrer Rach e lust erneut aufflackern, als ich eines Tages auf dem Weg zum Unterricht an ihr vorbeikam. Sie stand mit einigen Freunden zusammen und sprach sehr laut; offensichtlich wollte sie, dass ich sie hörte.
„Sie passen perfekt zusammen. Sie stammen beide aus Familien, die absolut in Ungnade gefallen sind. ʺ
Ich knirschte mit den Zähnen und ging weiter, während ich ihrem Blick zu Lissa und Christian folgte. Die beiden waren in ihrer eigenen Welt verloren und gaben ein zauberhaftes Bild ab, sie blond und hell, er blauäugig und schwarzhaarig. Ich konnte nicht umhin, sie ebenfalls anzustarren. Ihre beiden Familien waren in Ungnade gefallen. Tatiana hatte Lissa öffentlich abgekanzelt, und während niemand den Ozeras vorwarf, was aus Christians Eltern geworden war, wahrten die übrigen königlichen Moroifamilien weiterhin Abstand.
Aber auch in dem anderen Punkt hatte Mia recht gehabt. In gewisser Weise waren Lissa und Christian füreinander wie geschaffen. Vielleicht waren sie Ausgestoßene, aber die Dragomirs und die Ozeras hatten einmal zu den mächtigsten Anführern der Moroi gehört. Und in nur sehr kurzer Zeit hatten Lissa und Christian begonnen, einander auf eine Weise zu formen, die sie wieder genau dort hinaufbringen konnte, wo ihre Vorfahren einmal gewesen waren. Er übernahm ein wenig von ihrem gesellschaftlichen Schliff; sie lernte, für ihre Leidenschaften einzutreten. Je länger ich sie beobachtete, umso deutlicher konnte ich sehen, dass die beiden zusammen Energie und Selbstvertrauen ausstrahlten.
Auch sie würden nicht unten bleiben.
Und ich denke, das war es ‐ zusammen mit Lissas Freundlichkeit ‐ , was die Leute vielleicht zu ihr hingezogen hatte. Unser Freundeskreis wuchs stetig. Mason schloss sich uns natürlich an und machte kein Geheimnis aus seinem Interesse an mir. Lissa zog mich deswegen häufig auf, daher wusste ich noch nicht, was ich in Bezug auf ihn unternehmen sollte. Ein Teil von mir dachte, es sei vielleicht an der Zeit, ihm als ernsthaftem Freund eine Chance zu geben, obwohl sich der Rest von mir nach Dimitri sehnte.
Größtenteils behandelte mich Dimitri genauso, wie man es von einem Mentor erwarten würde. Er war tüchtig.
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