Vampire Academy 05
für sie tun würde. Wieder hatte ich dieses mürrische Gefühl, dass mir Unrecht widerfuhr. Ich weigerte mich zu glauben, dass er mich nicht länger lieben konnte. Es war nicht möglich, nicht nach allem, was er und ich zusammen durchgestanden hatten. Nicht nach allem, was wir füreinander empfunden hatten.
„Sie scheinen sich wirklich nahe zu sein“, bemerkte Christian mit einem argwöhnischen Unterton in der Stimme. Ich hatte keine Zeit, ihm zu erklären, dass seine Sorgen unbegründet waren, denn ich wollte hören, was Dimitri zu sagen hatte.
Anderen fiel es schwer, die Geschichte seiner Verwandlung nachzuvollziehen, im Wesentlichen deshalb, weil Geist noch immer so missverstanden wurde. Reece holte so viel wie möglich aus Dimitri heraus, und überließ die weitere Befragung dann Hans. Hans, so pragmatisch wie nur je, sah aber keine Notwendigkeit für ein intensives Verhör. Er war ein Mann der Tat, nicht der Worte. Also ergriff er einen Pflock und forderte Dimitri auf, ihn zu berühren. Die Wächter in der Nähe spannten sich an, wahrscheinlich für den Fall, dass Dimitri versuchte, Hans den Pflock zu entreißen und Amok zu laufen.
Stattdessen streckte Dimitri gelassen die Hand aus und hielt den oberen Teil des Pflocks für einige Sekunden fest. Es folgte ein kollektives Aufkeuchen, während alle darauf warteten, dass er vor Schmerz aufschrie, da Strigoi verzaubertes Silber ja nicht berühren konnten. Stattdessen wirkte Dimitri eher gelangweilt.
Dann erstaunte er sie alle. Er zog die Hand zurück und hielt Hans seinen muskulösen Unterarm hin. Wegen des sonnigen Wetters trug Dimitri ein T-Shirt, so dass die Haut dort nackt war.
„Schneiden Sie mich damit“, forderte er Hans auf.
Hans zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich Sie damit schneide, wird es wehtun, ganz gleichgültig, was Sie sind.“
„Es wäre aber unerträglich, wenn ich ein Strigoi wäre“, bemerkte Dimitri. Sein Gesicht wirkte hart und entschlossen. Es war der Dimitri, den ich in der Schlacht gesehen hatte, der Dimitri, der niemals zurückwich. „Tun Sie es einfach. Machen Sie es mir nicht so leicht.“
Zuerst reagierte Hans gar nicht. Dies kam offensichtlich unerwartet für ihn. Schließlich blitzte aber eine gewisse Entschlossenheit auf seinen Zügen auf, und er fuhr mit der Spitze des Pflocks über Dimitris Haut. Wie Dimitri erbeten hatte, hielt sich Hans nicht zurück. Die Spitze grub sich tief in sein Fleisch, Blut quoll aus der Wunde. Mehrere Moroi, nicht an den Anblick von Blut gewöhnt (es sei denn, sie tranken es), schnappten angesichts dieser Gewalttat nach Luft. Wie ein einziger Mann beugten wir uns allesamt vor.
Dimitris Gesicht verriet, dass er definitiv Schmerz verspürte, aber verzaubertes Silber würde einen Strigoi nicht einfach verletzen – es würde brennen. Ich hatte eine Menge Strigoi mit Pflöcken verletzt und sie vor Qual schreien hören. Dimitri verzog das Gesicht und biss sich auf die Lippe, als das Blut über seinen Arm floss. Ich schwöre, in seinen Augen stand angesichts seiner Fähigkeit, dies mit Stärke durchzustehen, Stolz.
Als offensichtlich wurde, dass er nicht anfangen würde, um sich zu schlagen, streckte Lissa die Hand nach ihm aus. Ich spürte ihre Absicht: Sie wollte ihn heilen.
„Warten Sie“, sagte Hans. Bei einem Strigoi würde diese Wunde binnen Minuten verheilen.
Ich musste Hans recht geben. Er hatte zwei Tests zu einem gemacht. Dimitri warf ihm einen dankbaren Blick zu, und Hans nickte anerkennend. Hans glaubte ihm, begriff ich. Welche Fehler der Mann auch haben mochte, Hans dachte wirklich, dass Dimitri wieder ein Dhampir war. Dafür würde ich ihn für immer lieben, ganz gleich, wie viele Akten er mir auch zu sortieren gab.
Also standen wir alle da und beobachteten, wie der arme Dimitri blutete. Es war irgendwie absurd, wirklich, aber der Test funktionierte. Es war für alle offensichtlich, dass die Schnittwunde nicht verschwinden würde. Lissa bekam schließlich die Erlaubnis, die Wunde zu heilen, und das verursachte eine größere Reaktion unter den Zuschauern. Staunendes Gemurmel umgab mich, und verzückte, sogar anbetende Blicke zeigten sich auf den Gesichtern der Leute.
Reece richtete den Blick auf die Menge. „Möchte irgendjemand noch eine andere Frage stellen?“
Niemand sagte etwas. Angesichts der Bilder vor ihnen waren alle sprachlos.
Nun, irgendjemand musste dann aber doch vortreten. Buchstäblich.
„Ich“, sagte ich und ging auf sie zu.
Nein, Rose, flehte
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