Vampire Academy 03 ● Schattenträume
wieder krank werden, das wissen Sie.” Victor musterte mich gelassen, immer noch mit diesem erheiterten Gesichtsausdruck, der den Wunsch in mir weckte, ihn zu erwürgen.
„Alle Dinge sterben, Rose. Nun, bis auf Sie, nehme ich an. Vielleicht sind Sie ja schon tot. Ich weiß es nicht. Wer die Welt der Toten besucht, kann seine Verbindung zu jener Welt wahrscheinlich nie wieder ganz abbrechen.”
Mir lag eine schneidende Erwiderung auf den Lippen, aber irgendetwas hielt mich zurück. Wer die Welt der Toten besucht. Was war, wenn meine Mason-Erscheinungen ihren Grund nicht darin hatten, dass ich verrückt war oder er Rache suchte? Was, wenn irgendetwas mit mir geschah - etwas, das sich ereignet hatte, als ich gestorben und zurückgekehrt war -, das mich jetzt mit Mason verband? Es war Victor, der mir zuerst erklärt hatte, was es bedeutete, schattengeküsst zu sein.
Ich fragte mich jetzt, ob er irgendwelche jener Antworten hatte, nach denen ich suchte. Mein Gesicht musste etwas verraten haben, denn Victor musterte mich mit spekulativem Blick. „Ja? Gibt es etwas, das Sie gern sagen würden?”
Ich hasste es, ihn nach irgendetwas zu fragen. Mir drehte sich der Magen um. Dann schluckte ich meinen Stolz hinunter und fragte: „Was ist denn die Welt der Toten? Ist es der Himmel oder die Hölle?”
„Weder noch”, antwortete er.
„Was lebt dort?”, rief ich. „Geister? Werde ich zurückkommen? Kommen Dinge aus dieser Welt heraus?”
Es bereitete Victor großes Vergnügen, dass ich Informationen von ihm benötigte, genauso wie ich es befürchtet hatte. Ich sah, dass sich dieses Feixen noch verstärkte. „Nun, einige Dinge kommen natürlich aus dieser Welt heraus, denn Sie stehen ja hier vor uns.”
„Er hält Sie zum Narren”, bemerkte Dimitri. „Lassen Sie es gut sein.
Victor funkelte Dimitri kurz an. „Ich helfe ihr.” Er wandte sich wieder an mich. „Ehrlich? Ich weiß nicht allzu viel darüber. Sie sind diejenige, die dort gewesen ist, Rose. Nicht ich. Noch nicht. Eines Tages werden Sie wahrscheinlich diejenige sein, die mir Informationen gibt. In einem Punkt bin ich mir aber sicher: Je häufiger Sie töten, umso näher werden Sie dem Tod kommen.”
„Das reicht”, sagte Dimitri schroff. „Wir gehen.”
„Warten Sie, warten Sie”, rief Victor leutselig. „Sie haben mir noch nichts von Vasilisa erzählt.”
Ich trat wiederum einen Schritt vor. „Halten Sie sich von ihr fern. Sie hat nichts mit dieser Geschichte zu tun.”
Victor bedachte mich mit einem trockenen Blick. „Eingedenk der Tatsache, dass ich hier eingesperrt bin, habe ich wohl keine andere Wahl, als mich von ihr fernzuhalten, meine Liebe. Und Sie irren sich - Vasilisa hat mit allem zu tun.”
„Das ist der Grund”, erklärte ich, weil ich plötzlich verstand. „Deshalb haben Sie den Brief geschickt. Sie wollten mich hier haben, weil Sie etwas über Lissa erfahren wollten, denn Sie wussten, dass sie auf keinen Fall selbst hergekommen wäre. Sie hatten nichts, womit Sie sie erpressen konnten.”
„Erpressung ist ein hässliches Wort.”
„Sie werden sie ganz bestimmt nicht sehen - zumindest nicht außerhalb des Gerichtssaals. Sie wird Sie niemals heilen. Ich hab es Ihnen gesagt: Sie werden wieder krank werden, und Sie werden sterben. Sie werden derjenige sein, der mir Postkarten von der anderen Seite schickt.”
„Ach, Sie denken, darum ginge es hier? Sie denken, meine Bedürfnisse seien derart schäbig?” Der Spott war verflogen, und an seine Stelle war ein fiebriger, beinahe fanatischer Ausdruck in Victors grüne Augen getreten. Er presste die Lippen so fest zusammen, dass sich die Haut auf seinem Gesicht ein wenig spannte, und ich bemerkte, dass er seit unserer letzten Begegnung abgenommen hatte. Vielleicht war das Gefängnis härter für ihn gewesen, als ich gedacht hatte. „Sie haben alles vergessen, Sie haben vergessen, warum ich getan habe, was ich getan habe. Sie waren so verstrickt in Ihre eigene Kurzsichtigkeit, dass Ihnen das große Bild, das ich betrachtet habe, entgangen ist.”
Ich zermarterte mir das Gehirn und dachte zurück an jene Zeit im vergangenen Herbst. Er hatte recht. Ich hatte mich ganz und gar auf das Unrecht konzentriert, das er an Lissa und auch an mir persönlich begangen hatte. Ich hatte andere Gespräche vergessen, hatte seine irrsinnigen Erklärungen in Bezug auf seinen hehren Plan vergessen.
„Sie wollten eine Revolution anzetteln - wollen es immer noch. Das ist aber verrückt. Es
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