Vampire Academy 04
und darüber, was er von dir will. Aber selbst wenn es mir gestattet wäre, gäbe es nicht allzu viel zu sagen. In mancher Hinsicht ist er mir ein genauso großes Rätsel, wie er es für dich ist. Wie gesagt, viele seiner Geschäfte sind illegal – sowohl unter Menschen als auch unter Moroi. Und er tritt nur dann in direkten Kontakt mit Leuten, wenn es irgendwie mit seinen Geschäften zu tun hat – oder wenn es sich um einen sehr, sehr speziellen Fall handelt. Ich denke, du bist einer dieser Fälle, und selbst wenn er dir nichts Böses will, könnte er vorhaben, dich für seine eigenen Zwecke einzusetzen. Es könnte etwas so Einfaches sein, wie dich als Leibwächterin zu gewinnen, da du eine Einzelgängerin bist. Vielleicht will er aber auch über dich an andere herankommen. Vielleicht ist das alles Teil des Plans einer anderen Person, und es steckt jemand dahinter, der noch viel geheimnisvoller ist als er selbst. Vielleicht tut er sogar jemandem einen Gefallen. Zmey kann gefährlich oder freundlich sein, das hängt ganz davon ab, was er erreichen will.
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal genug Anteil am Schicksal eines Dhampirs nehmen würde, um das zu sagen, aber sei vorsichtig. Ich weiß zwar nicht, welche Pläne du jetzt verfolgst, aber ich habe das Gefühl, dass du Schwierigkeiten geradezu magisch anziehst. Ruf mich an, wenn es irgendetwas gibt, bei dem ich dir helfen kann, aber lass, wenn du in die großen Städte zurückkehrst, um Strigoi zu jagen, keine weiteren Leichen mehr unbewacht herumliegen!
Mit den besten Wünschen,
Sydney
PS: „Der Rote Orkan“ ist der Name, auf den ich den Wagen getauft habe.
PPS: Nur weil ich dich mag, heißt das noch lange nicht, dass ich dich nicht länger für eine böse Kreatur der Nacht halten würde. Denn das bist du.
Ganz unten auf der Seite stand ihre Handynummer, und ich musste lächeln. Als wir mit Abe und seinen Wächtern nach Baja gefahren waren, hatte Sydney unseren Wagen zurücklassen müssen, was sie etwa ebenso sehr traumatisiert hatte wie die Strigoi. Ich hoffte, dass die Alchemisten ihre erlauben würden, ihn zu behalten. Trotz ihrer Warnungen in Bezug auf Abe erheitert, schüttelte ich den Kopf. Der Rote Orkan.
Als ich in mein Zimmer hinaufging, verblasste mein Lächeln jedoch. Trotz ihrer abweisenden Art würde ich Sydney vermissen. Sie mochte nicht direkt eine Freundin sein – oder vielleicht doch? –, aber in dieser kurzen Zeit hatte ich mir angewöhnt, sie als eine Konstante in meinem Leben zu betrachten. Davon waren mir nicht mehr viele geblieben. Ich hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, und wusste nicht mehr, was ich jetzt tun sollte. Ich war hierhergekommen, um Dimitri Frieden zu bringen, und letzten Endes hatte ich lediglich seiner Familie Trauer gebracht. Und wenn es stimmte, was alle sagten, würde ich hier in Baja nicht viele Strigoi finden. Irgendwie konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Dimitri auf der Suche nach Gelegenheitsopfern die Straßen entlangspazierte. Selbst als Strigoi – und es brachte mich fast um, diese Worte zu denken – würde Dimitri ein Ziel haben. Wenn er nicht in die vertraute Umgebung seiner Heimatstadt zurückkehrte, würde er etwas anderes tun, das eine höhere Bedeutung hatte – soweit ein Strigoi dazu überhaupt in der Lage war. Sydneys Bemerkung in ihrem Brief hatte bestätigt, wovon ich immer wieder gehört hatte: Strigoi hielten sich auch in größeren Städten auf. Aber in welcher? Wohin würde Dimitri gehen?
Jetzt war ich diejenige, die kein Ziel hatte. Und obendrein musste ich immer wieder an Marks Worte denken. War ich wirklich ein wahnwitziger Killer in eigener Mission? Lief ich blindlings in den Tod? Oder lief ich blindlings ins … Nichts? War ich dazu verdammt, den Rest meiner Tage umherzuirren? Allein?
Als ich mich auf mein Bett setzte, sank meine Stimmung in den Keller, und ich wusste, dass ich mich irgendwie ablenken musste. Ich war zu empfänglich für düstere Gefühle, solange Lissa das Geistelement benutzte, und ich hatte nicht vor, mich diesen finsteren Empfindungen auch noch hinzugeben. Also streifte ich den Ring über, den Mark mir gegeben hatte, und hoffte, dass er mir ein wenig Klarheit und Ruhe bringen würde. Ich stellte jedoch keinen erkennbaren Unterschied fest und beschloss, Frieden an demselben Ort zu suchen, an dem ich ihn immer suchte: in Lissas Kopf.
Sie war mit Adrian zusammen, und die beiden übten wieder den Umgang mit dem
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