Vampire Academy 03 ● Schattenträume
Moppdienst zugeteilt, und Dimitri übernahm das Abstauben und Polieren der Holzbänke. Er wirkte nachdenklich und konzentriert, während er putzte, ganz so, als erfülle ihn seine Arbeit tatsächlich mit Stolz. Ich versuchte immer noch dahinterzukommen, warum er überhaupt hier war. Versteht mich nicht falsch: Ich war glücklich, ihn dabei zu haben. In seiner Nähe fühlte ich mich besser, und natürlich liebte ich es immer, ihn zu beobachten.
Ich dachte, dass er vielleicht hier war, um mehr Informationen aus mir herauszubekommen; vielleicht wollte er auch wissen, was an jenem Tag mit Stan, Christian und Brandon passiert war. Oder vielleicht wollte er mich wegen des anderen Tages mit Stan schelten, wegen dieses Zwischenfalls, nach dem man mich beschuldigt hatte, ich sei dem Kampf aus egoistischen Gründen ausgewichen. Dies schienen wahrscheinliche Erklärungen zu sein, doch er sagte kein Wort. Selbst als der Priester das Kirchenschiff verließ, um in sein Büro zu gehen, setzte Dimitri seine Arbeit schweigend fort. Wenn er etwas zu sagen gehabt hätte, dachte ich, hätte er es sicher in diesem Augenblick getan.
Als wir mit dem Putzen fertig waren, ließ uns Father Andrew Sachen vom Dachboden in einen Lagerraum im hinteren Teil der Kapelle schleppen, und zwar Kiste um Kiste. Lissa und Christian benutzten diesen Dachboden regelmäßig als heimliches Versteck, und ich fragte mich, ob es wohl ein Vorteil oder ein Nachteil für ihre romantischen Zwischenspiele sein würde, wenn der Dachboden jetzt sauberer war.
Vielleicht würden sie dann nicht mehr hingehen, sodass ich etwas mehr Schlaf bekam.
Als alle Sachen unten waren, setzten wir drei uns auf den Boden und begannen sie zu sortieren. Father Andrew gab uns Anweisungen, was aufbewahrt und was weggeworfen werden sollte. Es war geradezu eine Erleichterung, in dieser Woche ausnahmsweise einmal etwas anderes zu tun. Während wir arbeiteten, machte er Small Talk und fragte mich nach dem Unterricht und anderen Dingen. So schlimm war es gar nicht.
Und während wir arbeiteten, kam mir ein Gedanke. Ich hatte mir erfolgreich eingeredet, Mason sei eine Wahnvorstellung, die durch Schlafmangel verursacht worden war, aber es würde mir erheblich besser gehen, wenn mir eine Autorität versicherte, Geister wären nicht real.
„He”, sagte ich zu Father Andrew. „Glauben Sie eigentlich an Geister? Ich meine, werden sie in....”, ich deutete auf den Raum um uns herum, „ .... in all diesem Zeug erwähnt?”
Die Frage überraschte ihn sichtlich, aber er schien es mir nicht zu verübeln, dass ich seine Berufung und sein Lebenswerk als „dieses Zeug” bezeichnete. Oder die Tatsache, dass ich nicht den blassesten Schimmer davon hatte, obwohl ic h siebzehn Jahre lang an Gottes diensten teilgenommen hatte. Ein verwunderter Ausdruck legte sich über seine Züge, dann hielt er in seiner Arbeit inne.
„Hm.... es kommt darauf an, was Sie unter einem ,Geist’ verstehen, nehme ich an.”
Ich klopfte mit dem Finger auf ein Theologiebuch. „Der ganze Sinn dieser Geschichte ist doch der, dass man in den Himmel oder in die Hölle kommt, wenn man stirbt. Das bedeutet, dass Geister nur Märchen sind, stimmt’s? Sie stehen ja nicht in der Bibel oder so.”
„Wieder”, sagte er, „hängt es davon ab, was Sie darunter verstehen. Unser Glaube hat immer die Auffassung vertreten, dass sich der Geist oder die Seele nach dem Tod vom Körper trennt und tatsächlich in dieser Welt zurückbleiben kann.”
„Was?” Mir fiel die staubige Schale, die ich mir gerade gegriffen hatte, aus der Hand. Glücklicherweise war sie aus Holz und zerbrach nicht. Ich hob sie hastig wieder auf. Das war nicht die Antwort, die ich erwartet hatte. „Für wie lange? Für immer?”
„Nein, nein, natürlich nicht. Das wäre mit der Wiederauferstehung und Erlösung nicht vereinbar, die die Ecksteine unseres Glaubens darstellen. Aber man glaubt, die Seele könne nach dem Tod zwischen drei und vierzig Tagen auf der Erde zurückbleiben. Über sie wird schließlich ein .vorläufiges’ Urteil gesprochen, das sie von dieser Welt in den Himmel oder in die Hölle schickt - obwohl niemand vor dem Jüngsten Gericht sein Schicksal wirklich erfahren wird, da erst an diesem Tag die Seele und der Körper wieder vereint werden, um so die Ewigkeit zu erleben.”
Die Sache mit der Erlösung ging über meine Hutschnur. Die „drei bis vierzig Tage” waren dagegen der Punkt, der meine Aufmerksamkeit erregte. Ich vergaß
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