Vampire Academy 05
in meine eigene Realität zurück und freute mich auf eine sättigende Pause – nur um von Hans darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, dass ich weiterarbeiten musste.
„Ich bitte Sie! Ist nicht längst Mittagszeit? Sie müssen mir etwas zu essen geben“, rief ich. „Das ist einfach mehr als grausam. Werfen Sie mir wenigstens ein paar Krümel hin.“
„Ich habe Ihnen etwas zu essen gegeben. Oder, na ja, Sie haben sich selbst etwas zu essen gegeben, als Sie dieses Sandwich inhaliert haben. Sie wollten vorhin Ihre Mittagspause. Sie haben sie bekommen. Jetzt arbeiten Sie weiter.“
Ich schlug mit den Fäusten gegen die endlosen Papierstapel vor mir. „Kann ich nicht wenigstens etwas anderes tun? Gebäude anstreichen? Felsen schleppen?“
„Ich fürchte, nein.“ Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Wir haben noch eine Menge Akten, die bearbeitet werden müssen.“
„Wie lange denn bloß noch? Wie lange werden Sie mich bestrafen?“
Hans zuckte die Achseln. „Bis mir jemand sagt, dass ich aufhören soll.“
Er ließ mich wieder in Ruhe, ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und versuchte mit Gewalt, den Tisch vor mir nicht umzukippen. Ich dachte, dass ich mich dann vorübergehend besser fühlen würde, aber es bedeutete auch, dass ich die Arbeit, die ich geleistet hatte, noch einmal würde tun müssen. Mit einem Seufzer wandte ich mich wieder meiner Pflicht zu.
Als ich später in Lissas Kopf zurückkehrte, war sie gerade beim Dinner. Es fand zwar zu Ehren ihres Geburtstags statt, aber in Wirklichkeit war es nur ein einziges langes Gespräch mit Priscilla. Das war doch keine Art, einen Geburtstag zu verbringen, fand ich. Ich würde sie dafür entschädigen, wann immer ich meine Freiheit zurückgewann. Wir würden eine richtige Party schmeißen, und ich würde ihr mein Geburtstagsgeschenk überreichen können: zauberhafte Lederstiefel, bei deren Erwerb mir Adrian in der Schule geholfen hatte.
Es wäre vielleicht interessanter gewesen, in Christians Kopf zu sein, aber da das nun mal keine Option war, kehrte ich in meine eigenen Gedanken zurück und grübelte über mein früheres Gespräch mit Adrian nach. Würde diese Strafe tatsächlich ein Ende nehmen? Würde ein offizieller königlicher Erlass Lissa und mich endlich wieder zusammenbringen, trotz der üblichen Politik der Wächter?
Der Versuch dahinterzukommen, war wie ein Lauf auf einem Hamsterrad. Eine Menge Arbeit. Kein Fortschritt. Aber es brachte mich durch das Gespräch beim Dinner, und bevor ich noch recht wusste, wie mir geschah, erhob sich Lissas Gruppe und steuerte auf die Tür des Restaurants zu. Draußen war es inzwischen dunkel, und Lissa konnte nicht umhin, es seltsam zu finden, nach menschlichem Zeitplan zu leben. In der Schule oder bei Hofe wäre dies die Mitte des Tages gewesen. Stattdessen kehrten sie jetzt in ihr Hotel zurück und würden demnächst zu Bett gehen. Na ja, wahrscheinlich nicht sofort. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Lissa und Christian, wenn sie ihre gegenwärtige Verschnupftheit überwinden konnten, erst noch ein paar Kissen dolchen würden. So sehr ich mir wünschte, dass die beiden wieder zusammenkamen, konnte ich mich des Gedankens doch nicht erwehren, dass sie getrennt erheblich sicherer waren.
Oder vielleicht auch nicht.
Die Gruppe war bis weit nach der normalen Dinnerstunde im Restaurant geblieben, daher war der Parkplatz fast leer, als sie ihn überquerten. Die Wächter hatten zwar nicht ganz hinten geparkt, aber sie standen auch nicht in der Nähe des Haupteingangs. Sie hatten jedoch dafür gesorgt, dass sie neben einer der Straßenlaternen standen, die den Parkplatz beleuchteten.
Nur dass er jetzt eben nicht beleuchtet war. Die Beleuchtung war ausgefallen.
Grant und Priscillas Wächter bemerkten es sofort. Es war die Art von geringfügiger Einzelheit, die zu bemerken man uns ausbildete: alles Ungewöhnliche, all das, was sich vielleicht verändert hatte. Wie der Blitz hatten beide ihre Pflöcke herausgeholt und flankierten die Moroi. Serena und der Christian zugeteilte Wächter brauchten nur Sekunden, um ihrem Beispiel zu folgen. Das war auch etwas, für das wir ausgebildet wurden. Sei wachsam. Reagiere. Folge deinen Kollegen.
Sie waren schnell. Sie waren alle ungewöhnlich schnell. Aber es spielte keine Rolle.
Denn plötzlich waren überall Strigoi.
Ich bin mir nicht ganz sicher, woher sie kamen. Vielleicht hatten sie hinter den Autos oder am Rand des Parkplatzes gestanden. Wenn ich die
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