Vampire Academy 04
vertrieben war, hatte alles aufgehört. Es fühlte sich an, als wäre jemand einfach in meinen Geist eingebrochen.
Und das kam mir irgendwie … bekannt vor.
23
Bedauerlicherweise konnte ich mich nicht daran erinnern, woher ich dieses Gefühl kannte.
Eingedenk all der anderen Dinge, die mit mir geschahen, war schon die Tatsache bemerkenswert, dass ich mich daran erinnert hatte. Meine Erinnerungen waren ein wenig versprengt, aber ich tat mein Bestes, sie durchzugehen und zu überlegen, wo ich dieses Kitzeln in meinem Gehirn schon einmal erlebt hatte. Ich fand keine Antwort, und all das Grübeln wurde bald ebenso frustrierend wie die Suche nach einem Fluchtplan.
Und je mehr Zeit verstrich, desto klarer wurde mir, dass ich wirklich einen Fluchtplan brauchte. Der Endorphinentzug brachte mich fast um, aber ich dachte immer klarer, während die Wirkung der Glücksstoffe in meinem Körper langsam immer weiter nachließ. Ich war erstaunt, dass ich so tief hatte sinken können. Sobald ich Dimitri erlaubt hatte, mich zu beißen … war ich innerlich zerbrochen. Ich hatte mein Urteilsvermögen verloren. Ich hatte meine Stärke und meine Fähigkeiten verloren. Ich war weich und albern und dumm geworden. Na ja, nicht ganz. Hätte ich vollkommen den Verstand verloren, wäre ich jetzt ein Strigoi. Es lag zumindest ein gewisser Trost darin, zu wissen, dass sich selbst in der Zeit, da ich von Dimitris Bissen high gewesen war, irgendein Teil von mir durch den Nebel gekämpft und sich geweigert hatte, klein beizugeben.
Zu wissen, dass ich nicht ganz so schwach war, wie ich geglaubt hatte, hielt mich aufrecht. Es wurde dadurch leichter, die Sehnsucht in meinem Körper zu ignorieren, mich mit schlechtem Fernsehen abzulenken und alles Essbare aus dem kleinen Kühlschrank zu verzehren. Ich blieb sogar länger wach, weil ich hoffte, mich dadurch zu erschöpfen. Es funktionierte, und sobald mein Kopf das Kissen berührte, schlief ich ein, driftete in einen traumlosen Schlaf ohne Entzugserscheinungen.
Als sich jemand neben mir ins Bett gleiten ließ, wurde ich wieder wach. Ich öffnete die Lider und starrte direkt in Dimitris rote Augen. Zum ersten Mal seit Tagen sah ich ihn mit Furcht an, nicht mit Liebe. Ich ließ mir jedoch nichts anmerken und lächelte. Dann streckte ich die Hand aus und berührte sein Gesicht.
„Du bist wieder da. Ich habe dich vermisst.“
Er hielt meine Hand fest und küsste die Innenseite. „Ich hatte noch etwas zu erledigen.“
Die Schatten spielten über sein Gesicht, und ich bemerkte einen winzigen getrockneten Blutfleck an seinem Kinn. Grimassen schneidend rieb ich ihn mit dem Finger weg. „Das sehe ich.“
„Es ist die natürliche Ordnung der Dinge, Rose. Wie fühlst du dich?“
„Besser. Nur dass …“
„Was?“
Ich wandte den Blick ab, abermals Opfer widerstreitender Gefühle. Der Ausdruck in seinen Augen verriet in diesem Moment mehr als simple Neugier. Es lag auch Sorge darin – nur ein wenig –, aber sie war da. Sorge um mich. Und dabei hatte ich ihm doch erst vor einer Sekunde Blut vom Gesicht gewischt – das Blut von irgendeiner armen Person, deren Leben höchstwahrscheinlich innerhalb der letzten paar Stunden ausgelöscht worden war.
„Ich war in Lissas Kopf“, sagte ich schließlich. Es konnte nicht schaden, ihm das zu erzählen. Wie Nathan wusste auch er, dass sie sich in der Akademie aufhielt. „Und … ich bin hinausgestoßen worden.“
„Hinausgestoßen?“
„Ja … ich sah durch ihre Augen, wie ich das für gewöhnlich tue, und dann hat irgendeine Macht … ich weiß nicht … eine unsichtbare Hand hat mich einfach weggestoßen. Ich habe noch nie etwas Derartiges erlebt.“
„Vielleicht ist es eine neue Fähigkeit, die mit dem Element Geist zusammenhängt.“
„Vielleicht. Nur dass ich sie regelmäßig beobachtet habe, und ich habe sie nie etwas Derartiges üben oder auch nur in Erwägung ziehen sehen.“
Er zuckte mit den Schultern und legte einen Arm um mich. „Wenn du erweckt bist, werden deine Sinne schärfer, und du gewinnst einen neuen Zugang zur Welt. Aber es macht dich nicht allwissend. Ich habe keine Ahnung, warum dir das passiert ist.“
„Ganz offensichtlich nicht allwissend, sonst würde Nathan ja nicht so dringend Informationen über sie wollen. Wieso eigentlich? Wieso sind die Strigoi so darauf fixiert, die königlichen Linien auszulöschen? Wir wissen, dass sie – dass ihr – es getan habt, aber warum? Welche Rolle spielt das denn? Ist ein
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