Vampire Academy 05
Mikhail und mich wegzudrängen. Aber ich leistete Widerstand.
„Nein, warten Sie …“
„Kämpfen Sie nicht dagegen an“, murmelte mir Mikhail ins Ohr. „Uns läuft die Zeit davon, und Sie hätten heute ohnehin nicht mehr erreichen können.“
Ich wollte protestieren, aber die Worte steckten mir im Hals fest. Ich ließ mich von den Wächtern hinausführen, aber nicht bevor ich Dimitri einen letzten langen Blick zugeworfen hatte. Sein Gesicht zeigte einen perfekten, leeren Ausdruck, wie er Wächtern eigen war. Aber die durchdringende Art, wie er mich ansah, überzeugte mich davon, dass eine Menge in ihm vorging.
Mikhails Freund tat oben noch immer Dienst, was uns die Möglichkeit gab hinauszuschlüpfen, ohne größere Probleme zu bekommen. Sobald wir wieder im Freien waren, blieb ich stehen und trat wütend gegen eine der Stufen.
„Verdammt!“, brüllte ich. Einige Moroi auf der anderen Seite des Innenhofs – sie kamen wahrscheinlich von irgendeiner späten Party nach Hause – warfen mir erschrockene Blicke zu.
„Beruhigen Sie sich“, sagte Mikhail. „Dies war das erste Mal seit der Verwandlung, dass Sie ihn gesehen haben. Sie können doch im Augenblick nur eine gewisse Anzahl an Wundern erwarten. Er wird schon wieder zu sich kommmen.“
„Ich bin mir da gar nicht so sicher“, brummte ich. Seufzend schaute ich zum Himmel empor. Kleine, duftige Wolken trieben gerade träge über uns hinweg, aber ich sah sie kaum. „Sie kennen ihn ja nicht so gut, wie ich ihn kenne.“
Obwohl ein Teil von mir dachte, dass viele der Dinge, die Dimitri gesagt hatte, tatsächlich eine Reaktion auf den Schock sein mussten, dass er wieder der Alte war, hatte ein anderer Teil von mir durchaus Bedenken. Ich kannte Dimitri. Ich kannte auch sein Ehrgefühl, seine unverrückbaren Ansichten darüber, was Recht und was Unrecht war. Er stand zu diesen Ansichten. Er lebte sein ganzes Leben nach ihnen. Wenn er wirklich und wahrhaftig glaubte, es sei das Richtige, mir aus dem Weg zu gehen und jede Beziehung zwischen uns verblassen zu lassen, na ja … es bestand eine gute Chance, dass er das auch durchziehen würde, ungeachtet der Liebe zwischen uns. Wie ich mich zuvor erinnert hatte, hatte er in St. Vladimir gewiss eine Menge Widerstand an den Tag gelegt.
Was den Rest betraf … den Teil, dass er mich nicht länger liebte oder nicht mehr in der Lage war, überhaupt irgendjemanden zu lieben, nun, das wäre ein ganz anderes Problem, wenn es der Wahrheit entspräche. Sowohl Christian als auch Adrian hatten sich Sorgen gemacht, dass ein wenig von einem Strigoi in ihm zurückgeblieben sein konnte. Aber ihre Ängste hatten sich um Gewalttätigkeit und Blutvergießen gedreht. Diese Folge aber hätte niemand erraten: dass das Leben als Strigoi sein Herz verhärtet hatte, dass es jede Chance getötet hatte, wieder jemanden zu lieben.
Dass es jede Chance getötet hatte, mich zu lieben.
Und ich war mir ziemlich sicher, wenn dies der Fall war, dann würde auch ein Teil von mir sterben.
21
Danach gab es nur noch wenig, was Mikhail und ich einander zu sagen hatten. Der Himmel färbte sich im Osten bereits purpurn. Die Sonne würde bald aufgehen und damit die Mitte unserer Nacht anzeigen. Durch das Band stellte ich fest, dass die Totenwache endlich abgeschlossen war und Lissa sich auf den Weg zurück zu ihrem Zimmer gemacht hatte – sie machte sich Sorgen um mich und ärgerte sich noch immer darüber, dass Christian zusammen mit Mia aufgetaucht war.
Ich folgte Lissas Beispiel und fragte mich, ob der Schlaf die Qual lindern werde, die mir nach meinem Besuch bei Dimitri das Herz zerriss. Wahrscheinlich nicht. Trotzdem bedankte ich mich bei Mikhail für seine Hilfe und für das Risiko, das er auf sich genommen hatte. Er nickte lediglich, als gäbe es keinen Grund, ihm zu danken. Es war genau das, was er sich von mir gewünscht hätte, wären unsere Rollen verkehrt gewesen und wäre Ms Karp diejenige gewesen, die hinter Gittern saß.
In meinem Bett versank ich in einen tiefen Schlaf, doch meine Träume waren unruhig. Wieder und wieder hörte ich Dimitri sagen, dass er mich nicht länger lieben könne. Es traf mich jedes Mal aufs Neue und zerschlug mir das Herz in kleine Stücke. Irgendwann war das Schlagen aber mehr als ein Traum. Ich hörte echte Schläge. Jemand hämmerte an meine Tür, und langsam kämpfte ich mich aus meinen schrecklichen Träumen frei.
Mit trüben Augen ging ich zur Tür und sah mich Adrian gegenüber. Die Szene
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