Vampire Academy 04
„Willst du denn nicht mit mir zusammen sein?“
„Ich muss zu Lissa …“
„Lass sie gehen“, sagte er und kam auf mich zu. „Lass all das los. Bleib hier bei mir – wir können alles haben, was wir jemals wollten, Rose. Wir können jeden Tag zusammen sein, jeden Morgen zusammen aufwachen.“
„Nein.“ Ich trat noch weiter zurück. Ich wusste, wenn ich es nicht tat, würde er mich wieder küssen, und dann wäre ich endgültig verloren. Lissa brauchte mich. Lissa saß in der Falle. Mit jeder verstreichenden Sekunde erinnerte ich mich deutlicher an die Situation mit Avery. Dies war alles nur eine Illusion.
„Rose?“, fragte er. In seiner Stimme lag so viel Schmerz. „Was tust du?“
„Es tut mir leid“, erwiderte ich und war den Tränen nah. Lissa. Ich musste zu Lissa. „Das hier ist nicht real. Du bist tot. Du und ich, wir können niemals zusammen sein, aber ihr kann ich immer noch helfen.“
„Liebst du sie denn mehr als mich?“
Lissa hatte mir fast die gleiche Frage gestellt, als ich fortging, um Dimitri zu suchen. Offenbar war ich dazu verdammt, mich zwischen den beiden entscheiden zu müssen.
„Ich liebe euch beide“, antwortete ich.
Und mit diesen Worten brachte ich meine ganze Willenskraft auf, um zu Lissa zurückzukehren, wo immer sie war, und mich von dieser Fantasie loszureißen. Ehrlich gesagt, ich hätte den Rest meiner Tage in dieser Scheinwelt verbringen können, um mit Dimitri in diesem Haus zu leben und jeden Morgen mit ihm aufzuwachen, wie er es gesagt hatte. Doch es war nicht real. Es wäre viel zu einfach gewesen, und wenn ich irgendetwas allmählich lernte, dann war es die Tatsache, dass das Leben alles andere als einfach war.
Die Anstrengung war unerträglich, doch plötzlich sah ich wieder den Raum in St. Vladimir vor mir. Ich konzentrierte mich auf Avery, die mich und Lissa anstarrte. Sie hatte auf genau die Erinnerung zugegriffen, die mich am meisten quälte, und versucht, mich mit einer Fantasie – die ich mehr wollte als alles andere auf der Welt – zu verwirren und von Lissa loszureißen. Doch ich hatte gegen Averys Geistfalle angekämpft und war ziemlich zufrieden mit mir – trotz meines Herzwehs. Ich wünschte, ich hätte direkt mit ihr kommunizieren und ihr ein paar Bemerkungen darüber an den Kopf schleudern können, was ich von ihr und ihrem Spiel hielt. Das stand jedoch außer Frage, daher vereinte ich meine Willenskraft abermals mit Lissas, und gemeinsam stiegen wir von der Fensterbank auf den sicheren Fußboden hinunter.
Avery war schweißgebadet, und als sie begriff, dass sie das psychische Tauziehen verloren hatte, wurde ihr hübsches Gesicht sehr hässlich. „Schön“, sagte sie. „Es gibt einfachere Methoden, dich zu töten.“
Plötzlich trat Reed in den Raum; er wirkte so feindselig wie eh und je. Ich hatte keine Ahnung, woher er gekommen war oder wieso er gewusst hatte, dass er genau in diesem Moment auftauchen musste, aber er ging ohne Umweg und mit ausgestreckten Händen auf Lissa zu. Dieses offene Fenster ragte hinter ihr auf, und man brauchte kein Genie zu sein, um seine Absichten zu erraten. Avery hatte mithilfe von Zwang versucht, Lissa dazu zu bringen, selbst zu springen. Reed würde sie einfach aus dem Fenster stoßen.
Binnen eines Herzschlags schoss ein mentales Gespräch zwischen Lissa und mir hin und her.
Okay, sagte ich zu ihr. Hier ist mein Plan. Wir müssen einen kleinen Rollentausch veranstalten.
Wovon redest du? Furcht durchflutete sie, was wohl verständlich war, da Reeds Hände sie bereits in wenigen Sekunden packen würden.
Nun, sagte ich, da ich gerade einen psychischen Machtkampf hinter mich gebracht habe, musst du jetzt das Kämpfen übernehmen. Und ich werde dir zeigen, wie.
28
Lissa brauchte nichts zu sagen, um mir klarzumachen, wie schockiert sie war. Die Gefühle grenzenlosen Erstaunens, die in mich hineinflossen, sagten mehr als tausend Worte. Ich dagegen hatte zwei wirklich wichtige Worte für sie:
Duck dich!
Vermutlich lag es an der Überrumpelung, dass sie so schnell reagieren konnte. Sie ließ sich einfach auf den Boden fallen. Das sah zwar etwas unbeholfen aus, aber sie entging damit Reeds direktem Angriff, und das brachte sie (größtenteils) aus der Gefahrenzone des offenen Fensters. Trotzdem prallte er gegen ihre Schulter und ihren Kopf, doch das war nicht besonders schmerzhaft.
Natürlich bedeutete „nicht besonders schmerzhaft“ für Lissa etwas vollkommen anderes als für mich. Lissa
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