Vampire Academy 03 ● Schattenträume
warst, habe ich hier nach freien Terminen gefragt, und sie konnten uns noch irgendwie dazwischenquetschen.”
Lissa ging zu der Rezeptionistin und sagte ihr, wer wir waren. Die Frau erkannte unsere Namen sofort, schien aber überrascht zu sein, einen Dhampir einzulassen. Mir machte das jedoch nichts aus. Ich war von meiner Umgebung zu geblendet. Verglichen mit dem rauen, praktischen Lebensstil, an den ich gewöhnt war, wirkte diese Art von Luxus beinahe unglaublich.
Nachdem wir uns angemeldet hatten, drehte sich Lissa mit eifrig strahlendem Gesicht zu mir um. „Ich habe uns Massagetermine besorgt bei.... ”
„Nägel”, unterbrach ich sie.
„Was?”
„Ich will mir die Nägel machen lassen. Kann ich eine Maniküre bekommen?”
Es war das Exotischste und absolut Nutzloseste, was ich mir vorstellen konnte. Nun, für gewöhnliche Frauen war es vielleicht nicht nutzlos. Aber für mich? Angesichts der Art, wie ich meine Hände benutzte und sie Schmutz und Wind aussetzte? Mir an ihnen Blasen, Prellungen und Schwielen holte? Ja. Nutzlos. Ich hatte mir seit einer Ewigkeit nicht mehr die Nägel lackiert. Es gab einfach keinen Grund dazu. Die Hälfte des Nagellacks würde wahrscheinlich nach einer einzigen Trainingsstunde abplatzen. Eine Novizin wie ich konnte sich diese Art von Luxus nicht erlauben. Und das war auch der Grund, warum ich mir so verzweifelt eine Maniküre wünschte. Der Anblick von Lissa mit Make-up im Gesicht hatte diese Sehnsucht in mir geweckt, mein eigenes Gesicht ebenfalls zu verschönern. Ich akzeptierte den Umstand, dass es niemals ein fester Bestandteil meines Lebens sein konnte, aber wenn ich heute an einem Ort wie diesem war, dann bei Gott, wollte ich mir die Nägel machen lassen.
Lissa zögerte ein wenig. Sie hatte offenbar große Pläne für diese Massagesache gehabt. Aber es fiel ihr schwer, mir etwas abzuschlagen, und sie sprach noch einmal mit der Empfangsdame. Es klang so, als müsste diese ein wenig mit ihrem Terminplan jonglieren, aber sie sagte, sie würde es hinbekommen.
„Natürlich, Prinzessin.” Sie lächelte glücklich, verzaubert von Lissas natürlichem Charme. Die halbe Zeit brauchte Lissa nicht einmal Geist, um Leute dazu zu bringen, ihr zu helfen. „Ich will keine Unannehmlichkeiten machen”, sagte Lissa.
„Nein, nein. Wirklich nicht!”
Kurze Zeit später fanden wir uns an nebeneinanderstehenden Tischen wieder, während Moroi-Frauen unsere Hände in warmem Wasser einweichten und begannen, sie mit merkwürdigen Mischungen aus Zucker und Algen zu schrubben.
„Warum die Maniküre?”, wollte Lissa wissen. Ich erklärte ihr meine Gründe, dass ich kaum mehr Zeit für Make-up hätte und dass die Misshandlung meiner Hände jede Art von Verhätschelung unpraktisch machte. Ihr Gesicht wurde nachdenklich. „Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich habe nur überlegt, dass du in letzter Zeit wohl keine Lust dazu hattest. Oder, hm, dass du es nicht brauchtest. Nicht bei deinem Aussehen . ”
„Wie auch immer”, sagte ich. „Du bist diejenige, der die Männer zu Füßen liegen.”
„Wegen meines Namens. Du bist diejenige, die die Männer - wie zum Beispiel ein gewisser Mann, den wir gut kennen - aus ganz anderen Gründen wollen.”
Himmel, ich fragte mich, auf wen sie wohl anspielte. „Ja, aber diese anderen Gründe sind nicht sehr nobel.”
Sie zuckte die Achseln. „Der Punkt ist der gleiche. Du brauchst kein Make-up, damit ihnen bei deinem Anblick das Wasser im Mund zusammenläuft.” Ich spürte etwas denkbar Merkwürdiges durch das Band und sah mich selbst mit ihren Augen. Es war, als blicke ich in einen Spiegel.
Nur dass sie lediglich mein Profil sah. Aber als sie mich anschaute, dachte sie wirklich, ich sei schön. Mit meiner Sonnenbräune und dem dunklen Haar wirkte ich exotisch auf sie. Sie fühlte sich im Vergleich zu mir bleich und verwaschen, mager neben meinen Kurven. Es war unwirklich, wenn man bedachte, wie oft ich mich neben ihrer leuchtenden Schönheit schäbig fühlte. Ihr Neid war nicht boshaft; das lag auch nicht in ihrer Natur. Das Gefühl war eher sehnsüchtig, die Bewunderung eines Aussehens, das sie niemals haben konnte.
Ich wollte sie beruhigen, hatte aber das Gefühl, dass sie nicht wünschte, dass ich von ihren Unsicherheiten wusste. Außerdem wurden meine Gedanken unterbrochen, als die Frau, die mir die Nägel machte, mich fragte, welche Farbe ich für den Lack haben wolle. Ich wählte eine Farbe aus, die wie Goldglitzer aussah.
Weitere Kostenlose Bücher