Vampire Academy 04
auch keine Rolle.
„Sie haben recht. Aber es ist ganz und gar nicht einfach. Es erfordert eine vorsichtige Balance, einen Kreis von Vertrauen und Stärke zwischen zwei Personen. Oksana und ich haben lange gebraucht, um es zu lernen … viele harte Jahre …“
Seine Miene verdüsterte sich, und ich konnte mir nur allzu gut vorstellen, wie diese Jahre gewesen sein mussten. Meine kurze Zeit mit Lissa war schon schlimm genug gewesen. Und die beiden hatten erheblich länger damit leben müssen als wir. Es musste bisweilen unerträglich gewesen sein. Langsam und staunend wagte ich es, seinen Worten Glauben zu schenken.
„Aber jetzt kommen Sie beide gut zurecht?“
„Hm.“ Der Hauch eines schiefen Lächelns umspielte seine Lippen. „Ich würde nicht gerade sagen, dass wir hervorragend zurechtkommen. Sie kann mir nur bis zu einem gewissen Maße helfen, aber es macht das Leben erträglich. Sie wartet zwischen den Heilungen so lange, wie wir es aushalten können, da es sie eine Menge Kraft kostet. Das Ganze ist ungeheuer anstrengend, und es beschränkt ihre Gesamtmacht.“
„Wie meinen Sie das?“
Er zuckte die Achseln. „Sie kann trotzdem noch andere Dinge tun … Heilung, Zwang … aber nicht mehr in dem Ausmaß, wie sie es tun könnte, wenn sie nicht ständig mich heilen müsste.“
Meine Hoffnung geriet ins Wanken. „Oh. Dann … das könnte ich nicht. Das könnte ich Lissa nicht antun.“
„Verglichen mit dem, was sie Ihnen antut? Rose. Ich habe so das Gefühl, sie würde es für einen fairen Handel halten.“
Ich dachte zurück an unsere letzte Begegnung. Daran, wie ich sie verlassen hatte, trotz ihres Flehens. Ich dachte an die Tiefs, die sie während meiner Abwesenheit durchgemacht hatte. Daran, wie sie sich geweigert hatte, Dimitri zu heilen, als ich geglaubt hatte, es bestünde vielleicht noch Hoffnung für ihn. Wir waren beide schlechte Freundinnen gewesen.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht“, sagte ich kleinlaut. „Ich weiß nicht, ob sie es überhaupt tun würde.“
Mark warf mir einen langen, ruhigen Blick zu, aber er drängte mich zu nichts. Er schaute zur Sonne hinauf, beinahe so, als könne er von ihr die Zeit ablesen. Was er wahrscheinlich tatsächlich konnte. Er machte auf mich ganz den Eindruck eines Mannes, der sich darauf verstand, auch in der Wildnis zu überleben. „Die anderen werden sich sicher schon fragen, was aus uns geworden ist. Bevor wir gehen …“ Er griff in seine Tasche und holte einen kleinen, schlichten Silberring hervor. „Sie heilen zu lernen braucht Zeit. Was mir im Augenblick am meisten Sorgen bereitet, ist Ihre Einzelkämpferhaltung. Die Dunkelheit wird alles nur noch schlimmer machen. Nehmen Sie den hier.“
Er hielt mir den Ring hin. Ich zögerte, dann griff ich danach. „Was ist damit?“
„Oksana hat den Ring mit Geist getränkt. Es ist ein Heilungszauber.“
Und wieder war ich bass erstaunt. Die Moroi belegten ständig Gegenstände mit Elementarmagie. Pflöcke wurden beispielsweise mit allen vier Naturelementen verzaubert, sodass sie für Strigoi tödlich waren. Victor hatte eine Halskette mit Erdmagie belegt und die Urinstinkte der Erde benutzt, um die Kette zu einem Lustzauber zu machen. Selbst Sydneys Tätowierung war eine Art Zauber. Vermutlich gab es keinen Grund, warum man Gegenstände nicht auch mit Geist belegen können sollte, aber es war mir einfach nie in den Sinn gekommen, wahrscheinlich weil Lissas Kräfte noch zu neu und zu unerforscht waren.
„Was bewirkt er? Ich meine, welche Art von Heilung?“
„Er wird Ihnen bei Ihren Stimmungen helfen. Der Ring kann sie nicht wegzaubern, aber er wird sie glätten – Ihnen helfen, klarer zu denken. Er könnte Sie vor Schwierigkeiten bewahren. Oksana macht diese Ringe für mich, um mir zwischen den Heilungen zu helfen.“ Ich wollte ihn auf einen Finger stecken, aber Mark schüttelte den Kopf. „Sparen Sie ihn für eine Gelegenheit auf, da Sie wirklich das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren. Die Magie hält nicht ewig. Sie verblasst genau wie jeder andere Zauber auch.“
Ich starrte den Ring an, und mein Kopf war plötzlich bereit für die verschiedensten neuen Möglichkeiten. Einige Sekunden später ließ ich den Ring in meine Manteltasche gleiten.
Paul streckte den Kopf zur Hintertür heraus.
„Großmutter will jetzt aufbrechen“, erklärte er mir. „Sie will wissen, warum du so lange brauchst, und ich soll fragen, warum du eine so alte Frau wie sie warten und wegen
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