Vampire Academy 05
die Regeln ignoriert und mich lediglich vorführen lassen, um mich mit Lob zu überhäufen. Sie hatten mich einfach benutzt. Tatiana hatte mich benutzt.
Als wir in der Ratshalle ankamen, herrschte dort genauso viel Chaos, wie Adrian angedeutet hatte. Na gut, ich hatte nicht viel Zeit bei solchen Zusammenkünften verbracht, aber ich war mir doch ziemlich sicher, dass Leute, die in Gruppen zusammenstanden und einander anbrüllten, nicht normal waren. Der Herold des Rates schrie sich wahrscheinlich auch nicht besonders oft heiser, um die Menge zur Ordnung zu rufen.
Der einzige ruhige Pol war Tatiana selbst, die geduldig auf ihrem Stuhl an der Mitte des Tisches saß, wie die Etikette des Rates es vorschrieb. Sie wirkte ausgesprochen selbstzufrieden. Ihre übrigen Kollegen hatten jedes Gefühl für Schicklichkeit verloren und waren – wie das Publikum – aufgesprungen, um miteinander oder mit jedem anderen zu debattieren, der bereit war, Streit zu suchen. Ich sah mich staunend um, unsicher, was ich in all diesem Aufruhr tun sollte.
„Wer hat wofür gestimmt?“, fragte ich.
Adrian betrachtete die Ratsmitglieder und zählte sie an den Fingern ab. „Szelsky, Ozera, Badica, Dashkov, Conta und Drozdov. Sie waren dagegen.“
„Ozera?“, fragte ich überrascht. Ich kannte die Ozera-Prinzessin – Evette – zwar nicht sehr gut, aber sie hatte immer ziemlich steif und unfreundlich gewirkt. Jetzt war sie in meiner Achtung gestiegen.
Adrian deutete mit dem Kopf auf Tasha, die auf eine große Gruppe von Leuten wütend einredete. Ihre Augen blitzten, sie gestikulierte wild. „Evette ist von einigen Mitgliedern ihrer Familie überzeugt worden.“
Dies entlockte mir ein Lächeln, aber nur für einen Moment. Es war gut, dass Tasha und Christian in ihrem Clan wieder Anerkennung fanden, aber unser Problem war damit noch lange nicht aus der Welt geschafft. Die übrigen Namen konnte ich mir selbst zusammenreimen.
„Also … Prinz Ivashkov hat dafür gestimmt“, sagte ich. Adrian zuckte die Achseln, als wolle er sich für seine Familie entschuldigen. „Lazar, Zeklos, Tarus und Voda.“ Dass die Familie Voda für zusätzlichen Schutz stimmte, war nicht direkt eine Überraschung, wenn man die kürzliche Ermordung Priscillas bedachte. Priscilla lag noch nicht einmal in ihrem Grab, und der neue Voda-Prinz, Alexander, schien eindeutig unsicher zu sein, was er mit seiner plötzlichen Beförderung anfangen sollte.
Ich warf Adrian einen scharfen Blick zu. „Das sind nur fünf zu sechs. Oh.“ Dann dämmerte mir die Erkenntnis. „Mist. Die Stimme des Throns gibt im Zweifelsfall den Ausschlag.“
Das Abstimmungssystem der Moroi gründete sich auf seine zwölf Ratsmitglieder, einen für jede Familie, und dazu kam dann der jeweilige Regent, der König oder die Königin. Nun gut, oft bedeutete es, dass eine Familie zwei Stimmen bekam, da der Monarch selten gegen seine eigene Familie stimmte. Es war allerdings auch schon vorgekommen. Nichtsdestoweniger sollte es insgesamt dreizehn Stimmen geben, damit ein Unentschieden ausgeschlossen war. Nur dass … in jüngerer Zeit ein Problem entstanden war. Es gab keine Dragomirs mehr im Rat, was bedeutete, dass es zu Pattsituationen kommen konnte. In diesen seltenen Fällen schrieb das Gesetz der Moroi vor, dass die Stimme des Monarchen zusätzliches Gewicht hatte. Ich hatte gehört, dass dies stets umstritten gewesen sei, und doch ließ es sich gleichzeitig nicht ändern. Pattsituationen im Rat würden bedeuten, dass niemals irgendetwas geregelt wurde, und da Monarchen gewählt wurden, hielten viele es für selbstverständlich, dass sie im besten Interesse der Moroi handelten.
„Tatianas Stimme war die sechste“, sagte ich. „Und ihre Stimme hat den Ausschlag gegeben.“ Als ich mich umschaute, sah ich ein wenig Zorn auf den Gesichtern der Leute aus den Familien, die gegen den Erlass gestimmt hatten. Offenbar glaubte niemand, dass Tatiana im besten Interesse der Moroi gehandelt hatte.
Ich spürte Lissas Nähe durch das Band, so dass ihr Erscheinen einige Sekunden später keine Überraschung war. Die Neuigkeiten hatten sich schnell verbreitet, obwohl sie die genauen Einzelheiten noch nicht kannte. Adrian und ich winkten sie zu uns herüber. Sie war genauso sprachlos wie wir.
„Wie konnten sie das tun?“, fragte sie.
„Weil sie zu große Angst haben, dass jemand sie dazu zwingen könnte zu lernen, sich selbst zu verteidigen. Tashas Gruppe wurde zu laut.“
Lissa schüttelte den
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