Vampire Academy 05
bestraft werden, das sie nicht getan hat.“
„Du kennst diese Leute nicht“, murmelte Lissa. „Wenn es jemand auf sie abgesehen hat, dann können sie alle möglichen Dinge wahr werden lassen.“ Beinahe ohne es wahrzunehmen, zog ich ein klein wenig von dieser Dunkelheit von ihr in mich hinein und versuchte, sie so zu beruhigen. Bedauerlicherweise machte mich das aber nur noch wütender.
Christian lachte. „Du vergisst etwas. Ich bin unter diesen Leuten aufgewachsen. Ich bin mit den Kindern dieser Leute zur Schule gegangen. Ich kenne sie – aber wir werden nicht in Panik geraten, bevor wir mehr wissen, okay?“
Lissa stieß den Atem aus; sie fühlte sich schon viel besser. Ich würde noch zu viel Dunkelheit in mich hineinnehmen, wenn ich nicht aufpasste. Sie schenkte Christian ein schwaches, zaghaftes Lächeln.
„Ich erinnere mich nicht, dass du früher so vernünftig warst.“
„Das liegt daran, dass jeder eine andere Definition für vernünftig hat. Meine Definition wird lediglich missverstanden, das ist alles.“ Seine Stimme klang jetzt etwas hochtrabend.
„Ich glaube, dann musst du aber oft missverstanden werden“, lachte sie.
Er hielt ihren Blick fest, und das Lächeln auf seinem Gesicht verwandelte sich in etwas Wärmeres und Sanfteres. „Also, ich hoffe, dies wird nicht missverstanden. Anderenfalls werde ich womöglich geschlagen.“
Er beugte sich vor und drückte seine Lippen auf ihre. Lissa reagierte, ohne zu zögern oder auch nur im Geringsten nachzudenken, und verlor sich in der Süße des Kusses. Bedauerlicherweise wurde ich ebenfalls davon mitgerissen. Als sie sich voneinander lösten, beschleunigte sich Lissas Herzschlag und ihre Wangen röteten sich.
„Wofür genau war das die Definition?“, fragte sie und durchlebte noch einmal, wie sich sein Mund auf ihrem angefühlt hatte.
„Es bedeutet: ‚Es tut mir leid‘“, sagte er.
Sie wandte den Blick ab und zupfte nervös an einigen Grashalmen. Schließlich sah sie mit einem Seufzen wieder auf. „Christian … war da jemals … war da jemals etwas zwischen dir und Jill oder Mia?“
Er starrte sie überrascht an. „Was? Wie kannst du das denken?“
„Du hast so viel Zeit mit ihnen verbracht.“
„Es gibt nur eine Person, die ich jemals gewollt habe“, sagte er. Die Festigkeit seines Blickes, dieser kristallblauen Augen, ließ keinen Zweifel daran, wer diese Person war. „Niemand sonst ist jemals auch nur in die Nähe gekommen. Trotz allem, selbst mit Avery …“
„Christian, es tut mir leid …“
„Das braucht es nicht …“
„Es tut mir aber …“
„Verdammt“, sagte er. „Wirst du mich einen Satz aussprechen la…“
„Nein“, unterbrach ihn Lissa. Und sie beugte sich vor und küsste ihn. Es war ein harter und machtvoller Kuss, der durch ihren Körper brannte, ein Kuss, der sagte, dass es auch für sie niemanden sonst auf der Welt gab.
Nun. Offenbar hatte Tasha recht gehabt: Ich war die Einzige, die die beiden wieder zusammenbringen konnte. Ich hatte nur nicht erwartet, dass meine Verhaftung dabei eine Rolle spielen würde.
Dann zog ich mich aus Lissas Kopf zurück, um den beiden ein wenig Privatsphäre zu gewähren und es mir zu ersparen zuzusehen, wie sie herumknutschten. Ich missgönnte es ihnen nicht. Im Augenblick gab es nichts, was einer der beiden für mich tun konnte, und sie verdienten ihre Wiedervereinigung. Im Moment blieb ihnen nichts anderes übrig, als auf weitere Informationen zu warten, und wirklich, ihre Methode, sich die Zeit zu vertreiben, war auch erheblich gesünder als das, was Adrian wahrscheinlich gerade tat.
Ich legte mich auf das Bett und starrte zur Decke empor. Um mich herum gab es nichts als schlichtes Metall und neutrale Farben. Es trieb mich noch in den Wahnsinn. Ich hatte nichts zu betrachten, nichts zu lesen. Ich fühlte mich wie ein in einem Käfig gefangenes Tier. Der Raum schien immer kleiner und kleiner zu werden. Und ich konnte nur im Geiste ein ums andere Mal abspulen, was ich über Lissa erfahren hatte, konnte nur jedes Wort von dem, was gesprochen worden war, analysieren. Ich hatte natürlich Fragen zu allem, aber es gab eine, die mich immer wieder beschäftigte. Daniella hatte eine Anhörung erwähnt. Darüber musste ich mehr wissen.
Ich sollte meine Antwort auch bekommen – Stunden später.
Zu dem Zeitpunkt war ich in eine Art benommener Trance gefallen und erkannte Mikhail beinahe nicht, als er vor meiner Zellentür stand. Ich sprang von meinem Bett zu
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