Vampire Academy 05
worden waren. Ich sah auf die Uhr, erstaunt darüber, wie lange ich geschlafen hatte. Nach Vampirzeit war es später Morgen. Binnen fünf Minuten hatte ich geduscht und nicht zerrissene, nicht blutbeschmierte Kleider angezogen. Wie der Blitz war ich zur Tür hinaus.
Überall gingen Leute ihren alltäglichen Pflichten nach, doch wann auch immer ich an mehr als einer Person vorbeikam, schien sich das Gespräch um die Schlacht im Lagerhaus zu drehen – und um Dimitri.
„Du weißt, dass sie heilen kann“, hörte ich einen Moroi zu seiner Frau sagen. „Warum nicht auch Strigoi? Warum nicht die Toten?“
„Es ist doch Wahnsinn“, konterte die Frau. „Ich habe ohnehin nie an diese Sache mit … Geist geglaubt. Es war bloß eine Lüge, um die Tatsache zu vertuschen, dass sich die kleine Dragomir nie spezialisiert hat.“
Den Rest ihres Gespräches bekam ich nicht mit, aber andere Gruppen, an denen ich vorbeikam, redeten über ähnliche Dinge. Die Leute waren entweder davon überzeugt, dass das Ganze ein Schwindel war, oder sie betrachteten Lissa schon jetzt als eine Heilige. Ab und zu hörte ich etwas Seltsames, wie dass die Wächter einen Haufen Strigoi gefangen hätten, um mit ihnen zu experimentieren. Bei all den Spekulationen hörte ich jedoch niemals Dimitris Namen oder erfuhr, was wirklich mit ihm geschah.
Ich folgte dem einzigen Plan, den ich hatte: Ich wollte in das Wächtergebäude gehen, in dem sich das Gefängnis des Hofes befand, obwohl ich mir nicht sicher war, was ich wirklich tun würde, wenn ich dort eintraf. Ich war mir nicht einmal ganz sicher, ob Dimitri noch immer dort war, aber es schien mir der wahrscheinlichste Ort zu sein. Als ich unterwegs an einem Wächter vorbeikam, brauchte ich mehrere Sekunden, um zu begreifen, dass ich ihn kannte. Ich blieb stehen und drehte mich um.
„Mikhail!“ Er blickte über die Schulter zurück, und als er mich sah, kam er auf mich zu. „Was ist los?“, fragte ich, erleichtert darüber, ein freundliches Gesicht zu sehen. „Haben sie Dimitri rausgelassen?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, sie versuchen immer noch dahinterzukommen, was eigentlich geschehen ist. Alle sind verwirrt, obwohl die Prinzessin nach einem Besuch bei ihm immer noch hoch und heilig geschworen hat, dass er kein Strigoi mehr sei.“
In Mikhails Stimme lag Staunen – und auch Sehnsucht. Er hoffte, dass es der Wahrheit entsprach, dass es vielleicht noch eine Chance gab, seine Geliebte zu retten. Mir tat das Herz geradezu weh: um ihn. Ich hoffte, dass er und Sonya ein glückliches Ende finden konnten, genauso wie …
„Moment mal. Was haben Sie gesagt?“ Seine Worte bereiteten meinen romantischen Überlegungen ein Ende. „Haben Sie gerade gesagt, Lissa habe ihn besucht? Sie meinen, nach dem Kampf?“ Ich griff sofort nach dem Band. Es wurde auch allmählich klarer – aber Lissa schlief, daher erfuhr ich nichts.
„Er hat nach ihr gefragt“, erklärte Mikhail. „Also haben sie sie hineingelassen – bewacht natürlich.“
Ich starrte ihn an, der Unterkiefer klappte mir beinahe bis zum Boden herunter. Dimitri empfing Besucher. Sie erlaubten ihm tatsächlich, Besucher zu empfangen. Dieses Wissen erhellte die dunkle Stimmung ein wenig, die sich in mir aufgebaut hatte. Ich wandte mich ab. „Danke, Mikhail.“
„Warten Sie, Rose …“
Aber ich blieb nicht stehen. Ich rannte so schnell ich konnte zum Gebäude der Wächter, ohne die Blicke zu bemerken, mit denen man mich anstierte. Ich war zu erregt, zu berauscht von dieser neuen Information. Ich konnte also Dimitri sehen. Ich konnte endlich wieder bei ihm sein, und er würde wieder so sein, wie er … sein sollte.
„Sie können nicht zu ihm.“
Wie angewurzelt blieb ich stehen, als mich der diensthabende Wächter im vorderen Empfangsbereich aufhielt.
„W-Was? Ich muss aber zu Dimitri.“
„Keine Besucher.“
„Aber Lissa – ähm – Vasilisa Dragomir durfte doch auch zu ihm.“
„Er hat nach ihr gefragt.“
Ich sah ihn ungläubig an. „Er muss auch nach mir gefragt haben.“
Der Wächter zuckte die Achseln. „Wenn er es getan hat, hat mir jedenfalls niemand davon erzählt.“
Der Ärger, den ich in der vergangenen Nacht zurückgehalten hatte, erwachte schließlich von neuem. „Dann suchen Sie nach jemandem, der etwas weiß! Dimitri will mich mit Sicherheit sehen. Sie müssen mich hineinlassen. Wer ist Ihr Chef?“
Der Wächter funkelte mich an. „Ich werde nirgendwo hingehen, bevor meine Schicht vorüber
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